Wie es euch gefallt | Page 6

William Shakespeare
Eure Feinde.
Celia. Komm doch, Mühmchen.
Rosalinde. Ich komme schon. Lebt wohl!
(Rosalinde und Celia ab.)

Orlando. Welch ein Gefühl belastet meine Zunge? Ich kann nicht reden,
lud sie gleich mich ein.
(Le Beau kommt.)
Armer Orlando! du bist überwältigt, Charles oder etwas Schwächers
siegt dir ob.
Le Beau. Mein guter Herr, ich rat aus Freundschaft Euch Verlaßt den
Ort; wiewohl Ihr hohen Preis Euch habt erworben, Lieb und echten
Beifall, So steht doch so des Herzogs Stimmung jetzt, Daß er mißdeutet,
was Ihr nun getan. Der Fürst ist launisch; was er ist, in Wahrheit, Ziemt
besser Euch zu sehn, als mir zu sagen.
Orlando. Ich dank Euch, Herr, und bitt Euch, sagt mir dies: Wer war
des Herzogs Tochter von den beiden, Die hier beim Ringen waren?
Le Beau. Von beiden keine, wenn's nach Sitten gilt; Doch wirklich ist
die kleinste seine Tochter, Die andre, Tochter des verbannten Herzogs,
Von ihrem Oheim hier zurückbehalten Zu seiner Tochter Umgang; ihre
Liebe Ist zärtlicher als schwesterliche Bande. Doch sag ich Euch: seit
kurzem hegt der Herzog Unwillen gegen seine holde Nichte, Der auf
die Ursach bloß gegründet ist, Daß sie die Welt um ihre Gaben preist
Und sie beklagt um ihres Vaters willen; Und, auf mein Wort, sein
Ingrimm auf das Fräulein Bricht einmal plötzlich los.--Lebt wohl, mein
Herr! Dereinst in einer bessern Welt als diese Wünsch ich mir mehr
von Eurer Lieb und Umgang.
Orlando. Ich bleib Euch sehr verbunden; lebet wohl!
(Le Beau ab.)
So muß ich aus dem Dampf in die Erstickung, Von Herzogs Druck in
Bruders Unterdrückung.-- Doch Engel Rosalinde!--
(Ab.)

Dritte Szene
Ein Zimmer im Palast
(Celia und Rosalinde treten auf)
Celia. Ei, Mühmchen! ei, Rosalinde! Cupido sei uns gnädig, nicht ein
Wort?
Rosalinde. Nicht eins, das man einem Hunde vorwerfen könnte.
Celia. Nein, deine Worte sind zu kostbar, um sie den Hunden
vorzuwerfen; wirf mir einige zu. Komm, lähme mich mit
Vernunftgründen.

Rosalinde. Da wär es um zwei Muhmen geschehen, wenn die eine mit
Gründen gelähmt würde und die andre unklug ohne Grund.
Celia. Aber ist das alles um deinen Vater?
Rosalinde. Nein, etwas davon ist um meines Vaters Kind. O wie voll
Disteln ist diese Werktagswelt!
Celia. Es sind nur Kletten, Liebe, die dir bei einem Festtagsspaß
angeworfen werden. Wenn wir nicht in gebahnten Wegen gehen, so
haschen unsre eigenen Röcke sie auf.
Rosalinde. Vom Rocke könnt ich sie abschütteln; diese Kletten stecken
mir im Herzen.
Celia. Huste sie weg.
Rosalinde. Das wollte ich wohl tun, wenn ich ihn herbeihusten könnte.
Celia. Ei was! ringe mit deinen Neigungen.
Rosalinde. Ach, sie nehmen die Partei eines bessern Ringers, als ich
bin.
Celia. Helfe dir der Himmel! Du wirst dich zu seiner Zeit mit ihm
messen, gilt es auch eine Niederlage.--Doch laß uns diese Scherze
abdanken und in vollem Ernste sprechen. Ist es möglich, daß du mit
einem Male in eine so gewaltige Zuneigung zu des alten Herrn Roland
jüngstem Sohn verfallen konntest?
Rosalinde. Der Herzog, mein Vater, liebte seinen Vater über alles.
Celia. Folgt daraus, daß du seinen Sohn über alles lieben mußt? Nach
dieser Folgerung müßte ich ihn hassen, denn mein Vater haßt seinen
Vater über alles, und doch hasse ich den Orlando nicht.
Rosalinde. Nein gewiß, hasse ihn nicht, um meinetwillen!
Celia. Warum sollte ich? verdient er nicht alles Gute?
(Herzog Friedrich kommt mit Herren vom Hofe.)
Rosalinde. Um deswillen laß mich ihn lieben, und liebe du ihn, weil ich
es tue. --Sieh, da kommt der Herzog.
Celia. Die Augen voller Zorn.
Herzog Friedrich. Fräulein, in schnellster Eile schickt Euch an und
weicht von unserm Hof.
Rosalinde. Ich, Oheim?
Herzog Friedrich. Ja, Ihr, Nichte. Wenn in zehn Tagen du gefunden
wirst Von unserm Hofe binnen zwanzig Meilen, Bist du des Todes.
Rosalinde. Ich ersuch Eur Gnaden, Gebt mir die Kenntnis meines
Fehlers mit. Wenn ich Verkehr pfleg mit dem eignen Selbst, Ja irgend

meine eignen Wünsche kenne, Wenn ich nicht träum und nicht von
Sinnen bin, Wie ich nicht hoffe: nie, mein werter Oheim, Selbst nicht
mit ungeborenen Gedanken Beleidigt ich Eur Hoheit.
Herzog Friedrich. So sprechen stets Verräter; Beständ in Worten ihre
Reinigung, So sind sie schuldlos wie die Heiligkeit. Laß dir's genügen,
daß ich dir nicht traue.
Rosalinde. Doch macht Eur Mißtraun nicht mich zum Verräter; Sagt
mir, worauf der Anschein denn beruht?
Herzog Friedrich. Genug, du bist die Tochter deines Vaters.
Rosalinde. Das war ich, als Eur Hoheit ihm sein Land nahm; Das war
ich, als Eur Hoheit ihn verbannte. Verräterei wird nicht vererbt, mein
Fürst, Und überkämen wir von Eltern sie, Was geht's mich an? Mein
Vater übte keine. Drum, bester Herr, verkennt mich nicht so sehr, Zu
glauben, meine Armut sei verrätrisch.
Celia. Mein teuerster Gebieter, hört mich an!
Herzog Friedrich. Ja, Celia, dir zulieb ließ ich sie bleiben, Sonst irrte
sie umher mit ihrem Vater.
Celia. Ich bat nicht
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 31
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.