wollt's in Himmel gehn, und der Mond guckt es so freundlich an; und wie es endlich zum Mond kam, war's ein Stück faul Holz. Und da is es zur Sonn gangen, und wie es zur Sonn kam, war's ein verwelkt Sonneblum. Und wie's zu den Sternen kam, waren's kleine goldne Mücken, die waren angesteckt, wie der Neunt?ter sie auf die Schlehen steckt. Und wie's wieder auf die Erde wollt, war die Erde ein umgestürzter Hafen. Und es war ganz allein. Und da hat sich's hingesetzt und geweint, und da sitzt es noch und is ganz allein.
WOYZECK [erscheint]: Marie!
MARIE [erschreckt]: Was is?
WOYZECK: Marie, wir wollen gehn. 's is Zeit.
MARIE: Wohin?
WOYZECK: Wei? ich's?
Waldsaum am Teich
[Marie und Woyzeck.]
MARIE: Also dort hinaus is die Stadt. 's is finster.
WOYZECK: Du sollst noch bleiben. Komm, setz dich!
MARIE: Aber ich mu? fort.
WOYZECK: Du wirst dir die Fü?e nit wund laufe.
MARIE: Wie bist du nur auch!
WOYZECK: Wei?t du auch, wie lang es jetzt is, Marie?
MARIE: Am Pfingsten zwei Jahr.
WOYZECK: Wei?t du auch, wie lang es noch sein wird?
MARIE: Ich mu? fort, das Nachtessen richten.
WOYZECK: Friert's dich, Marie? Und doch bist du warm. Was du hei?e Lippen hast! Hei?, hei?en Hurenatem! Und doch m?cht' ich den Himmel geben, sie noch einmal zu küssen. - Friert's dich? Wenn man kalt is, so friert man nicht mehr. Du wirst vom Morgentau nicht frieren.
MARIE: Was sagst du?
WOYZECK: Nix.
[Schweigen.]
MARIE: Was der Mond rot aufgeht!
WOYZECK: Wie ein blutig Eisen.
MARIE: Was hast du vor, Franz, du bist so bla?. - [Er holt mit dem Messer aus.] - Franz halt ein! Um des Himmels willen, Hilfe, Hilfe!
WOYZECK [sticht drauflos:] Nimm das und das! Kannst du nicht sterben? So! So! - Ha, sie zuckt noch; noch nicht? Noch nicht? Immer noch. - [St??t nochmals zu.] - Bist du tot! Tot! Tot! - [Er l??t das Messer fallen und l?uft weg.]
Das Wirtshaus
WOYZECK: Tanzt alle, immer zu! Schwitzt und stinkt! Er holt euch doch einmal alle! - [Singt:] Ach. Tochter, lieb Tochter was hast du gedenkt, da? du dich an die Landkutscher und die Fuhrleut ha?t gehenkt. [Er tanzt:] So, K?the, setz dich! Ich hab' hei? hei?! - [Er zieht den Rock aus.] - Es ist einmal so, der Teufel holt die eine und l??t die andre laufen. K?the, du bist hei?! War- um denn? K?the, du wirst auch noch kalt werden. Sei vernünftig. - Kannst du nicht singen?
K?THE [singt]: Ins Schwabenland, das mag ich nicht, und lange Kleider trag' ich nicht, denn lange Kleider, spitze Schuh, die kommen keiner Dienstmagd zu.
WOYZECK: Nein, keine Schuh, man kann auch ohne Schuh in die H?ll gehn.
K?THE [singt]: O pfui mein Schatz, das war nicht fein, behalt dein Taler und schlaf allein.
WOYZECK: Ja, wahrhaftig, ich m?cte mich nicht blutig machen.
K?THE: Aber was hast du an deiner Hand?
WOYZECK: Ich? Ich?
K?THE: Rot! Blut!
[Es stellen sich Leute um sie.]
WOYZECK: Blut? Blut?
WIRT: Uu - Blut!
WOYZECK: Ich glaub', ich hab' mich geschnitten, da an der rechten Hand.
WIRT: Wie kommt's aber an den Ellenbogen?
WOYZECK: Ich hab's abgewischt.
WIRT: Was, mit der rechten Hand an den rechten Ellenbogen Ihr seid geschickt!
NARR: Und da hat der Ries gesagt: Ich riech', ich riech' Menschenfleisch. Puh, das stinkt schon!
WOYZECK: Teufel, was wollt ihr? Was geht's euch an? Platz, oder der erste - Teufel! Meint ihr, ich h?tt' jemand umgebracht? Bin ich ein M?rder? Was gafft ihr? Guckt euch selbst an! Platz da! - [Er l?uft hinaus.]
Am Teich
WOYZECK [allein]: Das Messer? Wo ist das Messer? Ich hab' es da gelassen. Es verr?t mich! N?her, noch n?her! Was is das für ein Platz? Was h?r' ich? Es rührt sich was. Still. - Da in der N?he. Marie? Ha, Marie! Still. Alles still! Was bist du so bleich, Marie? Was hast du eine rote Schnur um den Hals? Bei wem hast du das Halsband verdient mit deinen Sünden? Du warst schwarz davon, schwarz! Hab' ich dich gebleicht? Was h?ngen deine Haare so wild? Hast du deine Z?pfe heute nicht geflochten? ... - Das Messer, das Messer! Hab' ich's? So! - [Er l?uft zum Wasser.] So, da hinunter! - [Er wirft das Messer hinein.] - Es taucht in das dunkle Wasser wie ein Stein. - Nein, es liegt zu weit vorn, wenn sie sich baden. - [Er geht in den Teich und wirft weit.] - So, jetzt - aber im Sommer, wenn sie tauchen nach Muscheln? - Bah, es wird rostig, wer kann's erkennen. - H?tt' ich es zerbrochen! - - Bin ich noch blutig? Ich mu? mich waschen. Da ein Fleck, und da noch einer ...
[Es kommen Leute.]
ERSTE PERSON: Halt!
ZWEITE PERSON: H?rst du? Still! Dort!
ERSTE: Uu! Da! Was ein Ton!
ZWEITE: Es ist das Wasser, es ruft: Schon lang ist niemand ertrunken. Fort! Es ist nicht gut, es zu h?ren!
ERSTE: Uu! Jetzt wieder! - Wie ein Mensch, der stirbt!
ZWEITE: Es ist unheimlich! So dunstig, allenthalben Nebelgrau - und das Summen der K?fer wie gesprungne Glocken. Fort!
ERSTE: Nein.
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