Versuch einer Kritik aller Offenbarung | Page 2

Johann Gottlieb Fichte
gegenw?rtige Schrift noch immer ein Versuch; so unangenehm es mir auch war, mich der g��tigen Meinung, die ein verehrungsw��rdiger Theil des Publikums etwa von ihrem Verfasser gefa?t haben k?nnte, nur aus einer gro?en Entfernung anzun?hern. So fest auch meines Erachtens noch die Kritik der Offenbarung auf dem Boden der praktischen Philosophie als ein einzelnes Nebengeb?ude stehet; so kommt sie doch erst durch eine kritische Untersuchung der ganzen Familie, wozu jener Begriff geh?rt, und welche ich die der Reflexions-Ideen nennen m?chte, mit dem ganzen Geb?ude in Verbindung, und wird erst dadurch unzertrennlich mit ihm vereiniget.
Diese Kritik der Reflexions-Ideen war es, welche ich lieber, als eine zweite Ausgabe der gegenw?rtigen Schrift h?tte geben m?gen, wenn meine Mu?e hingereicht h?tte, mehr zu leisten, als ich wirklich geleistet habe. Jedoch werde ich, ohne Anstand, zur Bearbeitung der daf��r gesammelten Materialien schreiten, und dann wird diese Schrift eine weitere Auseinandersetzung eines dort nur kurz zu behandelnden Theils jener Kritik seyn.
Was ich in dieser zweiten Ausgabe hinzugef��gt, oder ge?ndert habe, und warum -- wird hoffentlich jeder Kenner selbst bemerken. Einige Erinnerungen, worunter ich deren in den G?ttingischen gelehrten Anzeigen mit Achtung erw?hne, kamen mir zu sp?t zu Gesicht, als da? ich ausdr��cklich auf sie h?tte R��cksicht nehmen k?nnen. Da sie jedoch nicht mein Verfahren im Ganzen treffen, sondern durch eine weitl?uftigere Erl?uterung einzelner Resultate zu heben sind, so hoffe ich in der k��nftigen Kritik der Reflexions-Ideen den w��rdigen Recensenten v?llig zu befriedigen.
Noch bin ich eine n?here Bestimmung des in der ersten Vorrede gegebnen Versprechens, mich auf jeden mir ungegr��ndet scheinenden Einwurf gegen diese Kritik einzulassen, dem Publikum schuldig. -- Ich konnte dieses Versprechen nur in dem Sinne geben, insofern es mir scheinen w��rde, da? die Wahrheit selbst, oder ihre Darstellung durch Er?rterung der Einw��rfe gewinnen k?nnte; und dieser Zweck scheint mir auf keine w��rdigere Art erreicht werden zu k?nnen, als wenn ich in meinen k��nftigen Arbeiten auf Einw��rfe gegen das, was ich wirklich behaupte, oder zu behaupten scheine -- nicht aber etwa gegen das, was ich ausdr��cklich l?ugne -- da, wo ich den Urheber derselben nicht mit der gr??ten Hochachtung nennen k?nnte, nur stillschweigend R��cksicht nehme.
Zur Jubilate-Messe 1793.
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VERSUCH
EINER
CRITIK ALLER OFFENBARUNG.
��. 1.
EINLEITUNG.
Es ist ein wenigstens merkw��rdiges Ph?nomen f��r den Beobachter, bei allen Nationen, so wie sie sich aus dem Zustande der g?nzlichen Rohheit bis zur Gesellschaftlichkeit emporgehoben haben, Meinungen von einer Gegenmittheilung zwischen h?hern Wesen, und Menschen, -- Traditionen von ��bernat��rlichen Eingebungen, und Einwirkungen der Gottheit auf Sterbliche, -- hier roher, da verfeinerter, aber dennoch allgemein, den Begriff der Offenbarung vorzufinden. Dieser Begriff scheint also schon an sich, w?re es auch nur um seiner Allgemeinheit willen, einige Achtung zu verdienen; und es scheint einer gr��ndlichen Philosophie anst?ndiger, seinem Ursprunge nachzusp��ren, seine Anmaa?ungen und Befugnisse zu untersuchen, und nach Maa?gabe dieser Entdeckungen ihm sein Urtheil zu sprechen, als ihn geradezu, und unverh?rt, entweder unter die Erfindungen der Betr��ger, oder in das Land der Tr?ume zu verweisen. Wenn diese Untersuchung philosophisch seyn soll, so mu? sie aus Principien _a priori_, und zwar, wenn dieser Begriff, wie vorl?ufig wenigstens zu vermuthen ist, sich blos auf Religion beziehen sollte, aus denen der practischen Vernunft angestellt werden; und wird von dem besondern, das in einer gegebenen Offenbarung m?glich w?re, g?nzlich abstrahiren, ja sogar ignoriren, ob irgend eine gegeben sey, um allgemein f��r jede Offenbarung g��ltige Principien aufzustellen.
Da man bei Pr��fung eines Gegenstandes, der so wichtige Folgen f��r die Menschheit zu haben scheint, ��ber den jedes Mitglied derselben sein Stimmrecht hat, und bei weitem die meisten, es in Aus��bung bringen, und der daher entweder unbegr?nzt verehrt, oder unm??ig verachtet, und geha?t ist, nur zu leicht von einer vorgefa?ten Meinung fortgerissen wird; so ist es hier doppelt n?thig, blos auf den Weg zu sehen, den die Critik vorzeichnet; ihn geradefort, ohne ein m?gliches Ziel in den Augen zu haben, zu gehen; und ihren Ausspruch zu erwarten, ohne ihn ihr in den Mund zu legen.
��. 2.
_Theorie des Willens, als Vorbereitung einer Deduction der Religion ��berhaupt._
Sich mit dem Bewu?tseyn eigner Th?tigkeit zur Hervorbringung einer Vorstellung bestimmen, hei?t Wollen; das Verm?gen sich mit diesem Bewu?tseyn der Selbstth?tigkeit zu bestimmen, hei?t _das Begehrungsverm?gen_: beides in der weitesten Bedeutung. Das Wollen unterscheidet sich vom Begehrungsverm?gen, wie das Wirkliche vom M?glichen. -- Ob das im Wollen vorkommende Bewu?tseyn der Selbstth?tigkeit uns nicht vielleicht t?uschen m?ge, bleibt vor der Hand ununtersucht, und unentschieden.
Die hervorzubringende Vorstellung ist entweder gegeben, insofern nemlich eine Vorstellung gegeben seyn kann, die ihrem Stoffe nach, wie aus der theoretischen Philosophie als ausgemacht und anerkannt vorausgesetzt wird; oder die Selbstth?tigkeit bringt sie auch sogar ihrem Stoffe nach hervor, wovon wir die M?glichkeit oder Unm?glichkeit vor der Hand noch ganz an ihrem Orte gestellt seyn lassen.
I.
Der Stoff einer Vorstellung kann, wenn er nicht durch absolute Spontaneit?t hervorgebracht seyn soll, nur der Receptivit?t, und dieses nur in der Sinnenempfindung gegeben seyn; -- denn selbst die a
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