Viola Tricolor | Page 4

Theodor W. Storm
tr��be Wolke flog es ��ber ihn hin. "Wenn es die Mutter w?re!" dachte er; laut aber sagte er: "Das ist unser Nero, den mu?t du auch noch kennenlernen, Ines; der und Nesi sind gute Kameraden, sogar vor ihren Puppenwagen l??t sich das Ungeheuer spannen."
Sie blickte zu ihm auf. "Hier ist so viel, Rudolf", sagte sie wie zerstreut, "wenn ich nur durchfinde!"
--"Ines, du tr?umst! Wir und das Kind, der Hausstand ist ja so klein wie m?glich."
"Wie m?glich?" wiederholte sie tonlos, und ihre Augen folgten dem Kinde, das jetzt mit dem Hunde um den Rasen jagte; dann pl?tzlich, wie in Angst zu ihrem Mann emporsehend, schlang sie die Arme um seinen Hals und bat: "Halte mich fest, hilf mir! Mir ist so schwer."
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Wochen, Monate waren vergangen.--Die Bef��rchtungen der jungen Frau schienen sich nicht zu verwirklichen; wie von selber ging die Wirtschaft unter ihrer Hand. Die Dienerschaft f��gte sich gern ihrem zugleich freundlichen und vornehmen Wesen, und auch wer von au?en hinzutrat, f��hlte, da? jetzt wieder eine dem Hausherrn ebenb��rtige Frau im Innern walte. F��r die sch?rfer blickenden Augen ihres Mannes freilich war es anders; er erkannte nur zu sehr, da? sie mit den Dingen seines Hauses wie mit Fremden verkehre, woran sie keinen Teil habe, das als gewissenhafte Stellvertreterin sie nur um desto sorgsamer verwalten m��sse. Es konnte den erfahrenen Mann nicht beruhigen, wenn sie sich zuweilen mit heftiger Innigkeit in seine Arme dr?ngte, als m��sse sie sich versichern, da? sie ihm, er ihr geh?re.
Auch zu Nesi hatte ein n?heres Verh?ltnis sich nicht gebildet. Eine innere Stimme--der Liebe und der Klugheit--gebot der jungen Frau, mit dem Kinde von seiner Mutter zu sprechen, an die es die Erinnerung so lebendig, seit die Stiefmutter ins Haus getreten war, so hartn?ckig bewahrte. Aber--das war es ja! Das s��?e Bild, das droben in ihres Mannes Zimmer hing--selbst ihre inneren Augen vermieden, es zu sehen. Wohl hatte sie mehrmals schon den Mut gefa?t; sie hatte das Kind mit beiden H?nden an sich gezogen, dann aber war sie verstummt; ihre Lippen hatten ihr den Dienst versagt, und Nesi, deren dunkle Augen bei solcher herzlichen Bewegung freudig aufgeleuchtet, war traurig wieder fortgegangen. Denn seltsam, sie sehnte sich nach der Liebe dieser sch?nen Frau; ja, wie Kinder pflegen, sie betete sie im stillen an. Aber ihr fehlte die Anrede, die der Schl��ssel jedes herzlichen Gespr?ches ist; das eine--so war ihr--durfte sie, das andere konnte sie nicht sagen.
Auch dieses letzte Hemmnis f��hlte Ines, und da es das am leichtesten zu beseitigende schien, so kehrten ihre Gedanken immer wieder auf diesen Punkt zur��ck.
So sa? sie eines Nachmittags neben ihrem Mann im Wohnzimmer und blickte in den Dampf, der leise singend aus der Teemaschine aufstieg.
Rudolf, der eben seine Zeitung durchgelesen hatte, ergriff ihre Hand. "Du bist so still, Ines; du hast mich heute nicht ein einzig Mal gest?rt!"
"Ich h?tte wohl etwas zu sagen", erwiderte sie z?gernd, indem sie ihre Hand aus der seinen l?ste.
--"So sag es denn!"
Aber sie schwieg noch eine Weile.
--"Rudolf", sagte sie endlich, "la? dein Kind mich Mutter nennen!"
--"Und tut sie denn das nicht?"
Sie sch��ttelte den Kopf und erz?hlte ihm, was am Tage ihrer Ankunft vorgefallen war.
Er h?rte ihr ruhig zu. "Es ist ein Ausweg", sagte er dann, "den hier die Kinderseele unbewu?t gefunden hat. Wollen wir ihn nicht dankbar gelten lassen?"
Die junge Frau antwortete nicht darauf, sie sagte nur: "So wird das Kind mir niemals nahekommen."
Er wollte wieder ihre Hand fassen, aber sie entzog sie ihm.
"Ines", sagte er, "verlange nur nichts, was die Natur versagt; von Nesi nicht, da? sie dein Kind, und nicht von dir, da? du ihre Mutter seist!"
Die Tr?nen brachen ihr aus den Augen. "Aber, ich soll doch ihre Mutter sein", sagte sie fast heftig.
--"Ihre Mutter? Nein, Ines, das sollst du nicht."
"Was soll ich denn, Rudolf?"
--H?tte sie die naheliegende Antwort auf diese Frage jetzt verstehen k?nnen, sie w��rde sie sich selbst gegeben haben. Er f��hlte das und sah ihr sinnend in die Augen, als m��sse er dort die helfenden Worte finden.
"Bekenn es nur!" sagte sie, sein Schweigen mi?verstehend, "darauf hast du keine Antwort."
"O Ines!" rief er. "Wenn erst aus deinem eigenen Blut ein Kind auf deinem Scho?e liegt!"
Sie machte eine abwehrende Bewegung; er aber sagte: "Die Zeit wird kommen, und du wirst f��hlen, wie das Entz��cken, das aus deinem Auge bricht, das erste L?cheln deines Kindes weckt und wie es seine kleine Seele zu dir zieht.--Auch ��ber Nesi haben einst zwei selige Augen so geleuchtet; dann schlang sie den kleinen Arm um einen Nacken, der sich zu ihr niederbeugte, und sagte: "Mutter!"--Z��rne nicht mit ihr, da? sie es zu keiner andern auf der Welt mehr sagen kann!"
Ines hatte seine Worte kaum geh?rt; ihre Gedanken verfolgten nur den einen Punkt. "Wenn du sagen kannst: Sie ist ja nicht dein Kind, warum sagst du denn nicht auch: Du bist ja nicht mein Weib!"
Und dabei blieb es. Was gingen sie
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