West-oestlicher Divan | Page 5

Johann Wolfgang von Goethe
Salomo
Und Sabas
Königin
Ehemals den Kuppler gemacht!"
Ergebung
"Du vergehst und bist so freundlich,
Verzehrst dich und singst so
schön?"
Dichter

Die Liebe behandelt mich feindlich!
Da will ich gern gestehn:
Ich
singe mit schwerem Herzen.
Sieh doch einmal die Kerzen!
Sie
leuchten, indem sie vergehn.
Eine Stelle sucht der Liebe Schmerz,
Wo es recht wüst und einsam
wäre;
Da fand er denn mein ödes Herz
Und nistete sich in das leere.
Unvermeidlich
Wer kann gebieten den Vögeln,
Still zu sein auf der Flur?
Und wer
verbieten zu zappeln
Den Schafen unter der Schur?
Stell ich mich wohl ungebärdig,
Wenn mir die Wolle kraust?
Nein!
die Ungebärden entzwingt mir
Der Scherer, der mich zerzaust.
Wer will mir wehren, zu singen
Nach Lust zum Himmel hinan,
Den
Wolken zu vertrauen,
Wie lieb sie mir's angetan?
Geheimes
über meines Liebchens äugeln
Stehn verwundert alle Leute,
Ich, der
Wissende, dagegen
Weiß recht gut, was das bedeute.
Denn es heißt: ich liebe diesen,
Und nicht etwa den und jenen,

Lasset nur, ihr guten Leute,
Euer Wundern, euer Sehnen!
Ja, mit ungeheuren Mächten
Blicket sie wohl in die Runde,
Doch
sie sucht nur zu verkünden
Ihm die nächste süße Stunde.
Geheimstes
"Wir sind emsig, nachzuspüren,
Wir, die Anekdotenjäger,
Wer dein
Liebchen sei und ob du
Nicht auch habest viele Schwäger.
Denn daß du verliebt bist, sehn wir,
Mögen dir es gerne gönnen;

Doch, daß Liebchen so dich liebe,
Werden wir nicht glauben

können."
Ungehindert, liebe Herren,
Sucht sie auf! Nur hört das eine:
Ihr
erschrecket, wenn sie dasteht;
Ist sie fort, ihr kos't dem Scheine.
Wißt ihr, wie Schehab-eddin
Sich auf Arafat entmantelt,
Niemand
haltet ihr für törig,
Der in seinem Sinne handelt.
Wenn vor deines Kaisers Throne
Oder vor der Vielgeliebten
Je dein
Name wird gesprochen,
Sei es dir zu höchstem Lohne.
Darum war's der höchste Jammer,
Als einst Medschnun sterbend
wollte,
Daß vor Leila seinen Namen
Man forthin nicht nennen
sollte.
Buch der Betrachtungen
Tefkir Nameh: Buch der Betrachtungen
Höre den Rat, den die Leier tönt!
Doch er nutzet nur, wenn du fähig
bist.
Das glücklichste Wort, es wird verhöhnt,
Wenn der Hörer ein
Schiefohr ist.
"Was tönt denn die Leier?" Sie tönet laut:
Die schönste, das ist nicht
die beste Braut;
Doch wenn wir dich unter uns zählen sollen,
So
mußt du das Schönste, das Beste wollen.
Fünf Dinge
Fünf Dinge bringen fünfe nicht hervor,
Du, dieser Lehre öffne du
dein Ohr:
Der stolzen Brust wird Freundschaft nicht entsprossen;

Unhöflich sind der Niedrigkeit Genossen;
Ein Bösewicht gelangt zu
keiner Größe;
Der Neidische erbarmt sich nicht der Blöße;
Der
Lügner hofft vergeblich Treu und Glauben--
Das halte fest und
niemand laß dir's rauben!

Fünf andere
Was verkürzt mir die Zeit?
Tätigkeit!
Was macht sie unerträglich
lang?
Müßiggang!
Was bringt in Schulden?
Harren und Dulden!

