Venus im Pelz | Page 9

Leopold von Sacher-Masoch
ihr an jenem Abend das Gedicht auf ihren Befehl gegeben und habe keine Abschrift, und heute, wo ich dies aus meinem Tagebuche herausschreibe, f?llt mir nur diese erste Strophe ein.
Es ist eine merkw��rdige Empfindung, die ich habe. Ich glaube nicht, da? ich in Wanda verliebt bin, wenigstens habe ich bei unserer ersten Begegnung nichts von jenem blitzartigen Z��nden der Leidenschaft gef��hlt. Aber ich empfinde, wie ihre au?erordentliche, wahrhaft g?ttliche Sch?nheit allm?hlich magische Schlingen um mich legt. Es ist auch keine Neigung des Gem��tes, die in mir entsteht, es ist eine physische Unterwerfung, langsam, aber um so vollst?ndiger.
Ich leide t?glich mehr, und sie -- sie l?chelt nur dazu.
Heute sagte sie mir pl?tzlich, ohne jede Veranlassung: ?Sie interessieren mich. Die meisten M?nner sind so gew?hnlich, ohne Schwung, ohne Poesie; in Ihnen ist eine gewisse Tiefe und Begeisterung, vor allem ein Ernst, der mir wohltut. Ich k?nnte Sie liebgewinnen.?
Nach einem kurzen, aber heftigen Gewitterregen besuchen wir zusammen die Wiese und das Venusbild. Die Erde dampft ringsum, Nebel steigen wie Opferd��nste gegen den Himmel, ein zerst��ckter Regenbogen schwebt in der Luft, noch tropfen die B?ume, aber Sperlinge und Finken springen schon von Zweig zu Zweig und zwitschern lebhaft, wie wenn sie ��ber etwas hoch erfreut w?ren, und alles ist mit frischem Wohlgeruch erf��llt. Wir k?nnen die Wiese nicht ��berschreiten, denn sie ist noch ganz na? und erscheint von der Sonne begl?nzt, wie ein kleiner Teich, aus dessen bewegtem Spiegel die Liebesg?ttin emporsteigt, um deren Haupt ein M��ckenschwarm tanzt, welcher, von der Sonne beschienen, wie eine Aureole ��ber ihr schwebt.
Wanda freute sich des lieblichen Anblicks, und da auf den B?nken in der Allee noch das Wasser steht, st��tzt sie sich, um etwas auszuruhen, auf meinen Arm, eine s��?e M��digkeit liegt in ihrem ganzen Wesen, ihre Augen sind halb geschlossen, ihr Atem streift meine Wange.
Ich ergreife ihre Hand und -- wie es mir gelingt, wei? ich wahrhaftig nicht -- ich frage sie:
?K?nnten Sie mich lieben??
?Warum nicht?, erwidert sie und l??t ihren ruhigen, sonnigen Blick auf mir ruhen, aber nicht lange.
Im n?chsten Augenblicke knie ich vor ihr und presse mein flammendes Antlitz in den duftigen Mousselin ihrer Robe.
?Aber Severin -- das ist ja unanst?ndig!? ruft sie.
Ich aber ergreife ihren kleinen Fu? und presse meine Lippen darauf.
?Sie werden immer unanst?ndiger!? ruft sie, macht sich los und flieht in raschen S?tzen gegen das Haus, w?hrend ihr allerliebster Pantoffel in meiner Hand zur��ckbleibt.
Soll das ein Omen sein?
Ich wagte mich den ganzen Tag ��ber nicht in ihre N?he. Gegen Abend, ich sa? in meiner Laube, blickte pl?tzlich ihr pikantes rotes K?pfchen durch die gr��nen Gewinde ihres Balkons. ?Warum kommen Sie denn nicht?
schrie sie ungeduldig herab.
Ich lief die Treppe empor, oben verlor ich wieder den Mut und klopfte ganz leise an. Sie sagte nicht herein, sondern ?ffnete und trat auf die Schwelle.
?Wo ist mein Pantoffel??
?Er ist -- ich habe -- ich will?, stotterte ich.
?Holen Sie ihn und dann nehmen wir den Tee zusammen und plaudern.?
Als ich zur��ckkehrte, war sie mit der Teemaschine besch?ftigt. Ich legte den Pantoffel feierlich auf den Tisch und stand im Winkel, wie ein Kind, das seine Strafe erwartet.
Ich bemerkte, da? sie die Stirne etwas zusammengezogen hatte und um ihren Mund etwas Strenges, Herrisches lag, das mich entz��ckte.
Auf einmal brach sie in Lachen aus.
?Also -- Sie sind wirklich verliebt -- in mich??
?Ja, und ich leide dabei mehr, als Sie glauben.?
?Sie leiden?? sie lachte wieder.
Ich war emp?rt, besch?mt, vernichtet, aber alles ganz unn?tig.
?Wozu?? fuhr sie fort, ?ich bin Ihnen ja gut, von Herzen gut.? Sie gab mir die Hand und blickte mich ��beraus freundlich an.
?Und Sie wollen meine Frau werden??
Wanda sah mich -- ja, wie sah sie mich an? -- ich glaube vor allem erstaunt und dann ein wenig sp?ttisch.
?Woher haben Sie auf einmal so viel Mut?? sagte sie.
?Mut??
?Ja den Mut ��berhaupt, eine Frau zu nehmen, und insbesondere mich?? Sie hob den Pantoffel in die H?he. ?Haben Sie sich so schnell mit diesem da befreundet? Aber Scherz beiseite. Wollen Sie mich wirklich heiraten??
?Ja.?
?Nun, Severin, das ist eine ernste Geschichte. Ich glaube, da? Sie mich lieb haben und auch ich habe Sie lieb, und was noch besser ist, wir interessieren uns f��reinander, es ist keine Gefahr vorhanden, da? wir uns so bald langweilen, aber Sie wissen, ich bin eine leichtsinnige Frau, und eben deshalb nehme ich die Ehe sehr ernst, und wenn ich Pflichten ��bernehme, so will ich sie auch erf��llen k?nnen. Ich f��rchte aber -- nein -- es mu? Ihnen wehe tun.?
?Ich bitte Sie, seien Sie ehrlich gegen mich?, entgegnete ich.
?Also ehrlich gesprochen. Ich glaube nicht, da? ich einen Mann l?nger lieben kann -- als --? sie neigte ihr K?pfchen anmutig zur Seite und sann nach.
?Ein Jahr.?
?Wo denken Sie hin -- einen Monat vielleicht.?
?Auch mich nicht??
?Nun Sie -- Sie vielleicht zwei.?
?Zwei Monate!? schrie ich auf.
?Zwei Monate, das ist sehr lange.?
?Madame, das ist mehr als antik.?
?Sehen Sie, Sie ertragen die Wahrheit
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