Wissenschaft der Logik, vol 1 | Page 6

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

wird, so wird das Denken überhaupt zu etwas den anderen geistigen
Bestimmungen Untergeordnetem gemacht. Von unseren Empfindungen,
Trieben, Interessen sagen wir nicht wohl, daß sie uns dienen, sondern
sie gelten als selbstständige Kräfte und Mächte, so daß wir dieß selbst
sind, so zu empfinden, dieß zu begehren und zu wollen, in dieß unser
Interesse zu legen. Aber wieder kann es vielmehr unser Bewußtseyn
werden, daß wir im Dienste unserer Gefühle, Triebe, Leidenschaften,
Interessen, ohnehin von Gewohnheiten stehen, als daß wir sie im Besitz
haben, noch weniger, daß sie bei unser innigen Einheit mit ihnen uns
als Mittel dienen. Dergleichen Bestimmungen des Gemüths und
Geistes zeigen sich uns bald als Besondere im Gegensatze gegen die

Allgemeinheit, als die wir uns bewußt werden, in der wir unsere
Freiheit haben, und halten dafür, in diesen Besonderheiten vielmehr
befangen zu seyn, von ihnen beherrscht zu werden. Sonach können wir
dann viel weniger dafür halten, daß die Denkformen, die sich durch alle
unserer Vorstellungen, diese seyen bloß theoretisch, oder enthalten
einen Stoff, der der Empfindung, dem Triebe, dem Willen angehört,
hindurch ziehen, uns dienen, daß wir sie, und sie nicht vielmehr uns im
Besitz haben; was ist uns übrig gegen sie, wie sollen wir, ich mich als
das Allgemeinere über sie hinausstellen, sie die selbst das Allgemeine
als solches sind. Wenn wir uns in eine Empfindung, Zweck, Interesse
legen, und uns darin beschränkt, unfrei fühlen, so ist der Ort, in den wir
daraus heraus und in die Freiheit zurück zu ziehen vermögen, dieser
Ort der Gewißheit seiner selbst, der reinen Abstraktion, des Denkens.
Oder ebenso, wenn wir von den Dingen sprechen wollen, so nennen wir
die Natur oder das Wesen derselben ihren Begriff, und dieser ist nur für
das Denken; von den Begriffen der Dinge aber werden wir noch viel
weniger sagen, daß wir sie beherrschen oder daß die
Denkbestimmungen, von denen sie der Komplex sind, uns dienen, im
Gegentheil muß sich unser Denken nach ihnen beschränken und unsere
Willkür oder Freiheit soll sie nicht nach sich zurichten wollen. Insofern
also das subjektive Denken unser eigenstes, innerlichstes Thun ist, und
der objektive Begriff der Dinge die Sache selbst ausmacht, so können
wir aus jenem Thun nicht heraus seyn, nicht über demselben stehen,
und ebenso wenig können wir über die Natur der Dinge hinaus. Von
der letzteren Bestimmung jedoch können wir absehen; sie fällt mit der
ersteren insofern zusammen, da sie eine Beziehung unserer Gedanken
auf die Sache, aber nur etwas Leeres ergäbe, weil die Sache damit als
Regel für unsere Begriffe aufgestellt werden würde, aber eben die
Sache für uns nichts Anderes als unsere Begriffe von ihr seyn kann.
Wenn die kritische Philosophie das Verhältniß dieser drei Terminorum
so versteht, daß wir die Gedanken zwischen uns und zwischen die
Sachen als Mitte stellen in dem Sinne, daß diese Mitte uns von den
Sachen vielmehr abschließt, statt uns mit denselben
zusammenzuschließen, so ist dieser Ansicht die einfache Bemerkung
entgegenzusetzen, daß eben diese Sachen, die jenseits unserer und
jenseits der sich auf sie beziehenden Gedanken auf dem anderen
Extreme stehen sollen, selbst Gedankendinge, und als ganz

unbestimmte, nur Ein Gedankending, (--das sogenannte Ding-an-sich)
der leeren Abstraktion selbst sind.
Doch dieß mag für den Gesichtspunkt genügen, aus welchem das
Verhältniß verschwindet, nach welchem die Denkbestimmungen nur
als zum Gebrauch und als Mittel genommen werden; wichtiger ist das
weiter damit Zusammenhängende, nach welchem sie als äußere Formen
gefaßt zu werden pflegen.--Die uns alle Vorstellungen, Zwecke,
Interessen und Handlungen durchwirkende Thätigkeit des Denkens ist,
wie gesagt, bewußtlos geschäftig (die natürliche Logik); was unser
Bewußtseyn vor sich hat, ist der Inhalt, die Gegenstände der
Vorstellungen, das, womit das Interesse erfüllt ist; die
Denkbestimmungen gelten nach diesem Verhältniß als Formen, die nur
an dem Gehalt, nicht der Gehalt selbst seyen. Wenn es aber an dem ist,
was vorhin angegeben worden, und was sonst im Allgemeinen
zugestanden wird, daß die Natur, das eigenthümliche Wesen, das
wahrhaft Bleibende und Substantielle bei der Mannigfaltigkeit und
Zufälligkeit des Erscheinens und der Zufälligkeit des Erscheinens und
der vorübergehenden Äußerung, der Begriff der Sache, das in ihr selbst
Allgemeine ist, wie jedes menschliche Individuum zwar ein unendlich
eigenthümliches, das Prius aller seiner Eigenthümlichkeit darin Mensch
zu seyn in sich hat, wie jedes einzelne Thier, das Prius, Thier zu seyn:
so wäre nicht zu sagen, was, wenn diese Grundlage aus dem mit noch
so vielfachen sonstigen Prädikaten Ausgerüsteten weggenommen
würde, ob sie gleich wie die anderen ein Prädikat genannt werden kann,
was so ein Individuum noch seyn sollte. Die unerläßliche Grundlage,
der Begriff, das Allgemeine, das der Gedanke, insofern man nur von
der Vorstellung bei dem Worte: Gedanke, abstrahiren kann, selbst ist,
kann nicht nur als eine gleichgültige Form, die an einem Inhalte sey,
angesehen werden. Aber diese Gedanken aller natürlichen und
geistigen Dinge, selbst der substantielle Inhalt, sind noch ein socher,
der vielfache Bestimmtheiten enthält und noch den Unterschied einer
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