alle gleiche Portionen Fleisch zugeteilt, die Herolde mischen den Wein mit Wasser und gie?en aus dem Mischkessel jedem Gaste das Getr?nk in den kleineren Becher u. s. w. Treten im entscheidenden Moment der Schlacht zwei K?mpfer einander gegenüber, schon ist die Lanze gehoben, so hat der Dichter doch noch Zeit und heitere Seelenruhe genug uns mit den bisherigen Schicksalen des einen oder des andern bekannt zu machen, wo er bisher gelebt, wer seine Mutter und sein Vater gewesen, ja wie dessen Vater gehei?en und wo und wie alt er gestorben sei. Ganz von dieser epischen Ruhe sind auch Homers Dialoge, die Wechselreden der Helden und der G?tter unter einander durchdrungen. Sie m?gen in heftiger Leidenschaft mit einander streiten oder sie m?gen Befehle geben und empfangen oder prahlend mit einander im Wortkampf wetteifern oder in Todesnot um Rettung flehen oder forschen oder erz?hlen, immer ist es der langsame, ruhig str?mende Flu?, der nirgends anh?lt, aber auch nirgends mit stürmischer Gewalt fortdr?ngt. Ein gutes Beispiel epischen Verweilens bildet die Stelle, wo die Amme Eurykleia beim Fu?waschen pl?tzlich ihren Herren, den als Bettler zurückgekehrten Odysseus an der Narbe am Knie erkennt. Es ist der Moment h?chster Spannung: dennoch erz?hlt der Dichter nun ausführlich, wie Odysseus in der Jugend zu dieser Narbe gekommen, bei einem Besuch bei Autolykus auf dem Parna?; die Eberjagd, auf der der Eber ihm die Wunde beibrachte, wird mit allen Einzelheiten geschildert; die dabei vorkommenden Reden werden mitgeteilt; endlich wird mit den Worten: ?diese Narbe also erkannte die alte Amme? wieder eingelenkt. Wiederum als Patroklus get?tet worden und Achilles die Waffen ergriffen, schw?rmt er voll Wut und Vernichtungseifer auf dem Schlachtfelde: da trifft er auf den Lykaon, den Sohn des Priamus; ein Augenblick genügte, um den Unglücklichen zu verderben. Aber der Dichter schiebt ruhig diesen Augenblick noch auf: er erz?hlt uns zuerst, wie Achilles schon früher einmal den Lykaon in dunkler Nacht in des Vaters Weingarten überfallen; der Jüngling schnitt sich da mit scharfem Messer von einem Feigenbaum junge Ruten; diese Ruten sollten zu Wegweisern dienen; doch überfiel ihn nun dort unversehens der g?ttliche Sohn des Peleus. Aber er schickte den Gefangenen auf einem Schiffe über das Meer und verkaufte ihn ins sch?ngebaute Lemnos. K?ufer aber war Euneus, Sohn des Jason. Von dort kaufte ihn ein Freund los, viel Gold gebend, Eetion der Imbrier, und schickte ihn nach Troja zurück in die g?ttliche Arisbe. Von dort heimlich entfliehend kam er ins v?terliche Haus zurück. Daselbst war er elf Tage, sich des Umgangs seiner Lieben freuend, nachdem er Lemnos verlassen, am zw?lften aber traf er wieder auf den Achilles. Jetzt also stehen wir wieder bei dem Moment wie vor jener Einschaltung. Aber noch f?llt der t?dliche Streich nicht. Achilles ist verwundert den nach Lemnos Verkauften wieder auf dem Kampfplatz vor sich zu sehen und jetzt folgt ein lautes Selbstgespr?ch von zehn Versen, in welchen Achilles ausruft: Fürwahr ich glaube, die von mir get?teten Troer kehren aus der Unterwelt wieder zurück; so habe ich diesen doch in die heilige Lemnos verkauft, aber das graue salzige Meer hat ihn nicht zurückhalten k?nnen und viele kommen doch wider ihren Willen im Meere um; aber nun will ich sehen, ob er, wenn er meines Speeres Sch?rfe erfahren, auch von da zurückkehren wird oder ob ihn die Erde b?ndigen wird, die ja auch den Kr?ftigen b?ndigt. Jetzt beschreibt der Dichter, wie Lykaon im Gemüte nicht sterben gemocht, in welcher Stellung Achilles ihm gegenüber gestanden, wie Lykaon darauf bittend sich ihm genaht, und nun folgt in mehr als zwanzig Versen diese Bittrede, in der Lykaon wieder Zug für Zug erz?hlt, wie er in dem Obstgarten gefangen worden, für hundert Ochsen nach Lemnos verkauft sei, elf Tage zu Haus zugebracht u. s. w. Ich sehe, sagt er, da? meine Mutter mich nur zu kurzem Leben geboren hat, die Laothoe, die Tochter des greisen Altes, welcher über die kriegerischen Leleger herrscht in der hohen Pedasos am Flusse Satnioeis. Dieses Altes Tochter hatte Priamus wie viele andre: wir waren von der Mutter zwei Kinder, du wirst sie wohl beide t?ten, den einen hast du schon get?tet, den g?ttergleichen Polydorus u. s. w. Hierauf antwortet Achilles seinerseits ausführlich in fast ebenso langer Rede, worin er den Tod des Patroklus anführt, und nun erfolgt die T?tung, deren n?here Umst?nde gleichfalls genau angegeben werden. Solche Beispiele des wahrhaft epischen Tones lie?en sich aus Homer unz?hlige anführen. Der Dichter folgt aber in der Reihe der Zeitmomente nur dem Gesetz poetischer Anschaulichkeit und, wenn er manchmal das Ausgedehnte zusammenfa?t, so entfaltet er meistens das, was sich in der Wirklichkeit zusammendr?ngt, z. B. wenn sich eine spannende Lage, ein heftiges Gefühl in unsrer Brust oft nur in einem kurzen Ausruf oder in einem einzigen Wort Luft macht, zu voller Darlegung des darin liegenden mannigfaltigen Gehaltes. Der epische Dichter gleicht darin ganz dem bildenden Künstler: auch dieser
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