das ihr bei dieser Verlegenheit in den Wurf kam, war Zerbin; die K?lte des Grafen schien ihr nicht die Frucht einer ohnm?chtigen Natur, sondern einer durch lange Verschanzungen bebollwerkten überlegung. Sie machte also einen Plan, diese Festung zu unterminieren, den unser scharfsinnige Kriegsbaumeister einzusehen zu unwissend war, ein Triumph, der ihrer aufgebrachten Einbildung mehr schmeichelte, als Alexandern die Eroberung von Babylon; und ihr erster Angriff war auf Zerbinen gerichtet, den sie für den Kommendanten dieses Platzes hielt.
Zerbin! Dieser unerfahrne, ungewahrsame, mit allen R?nken weiblicher List so g?nzlich unbekannte Hauptmann: wie h?tte der einem Angriff von der Art lange widerstehen k?nnen? Es hatte sich noch nie ein Frauenzimmer die Mühe genommen, seine Unschuld zu erschüttern, da er nicht reich, und noch weniger angenehm war, obgleich seine ?u?ere Gestalt ziemlich gut ins Auge fiel. Er wu?te keine einzige, ich sage keine einzige von den Millionen artiger Kleinigkeiten, mit denen Frauenzimmer von gutem Ton heutzutage unterhalten werden; er stand wie Saul unter den Propheten, sobald er in eine Gesellschaft von Damen trat. Er sah lauter überirdische Wesen au?er seiner Sph?re an ihnen, für die er, weil er kein einziges ihrer Worte und Handlungen begriff, noch einsah, eine so tiefe innerliche Ehrfurcht fühlte, da? er bei jeder Antwort, die er ihnen geben mu?te, lieber auf sein Angesicht gefallen w?re, und angebetet h?tte. Mit einem solchen Gegner war freilich der Sieg nicht halsbrechend; den ersten Abend, als er nach Hause kam, a? er keinen Bissen; die Nacht brachte er schlaflos auf stechenden Federn zu; den Morgen verunglückten alle seine algebraischen Rechnungen, und er sah sich gen?tigt, eine Kur vorzuschützen, und seine Zuh?rer einen Monat lang zu entfernen, um sich vor ihnen nicht l?cherlich zu machen. Hohendorf blieb demungeachtet sein vertrautester Freund, und er war so überm??ig treuherzig gegen ihn, ihm im geringsten nicht den Vorzug merken zu lassen, den er in Renatchens Herzen zu haben schien, sondern alles das mit seiner Schüchternheit so wohl zu bem?nteln, da? er ihm sein ganzes Vertrauen abgewann. indessen betrog ihn diese Schüchternheit wohl zuweilen selber und es fing sich ein Gespenst in seinem Herzen an zu regen, das er vorher kaum dem Namen nach kannte, die unb?ndigste Eifersucht, die jemals an der Leber eines Sterblichen genagt hat. Diese, weil er sie des Tags über unterdrückte, machte sich in der Nacht Luft, und machte ihn bisweilen in ein lautes St?hnen und Weinen ausbrechen, das Altheim, der in einem Zimmer mit ihm schlief, nicht unaufmerksam lassen konnte.
Eine der originellsten Szenen war es, Zerbin mit Renatchen, Hohendorfen und Altheim Triset spielen zu sehen. Jede Karte hatte in des armen Liebessiechen Ideen eine Bedeutung, deren geheimer mystischer Sinn nur ihm, und seinem Abgott anschaulich war, und sie dachte gerade bei jeder Karte nichts. Er spielte erb?rmlich, und machte sie eine Partie nach der andern verlieren, und wenn sie im Ernst b?se auf ihn ward, hielt er das für die feinste Einkleidung ihrer unendlichen Leidenschaft für ihn, die kein anderes Mittel wü?te, sich ihm, ohne von den andern bemerkt zu werden, verst?ndlich zu machen. Sie, die au?er dem Interesse ihrer gro?en Passion, kein anderes kannte als das elende Interesse des kleinen Kartenspiels, konnte, wenn er ihr mit allen zehn Karten in der Hand, das Herz-As anspielte, in Feuer und Flammen geraten, das er alles sehr wohl zurechtzulegen wu?te, und in ihren heftigen, oft unbescheidenen Verweisen allemal verstohlne Winke der Z?rtlichkeit, oder wohl gar das Signal zu einem Rendezvous zu entdecken glaubte, nach dem er sich den andern Tag die Beine ablief, ohne jemals ihr Angesicht zu sehen. Der würde ihm einen üblen Dienst geleistet haben, der ihn auch nur von fernher auf die Spur geholfen h?tte, was der wahre Bewegungsgrund ihrer ganzen Maskerade gegen ihn sei. Er soll einmal wirklich die ganze Nacht unter ihrem Fenster gestanden haben, weil sie ihm auf seine Invite in Koeur das Neapolitain in Karo gebracht hat, das er, wegen seiner viereckigen Rautenfigur, für ein unfehlbares Zeichen eines Rendezvous unter dem Fenster hielt.
Es dauerte nicht lange, so drang Altheim in seinen Kummer; das hei?t, Zerbin gestand ihm, da? die Reize Renatchens nicht die Reize eines Menschen, sondern der Gottheit selber w?ren, die sich unter ihrer Gestalt auf Erden sichtbar zeigen wollen. Altheim ward mitleidig mit seinen n?chtlichen Seufzern, er ward neugierig--lüstern, verliebt. Der Stolz, Zerbinen selbst, und auch Hohendorfen, ihre vermeinte Eroberung streitig zu machen, beschleunigte seine verliebte Bekehrung. Zerbin merkte dies, denn was merkt das Auge eines Liebhabers nicht, er fing an, die Verzweiflung, die bisher auf seinem Gesicht gewütet hatte, in sich hineinzukehren, und unter einer lachenden Miene zu verbergen. Er ward gewitzigt, gescheut, ertr?glich in Frauenzimmergesellschaften, und darum nur desto unglücklicher, da er seinem Herzen nie Luft lassen durfte und der verborgene Gram desto giftiger mit Skorpionenklauen dran zwickte. Er sah nun deutlich aus der pl?tzlichen Verwandlung Renatchens gegen ihn, da? alle ihre Anlockungen nur ein
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