Was macht Gewinnen?
Nicht lange besinnen!
Was bringt zu
Ehren?
Sich wehren!
Lieblich ist des Mädchens Blick
Lieblich ist des Mädchens Blick, der winket;
Trinkers Blick ist
lieblich, eh er trinket,
Gruß des Herren, der befehlen konnte,

Sonnenschein im Herbst, der sich besonnte.
Lieblicher als alles dieses
habe
Stets vor Augen, wie sich kleiner Gabe
Dürftge Hand so
hübsch entgegendränget,
Zierlich dankbar, was du reichst, empfänget.

Welch ein Blick! ein Gruß! ein sprechend Streben!
Schau es recht
und du wirst immer geben.
Und was im Pend-Nameh steht
Und was im Pend-Nameh steht,
Ist dir aus der Brust geschrieben:

Jeden, dem du selber gibst,
Wirst du wie dich selber lieben.
Reiche froh den Pfennig hin,
Häufe nicht ein Goldvermächtnis,
Eile
freudig vorzuziehn
Gegenwart vor dem Gedächtnis.
Reitest du bei einem Schmied vorbei
Reitest du bei einem Schmied vorbei,
Weißt du nicht, wann er dein
Pferd beschlägt;
Siehst du eine Hütte im Felde frei,
Weißt nicht, ob
sie dir ein Liebchen hegt;
Einem Jüngling begegnest du, schön und
kühn,
Er überwindet dich künftig oder du ihn.
Am sichersten kannst
du vom Rebstock sagen,
Er werde für dich was Gutes tragen.
So
bist du denn der Welt empfohlen,
Das übrige will ich nicht
wiederholen.
Den Gruß des Unbekannten ehre ja!

Den Gruß des Unbekannten ehre ja!
Er sei dir wert als alten Freundes
Gruß.
Nach wenig Worten sagt ihr Lebewohl!
Zum Osten du, er
westwärts, Pfad an Pfad--
Kreuzt euer Weg nach vielen Jahren drauf

Sich unerwartet, ruft ihr freudig aus:
"Er ist es! ja, da war's!" als
hätte nicht
So manche Tagefahrt zu Land und See,
So manche
Sonnenkehr sich drein gelegt.
Nun tauschet War um Ware, teilt
Gewinn!
Ein alt Vertrauen wirke neuen Bund--
Der erste Gruß ist
viele tausend wert,
Drum grüße freundlich jeden, der begrüßt!
Haben sie von deinen Fehlen
Haben sie von deinen Fehlen
Immer viel erzählt
Und für wahr sie
zu erzählen,
Vielfach sich gequält.
Hätten sie von deinem Guten

Freundlich dir erzählt,
Mit verständig treuen Winken,
Wie man
Beßres wählt:
O gewiß! das Allerbeste
Blieb mir nicht verhehlt,

Das fürwahr nur wenig Gäste
In der Klause zählt.
Nun als Schüler
mich, zu kommen
Endlich auserwählt,
Lehret mich der Buße
Frommen,
Wenn der Mensch gefehlt.
Märkte reizen dich zum Kauf
Märkte reizen dich zum Kauf;
Doch das Wissen blähet auf.
Wer im
Stillen um sich schaut,
Lernet, wie die Lieb erbaut.
Bist du Tag und
Nacht beflissen,
Viel zu hören, viel zu wissen,
Horch an einer
andern Türe,
Wie zu wissen sich gebühre.
Soll das Rechte zu dir ein,

Fühl in Gott was Rechts zu sein:
Wer von reiner Lieb entbrannt,

Wird vom lieben Gott erkannt.
Wie ich so ehrlich war
Wie ich so ehrlich war,
Hab ich gefehlt,
Und habe Jahre lang

Mich durchgequält.
Ich galt und galt auch nicht.
Was sollt es heißen?

Nun wollt ich Schelm sein,
Tät mich befleißen;
Das wollt mir
garnicht
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