Von Tripolis nach Alexandrien - 1. Band | Page 5

Gerhard Rohlfs
den Römerzeiten herstammt, verbreitet die
Fontaine eine so angenehme Kühle, dass ich hier mein Frühstück
auftragen liess und die Zeit verbrachte, bis ich an Bord zurückging.
Von Zeit zu Zeit kamen die jungen Storenser Mädchen mit ihren
Wasserkrügen, um sie zu füllen, fast alle barfuss und fast alle
italienisches Blut, denn die eigentliche Volksschichte besteht hier meist
aus Maltesern. Sah man aus der künstlichen Grotte heraus, so hatte man
das schönste Bild vor Augen; der ganze herrliche Golf, im
Hintergrunde Philippeville, die auf den Wellen schaukelnden Dampfer,
zahlreiche kleine Fischerboote mit ihren grossen lateinischen
Segeln--tagelang hätte ich in diesem Zauberneste bleiben mögen. Aber
die Stunde schlug, der alte Bootsmann bemächtigte sich des Gepäckes,
und wir ruderten wieder auf unsern Caid los.
Am andern Morgen, der Dampfer war schon gegen Mitternacht
angekommen, lagen wir auf der Rhede von Bone.
Stolz lag die Tochter des alten Ortes Hippo regius vor uns. Hatte der
heilige Augustin wohl geahnt, dass einst nach 1000 Jahren hier wieder
das Evangelium gelehrt werden würde?
Bone liegt jetzt ganz auf der Stelle des alten Hippo, von dem wir

wissen, dass es 5 M. nordwestlich von der Mündung des Ubus-
(Seibouse-) Flusses gelegen war. Der Name Bona, der schon im
zwölften Jahrhundert erscheint und offenbar von [griechisch: hippôn
basilikos] gebildet ist, hat jetzt sich in das französische Bone
verwandelt. Von den Tyriern angelegt, ist der Name Hippo
phönicischen Ursprunges. Zuerst den Carthagern botmässig, wurde von
den Römern der Ort Massinissa und seinen Nachfolgern überlassen,
und erhielt zu dieser Epoche den Beinamen regius, theils um nun dies
Hippo von dem nahen Hippo Zaritus zu unterscheiden, theils weil es oft
Sitz der numidischen Könige selbst war. Als die Römer sich später
selbst dieses Landes bemächtigten, blieb Hippo noch eine bedeutende,
indess wenig beachtete Stadt; aber die Häuschen der Peutinger'schen
Tafel beweisen auch hier zur Genüge die Ansehnlichkeit des Ortes.
Der heilige Augustin, der in Tagasta geboren, in Carthago erzogen, hier
als Bischof wirkte, war es, der hauptsächlich die Christen zu jener
heldenmüthigen Vertheidigung gegen den Vandalen Genserich
anspornte. Sein Gebet, nicht in die Hände der Barbaren zu fallen, sollte
erfüllt werden: im 3. Monat der Belagerung starb er. Hippo Regius
wurde dem Boden gleich gemacht; aber Augustin, einer der grössten
Kirchenväter, würde allein das Andenken an Hippo bewahrt haben,
wenn nicht in der Neuzeit die grossartigen Ruinen, die selbst dem
Vandalismus nicht erliegen konnten, Zeugniss von der einstigen Blüthe
dieses Ortes gegeben hätten.
Ich nahm sogleich ein Boot und liess mich ans Land setzen, da wir bis
Nachmittag Zeit hatten, und die Strassen der Stadt durchlaufend, kam
ich bald ans andere Ende, wo unter einem alten Aquäduct hindurch und
zwischen lachenden Gärten liegend der Weg zur Pepinière führt. Fast
jede Stadt Algeriens hat eine Pepinière oder Baumpflanzschule. Meist
sind dieselben zu vollkommenen Jardins d'essai ausgebildet, und haben
somit für die Colonisation das Gute, dass die Pflanzer sich nicht mit
unnützen Versuchen abzumühen brauchen. Gedeiht ein Baum gut, oder
sieht man namentlich nützliche Pflanzen im Klima Algeriens
anschlagen, so wird das öffentlich bekannt gemacht und Sämereien
oder Stecklinge zur Disposition der Pflanzer gestellt. Es ist dies gewiss
ein sehr nützliches Unternehmen der Communalbehörden, und

namentlich der grosse Garten dieser Art von Algier selbst hat grosse
Verdienste um Einführung früher nicht gekannter Pflanzen.
Es würde überhaupt zu weit gehen, zu sagen, "der Franzose versteht
ganz und gar nicht zu colonisiren". Der französische Bauer ist,
namentlich der aus dem Norden, ebenso fleissig, wie andere, und die
Bearbeitung wird von den einzelnen ebenso rationell betrieben, wie von
uns. Auf den meisten grösseren Farmen wird jetzt Dampf als
Hauptarbeitungsmittel angewendet, und die Irrigationen, welche man in
Algerien findet, sei es durch Canalisation oder durch das Noria-System,
sind bewundernswerth. Will es trotzdem mit der Colonisation nicht
recht vorwärts gehen, so liegt das theils an der Militär-Administration,
theils an der Einrichtung der Bureaux arabes, welche die Eingeborenen
fortwährend auf Kosten der Europäer bevorzugen. Strassen
durchziehen sonst nach allen Richtungen das Land, und die Hauptörter
werden demnächst durch Eisenbahnen miteinander verbunden sein.
Der Garten ist gross und gut gehalten, und birgt in seinem Innern ein
kleines naturhistorisches Museum, das indess nichts besonderes
aufzuweisen hat. Ein alter römischer Sarkophag, erst kürzlich hieher
gebracht, ist die einzige Reliquie des Alterthums, die man hier
aufbewahrt, obschon sonst die Gegend an Ueberresten der Phönicier,
Carthager, Römer und Byzantiner überreich ist.
Durch einen glücklichen Zufall erfuhr ich, dass General Faidherbe hier
stationirt war, er war es eben, der den Sarkophag hieher hatte
transportiren lassen. Die Bekanntschaft dieses ausgezeichneten, so hoch
um die Geographie von Afrika[2] verdienten Mannes musste also rasch
gemacht werden, und ich liess mich auf das Hôtel der Subdivision,
welche Hr. Faidherbe jetzt commandirte, führen. Ich brauche wohl
kaum zu sagen, wie zuvorkommend ich vom General empfangen wurde,
ich durfte ihn natürlich während der Stunden meines Aufenthaltes nicht
mehr verlassen, und nach dem Frühstück
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