Dann brachte es den
Schlitten zurück und dankte ganz schüchtern seinem Wohltäter und
rannte eilig davon.
Otto fühlte sich sehr befriedigt. "Wo ist das Miezi?" rief er in die
Gesellschaft hinein, die sich allmählich zerstreute.
"Da ist es", ertönte eine fröhliche Kinderstimme, und aus dem Knäuel
heraus trat ein rundes, kleines Mädchen, das der Bruder Otto als
kräftiger Schutzmann bei der Hand faßte und nun mit ihm zum
väterlichen Haus lief. Denn es war heute spät geworden. Die erlaubte
Zeit des Schlittenfahrens war lange überschritten.
2. Kapitel (Daheim, wo's gut ist)
Als Otto und seine Schwester durch den langen, steinernen Hausflur
hereinstürmten, trat die alte Trine aus einer Tür und hielt ihr Licht in
die Höhe, um besser zu sehen, was dahergetrappelt kam. "So, endlich!"
sagte sie, halb zankend, halb wohlgefällig. "Die Mutter hat schon nach
euch gefragt, aber da war kein Bein zu sehen. Und acht Uhr hat's
geschlagen--vor wer weiß wie langer Zeit." Die alte Trine war schon
Magd in der Familie gewesen, als die Mutter der beiden Kinder zur
Welt kam. So hatte sie große Rechte im Haus und fühlte sich durchaus
als Familienmitglied, eigentlich als Oberhaupt, denn an Alter und
Erfahrung war sie die erste. Die alte Trine war vernarrt in beide Kinder
ihrer Herrschaft und sehr stolz auf alle ihre Anlagen und Eigenschaften.
Das ließ sie aber nicht merken, sondern sprach immer in entrüstetem
Ton mit ihnen, denn das fand sie erzieherisch.
"Schuhe aus, Pantoffeln an!" rief sie jetzt. Der Befehl wurde aber
gleich darauf von ihr selbst vollzogen, denn sofort kniete sie vor Otto
hin, der sich auf einem Sessel niedergelassen hatte, und zog ihm die
nassen Schuhe aus. Die kleine Schwester stand inzwischen mitten in
der Stube und rührte sich nicht, was sonst nicht ihre Art war, so daß die
alte Trine während ihrer Arbeit ein paarmal hinüberschielte. Jetzt war
Otto gerüstet, und Miezchen sollte auf dem Sessel sitzen. Aber es stand
noch auf demselben Platz.
"Nun, wollen wir warten, bis es Sommer wird, dann trocknen die
Schuhe von selbst", sagte die Trine.
"Pst! pst! Trine, ich habe etwas gehört. Wer ist in der großen Stube?"
fragte Miezchen und hob den Zeigefinger.
"Alles Leute mit trockenen Schuhen, und andere kommen nicht hinein.
Jetzt setz dich", mahnte Trine.
Aber anstatt zu sitzen, sprang Miezchen hoch und rief: "Jetzt habe ich's
wieder gehört, so lacht der Onkel Max."
"Was?" schrie Otto und war mit einem Satz bei der Tür.
"Wart! wart!" schrie Miezchen nach und wollte gleich mit zur Tür
hinaus. Aber jetzt wurde es abgefaßt und auf den StuhI gesetzt, die alte
Trine hatte jedoch einen schweren Stand mit den zappelnden Füßchen.
Doch gelang die Arbeit, und nun stürzte Miezchen zur Tür hinaus und
hinüber in die große Stube und direkt auf den Onkel Max los, der
richtig dort im Lehnstuhl saß.
Da war nun ein großer Freudenlärm und ein Grüßen und ein
Willkommenrufen in allen Tönen, und in das Lachen der Kinder
stimmte der Onkel Max mit ein. Es dauerte einige Zeit, bis sich der
Tumult etwas gelegt hatte und die Festfreude einen ruhigen Charakter
annahm. Denn ein Fest für die Kinder war der Besuch des Onkels
jedesmal und aus triftigen Gründen. Der Onkel Max war ihr besonderer
Freund. Er war fast immer auf Reisen und kam nur alle paar Monate
einmal zu Besuch. Dann gab er sich aber mit den Kindern ab, als
gehörten sie ihm selber an. Und was er für wunderbar herrliche Sachen
in allen Taschen für sie brachte, das war mit nichts zu vergleichen,
denn es war alles ganz fremdartig und zauberhaft. Der Onkel Max war
ein Naturforscher und reiste in allen Winkeln der Erde umher. Und aus
jedem brachte er etwas Eigentümliches mit.
Endlich saß die Gesellschaft geordnet um den Tisch herum, und die
dampfende Schüssel brachte völlige Besänftigung in die aufgeregten
Gemüter. Denn von der Schlittenbahn wurde immer ein richtiger
Appetit mitgebracht. "So", sagte der Papa und blickte über den Tisch
hinüber, wo an der Seite der Mutter das Töchterchen fleißig arbeitete.
"So, so, heute hat also das Miezchen keine Hand für seinen Papa, noch
habe ich keinen Gruß bekommen. Und jetzt ist keine Zeit mehr dazu."
Etwas zerknirscht schaute das Miezchen von seinem Teller auf und
sagte: "Aber Papa, aber ich habe es nicht mit Absicht getan, und jetzt
will ich gleich..." Und damit stieß sie mit großer Anstrengung den
Sessel zurück.
Aber der Papa rief: "Nein, nein, jetzt nur keine Ruhestörung! Da gib die
Hand über den Tisch hin, das übrige wollen wir dann nachholen. So
ist's recht, Miezchen."
"Wie hat man eigentlich das Kind getauft, Marie? Ich war zwar auch
dabei, aber ich habe keine Ahnung, welcher Name in der Kirche
ausgesprochen wurde, Miezchen doch nicht?" sagte der Onkel lachend.
"Du warst wirklich dabei, Max", entgegnete seine Schwester, "da du
der Pate des Kindes bist. Es erhielt
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