Vom This, der doch etwas wird | Page 6

Johanna Spyri
zog. Er mu?te noch einmal dorthin.
Mit allen Kr?ften lief er wieder den Berg hinauf und hielt nicht einmal an, bis er oben war und sich nun wieder unter die Tannenb?umchen setzen konnte. Nur nach vorn ins Tal hinab war sein Tannenversteck ein wenig offen. Da sa? nun der This in v?lliger Sicherheit. Ringsum war eine gro?e Stille, kein Ton drang von unten her bis hier auf die einsame H?he, nur das V?gelein sa? noch auf seinem Tannenast und pfiff sein fr?hliches Lied. Die Sonne wollte untergehen. Die hohen Schneeberge dr��ben fingen zu flimmern und zu gl��hen an, und ��ber die ganze gr��ne Alm hin lag das golden schimmernde Abendlicht. Der This schaute mit stillem Staunen um sich. Ein nie gekanntes Wohlsein kam ��ber ihn. Hier konnte ja auch alle Angst und Scheu von ihm weichen, er hatte nichts mehr zu f��rchten, denn weit und breit war kein Mensch mehr zu sehen und zu h?ren.
So sa? der This eine lange Zeit, und am liebsten w?re er gar nicht mehr fortgegangen, denn so wohl war es ihm noch nie in seinem Leben gewesen. Aber da h?rte er schwere Tritte hinter sich von der H��tte her. Es war der Senn. Er kam mit einem Kesselchen daher, gewi? wollte er zum Bach hin��ber, um Wasser zu holen. This verhielt sich m?uschenstill. Denn er war so daran gew?hnt, da? er von jedermann angefahren oder ausgelacht wurde, da? er dachte, der Senn werde es gleich auch tun und ihn dann fortjagen. Er duckte sich tief unter die B?umchen. Diese knisterten aber von seiner Bewegung, Franz Anton wurde aufmerksam, trat n?her und guckte in den Tannenbusch hinein.
"Was machst du denn da drinnen?" fragte der Senn mit lustigem Gesicht.
"Nichts", erwiderte This halblaut und vor Angst zitternd.
"Komm nur heraus. Du brauchst dich nicht zu f��rchten, wenn du nichts B?ses getan hast. Vor wem verbirgst du dich denn? Hast du dich etwa mit deinen K?sfischen da hineingefl��chtet, da? du sie in Ruhe verzehren kannst?"
"Nein, ich habe keine K?sfische gehabt", sagte This ?ngstlich.
"Nicht? Und warum denn nicht?" fragte der Senn in einer Weise, wie sonst nie ein Mensch mit dem This redete. Nun erwachte in seinem Herzen etwas, das er bisher nicht gekannt hatte--das Zutrauen zu einem Menschen.
"Sie haben mich auf die Seite gesto?en", erwiderte er nun und stand hinter den buschigen Zweigen auf.
"So, jetzt kann man dich doch sehen", fuhr der Senn freundlich fort, "komm noch ein wenig n?her. Und warum wehrst du dich denn nicht, wenn sie dich wegsto?en? Es st??t ja immer einer den anderen, aber zuletzt kommt doch jeder an die Reihe, warum nur du nicht?"
"Sie sind st?rker", sagte der This so ��berzeugend, da? diese Erkl?rung wohl auch dem Franz Anton einleuchtete. Erst jetzt konnte dieser den Buben recht sehen. This stand vor dem breiten, gro?en Franz Anton wie ein d��nnes St?cklein vor einer hohen Tanne. Der kr?ftige Mann betrachtete einen Augenblick das schmale Fig��rchen, an dem tats?chlich fast nur Haut und Knochen zu sehen waren. Aus dem mageren Gesicht schauten die zwei Augen dann und wann noch ziemlich scheu zu ihm auf.
"Wem geh?rst du?" fragte er jetzt den Buben.
"Niemand", gab This zur Antwort.
"Pah, du wirst doch irgendwo daheim sein? Wo wohnst du denn?"
"Beim H?lmli-Sepp."
Jetzt ging dem Franz Anton ein Licht auf. "Ach so, bist du der!" sagte er verst?ndnisvoll, denn von dem dummen This, den man zu gar nichts brauchen konnte, hatte er schon viel geh?rt, ihn aber nicht gekannt.
"Komm einmal mit mir", sagte er mitleidig. "Wenn du beim H?lmli-Sepp bist, so wirst du nicht umsonst selber aussehen wie ein H?lmlein. Komm, K?sfische sind nicht mehr da, aber etwas anderes."
Der This wu?te gar nicht, wie ihm geschah. Er ging hinter dem Franz Anton gehorsam her, aber es war, als ginge er mit einem Freund, und das war ihm noch nie geschehen. Der Senn trat in die H��tte, holte hoch von einem Brett ein rundes Brot herunter und schnitt ein gro?es St��ck ab. Dann ging er zu dem riesigen Butterfa?, das goldig gl?nzend in der Ecke stand, und holte ein gro?es St��ck Butter heraus. Das strich er ��ber die Brotschnitte und reichte nun das feste St��ck mit der dicken Butter darauf dem This hin. In seinem ganzen Leben hatte der This so etwas noch nie bekommen. Er schaute darauf, als sei es nicht m?glich, da? es ihm geh?re.
"Komm heraus. I? es vor der H��tte, ich mu? nun zum Wasser", sagte Franz Anton, der mit lustigen Augen dem Ausdruck von Gl��ck und Erstaunen auf dem Gesicht des Jungen gefolgt war. Dieser gehorchte. Vor der H��tte setzte er sich auf den Boden. Und w?hrend der Senn zum Schwemmebach hin��berging, bi? er in sein Butterbrot hinein und bi? immer wieder und konnte nicht begreifen, da? es etwas so Gutes g?be und er es bekommen h?tte.
Inzwischen wehte frisch und wohlig der Abendwind um seinen Kopf und wiegte unten die Tannenb?umchen hin
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