mit dem
Ablauf eines Herzpulses, und er hat plausibel gemacht, daß schon die
Fähigkeit, innerhalb einer Sekunde etwa 30 Beobachtungen machen zu
können, uns zwingen würde, das ganze Weltbild anders zu sehen. Wir
würden die Flintenkugel als einen Strich, alle Himmelskörper als
leuchtende Kreise wahrnehmen können, und würden von jedem Sinne
her der Welt als total anders erkennende Wesen gegenüberstehen. Wir
können jetzt hinzufügen, daß wir schon mit bloßem Auge die festen
Gegenstände nicht mehr als fest bezeichnen könnten, sondern daß wir
etwas von ihrer innerlichen, rasenden Bewegung wahrzunehmen
vermöchten. Wir sind also mit unserm rhythmischen Spiel von Puls-
und Nervenaktion einerseits und Sinneseindrücken andererseits so in
den Rhythmus des Ganzen eingestellt, daß unser Harmoniegefühl
direkt abhängig ist von diesem rhythmischen Maß unserer
Wahrnehmung in Sekunden. Natürlich erklärt sich auf diese Weise am
einfachsten das "Zeitliche" im Begriff alles Rhythmischen. _Zeit ist
eben die mit dem Maß unseres eigenen rhythmischen Wahrnehmens
gemessene und empfundene Bewegung des Alls._ Das führt uns direkt
zu einem Verständnis des _Ästhetischen_.
Wir haben nur von denjenigen Rhythmen der Außenwelt den Eindruck
des Lebenfördernden, Erhebenden, Daseinsteigernden, welche sich dem
Rhythmus unserer inneren Aktionen harmonisch einfügen, richtiger,
sofern wir sie in uns harmonisch zu verschmelzen imstande sind.
Daseinsteigernd im ästhetischen Sinne sind eben nur diejenigen
Rhythmen, welche unserm persönlichen Sinnesrhythmus synchron zu
verbinden sind bzw. ihn ohne Widerstand und Disharmonie zu erhöhen
imstande sind.
Das schließt nicht aus, daß auch der Konflikt der Rhythmen außer uns
mit denen in uns als Kontrastempfindung nach vollzogenem Ausgleich
lusterhöhend, doch nur indirekt wirken kann, aber im allgemeinen ist
zu einer ästhetischen Freude die Einfügung der lusterweckenden
Rhythmen in den Rhythmus unserer Nervenströme unerläßlich.
Insofern hat alles deutlich erkennbar Rhythmische einen erheiternden,
erhebenden, freudewirkenden Einfluß, überall besteht ein geheimes
Verhältnis seiner Schwingungszahl zur Schwingungszahl unserer
Nervensubstanz, mag das nun an einer schöngeschwungenen Linie, an
einem Akkord, an einer Farbengebung, an einem Wohlgeruch oder an
einem Hautgefühl sich betätigen. Die Rhythmen der schönen Dinge
müssen einfügbar sein in die Rhythmen unserer Sinnesschwingungen,
um ästhetisch zu wirken, das ist das Grundgesetz der Kunst, so variabel
für den einzelnen, weil eben diese innenwirkende Schwingungszahl
eine durchaus persönliche Gleichung ist. Ist in diesem Verhältnis doch
auch der eminente Einfluß alles Rhythmischen, seine suggestive
Übertragbarkeit begründet. Der Redner, der Dichter, der Schauspieler
reißt mich darum in seinen Bann, weil dem Schwungrad seiner
Begeisterung alle meine Seelenräder sich im geheimen Gleichtakt
einstellen, und ich bin im Bann eines jeden Menschen, dessen seelische
Schwingungen mich gleichsinnig zu bewegen imstande sind. Die ganze
Macht der Imitation, ja der Ähnlichkeiten, beruht auf diesem
Einstellungsverhältnis zwischen Außenwirkung und Innenbewegung.
Und fragen wir, auf welchem Wege diese Rhythmusakkomodation sich
abspielt, so gibt es nur einen erkennbaren Weg des Ausgleiches
zwischen Wahrnehmung und innerer Anpassung, der ist die
Marconiplatte des Nervus Sympathicus, dessen enormen und oft
blitzartigen Einfluß auf Herzbewegungen und Gefäßspannungen die
Ärzte lange kennen. Hat aber die Herzbewegung Einfluß auf unsere
Ein- und Ausschaltungen im zentralen Nervengebiet, so ist der
Kontaktkreis geschlossen: der sympathische Außenweltrhythmus erhält
seine rhythmische Konsonanz im Innern. Die Vorgänge sind also viel
mechanischer, als man gemeinhin anzunehmen geneigt ist. Ein
zündendes Wort, eine schlagende Formel, eine leuchtende Wahrheit hat
oft die Kraft, unser ganzes Innere blitzartig zu erhellen, weil sie
Spannkraft genug hat, die schlummernden Wellen unserer Seele mit
rhythmischem Lichte zu durchbrausen. Dem metrischen, schön
gefügten Wortreiz liegt oft eine verborgene Harmonie zu unserem
Atmungsrhythmus zugrunde, und es wäre eine dankbare Untersuchung,
festzustellen, wie aus den möglichen Atmungsvarianten sich die
Versmaße herleiten lassen. Ist doch nicht, wie _Bücher_ meint, die
Arbeit der Vater des Rhythmus und der Musik, sondern ist doch
vielmehr der Rhythmus der Arbeit mit dem typischen Niederschlag des
Hammers in der Exspirationspause, also beim Ausatmen, und das
Ausholen beim Einatmen eben die direkte Folge des Atmungsrhythmus,
so daß dieser selbst für Melodie und Rhythmus des Gesanges den
Ursprung bedeutet. Rhythmus und Arbeit sind beides nur Funktionäre
unserer Atmungsmechanik, die Cäsuren einer Melodie sind
ursprünglich die naturgemäßen Pausen zum Atemholen.
Wir wissen, daß es Schwingungen der Luftwellen gibt, welche von
einer solchen rhythmischen Schnelligkeit sind, daß wir sie mit dem
Ohre allein nicht wahrnehmen können. Wir hören nicht mehr das
Geigenspiel gewisser Zikadenarten, trotzdem es mit Kunsthilfe
wahrnehmbar und berechenbar ist, ähnliches mag bei vielen anderen
Sinneswahrnehmungen der Fall sein, so daß schon aus diesen
Tatsachen der Satz sich herleiten läßt, der Rhythmus unserer
Nervenschwingungen übermittelt uns nur einen Teil der
Weltallsrhythmen, und dieses Verhältnis läßt uns die Möglichkeit nicht
von der Hand weisen, daß es Menschen mit einer Feinheit der
Sinnesrhythmen geben mag, welche mehr Dinge wahrnehmen, als der
Durchschnitt.--Haben wir bisher im wesentlichen die rhythmischen
Wogen betrachtet, welche von den brausenden, chaotischen
Kraftwellen stammen, die die Außenwelt gegen die seelischen Gestade
wirft in nimmer ruhendem, vom Weltallsodem gepeitschtem
Wogenspiel, so bleibt uns noch übrig, dem rhythmischen Hin- und
Hergleiten der inneren, scheinbar aus eigenem Herd
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