Torquato Tasso | Page 6

Johann Wolfgang von Goethe
die Das Sch?nste sind, was wir dir geben k?nnen. Wem einmal, würdig, sie das Haupt berührt, Dem schweben sie auf ewig um die Stirne.
Tasso. So lasst mich denn besch?mt von hinnen gehn! Lasst mich mein Glück im tiefen Hain verbergen, Wie ich sonst meine Schmerzen dort verbarg. Dort will ich einsam wandeln, dort erinnert Kein Auge mich ans unverdiente Glück. Und zeigt mir ungef?hr ein klarer Brunnen In seinem reinen Spiegel einen Mann, Der wunderbar bekr?nzt im Widerschein Des Himmels zwischen B?umen, zwischen Felsen Nachdenkend ruht: So scheint es mir, ich sehe Elysium auf dieser Zauberfl?che Gebildet. Still bedenk' ich mich und frage: Wer mag der Abgeschiedne sein? Der Jüngling Aus der vergangnen Zeit? So sch?n bekr?nzt? Wer sagt mir seinen Namen? Sein Verdienst? Ich warte lang' und denke: K?me doch Ein andrer und noch einer, sich zu ihm In freundlichem Gespr?che zu gesellen! O s?h' ich die Heroen, die Poeten Der alten Zeit um diesen Quell versammelt! O s?h' ich hier sie immer unzertrennlich, Wie sie im Leben fest verbunden waren! So bindet der Magnet durch seine Kraft Das Eisen mit dem Eisen fest zusammen, Wie gleiches Streben Held und Dichter bindet. Homer verga? sich selbst, sein ganzes Leben War der Betrachtung zweier M?nner heilig, Und Alexander in Elysium Eilt, den Achill und den Homer zu suchen. O dass ich gegenw?rtig w?re, sie, Die gr??ten Seelen, nun vereint zu sehen!
Leonore. Erwach'! Erwache! Lass uns nicht empfinden, Dass du das Gegenw?rt'ge ganz verkennst.
Tasso. Es ist die Gegenwart, die mich erh?ht, Abwesend schein' ich nur: Ich bin entzückt.
Prinzessin. Ich freue mich, wenn du mit Geistern redest, Dass du so menschlich sprichst, und h?r' es gern.
(Ein Page tritt zu dem Fürsten und richtet leise etwas aus.)
Alphons. Er ist gekommen! Recht zur guten Stunde. Antonio!--Bring ihn her--Da kommt er schon!

Vierter Auftritt Die Vorigen. Antonio.
Alphons. Willkommen! Der du uns zugleich dich selbst Und gute Botschaft bringst.
Prinzessin. Sei uns gegrü?t!
Antonio. Kaum wag' ich es zu sagen, welch Vergnügen In eurer Gegenwart mich neu belebt. Vor euren Augen find' ich alles wieder, Was ich so lang' entbehrt. Ihr scheint zufrieden Mit dem, was ich getan, was ich vollbracht; Und so bin ich belohnt für jede Sorge, Für manchen bald mit Ungeduld durchharrten, Bald absichtsvoll verlornen Tag. Wir haben Nun, was wir wünschen, und kein Streit ist mehr.
Leonore. Auch ich begrü?e dich, wenn ich schon zürne. Du kommst nur eben, da ich reisen muss.
Antonio. Damit mein Glück nicht ganz vollkommen werde, Nimmst du mir gleich den sch?nen Teil hinweg.
Tasso. Auch meinen Gru?! Ich hoffe mich der N?he Des viel erfahrnen Mannes auch zu freun.
Antonio. Du wirst mich wahrhaft finden, wenn du je Aus deiner Welt in meine schauen magst.
Alphons. Wenn du mir gleich in Briefen schon gemeldet, Was du getan, und wie es dir ergangen, So hab' ich doch noch manches auszufragen, Durch welche Mittel das Gesch?ft gelang. Auf jenem wunderbaren Boden will der Schritt Wohl abgemessen sein, wenn er zuletzt An deinen eignen Zweck dich führen soll. Wer seines Herren Vorteil rein bedenkt, Der hat in Rom gar einen schweren Stand: Denn Rom will alles nehmen, geben nichts; Und kommt man hin, um etwas zu erhalten, Erh?lt man nichts, man bringe denn was hin, Und glücklich, wenn man da noch was erh?lt.
Antonio. Es ist nicht mein Betragen, meine Kunst, Durch die ich deinen Willen, Herr, vollbracht; Denn welcher Kluge f?nd' im Vatikan Nicht seinen Meister? Vieles traf zusammen, Das ich zu unserm Vorteil nutzen konnte. Dich ehrt Gregor und grü?t und segnet dich. Der Greis, der würdigste, dem eine Krone Das Haupt belastet, denkt der Zeit mit Freuden, Da er in seinen Arm dich schloss. Der Mann, Der M?nner unterscheidet, kennt und rühmt Dich hoch! Um deinetwillen tat er viel.
Alphons. Ich freue seiner guten Meinung mich, Sofern sie redlich ist. Doch wei?t du wohl, Vom Vatikan herab sieht man die Reiche Schon klein genug zu seinen Fü?en liegen, Geschweige denn die Fürsten und die Menschen. Gestehe nur, was dir am meisten half!
Antonio. Gut! Wenn du willst: Der hohe Sinn des Papsts. Er sieht das Kleine klein, das Gro?e gro?. Damit er einer Welt gebiete, gibt Er seinen Nachbarn gern und freundlich nach. Das Streifchen Land, das er dir überl?sst, Wei? er, wie deine Freundschaft, wohl zu sch?tzen. Italien soll ruhig sein, er will In seiner N?he Freunde sehen, Friede Bei seinen Grenzen halten, dass die Macht Der Christenheit, die er gewaltig lenkt, Die Türken da, die Ketzer dort vertilge.
Prinzessin. Wei? man die M?nner, die er mehr als andre Begünstigt, die sich ihm vertraulich nahn?
Antonio. Nur der erfahrne Mann besitzt sein Ohr, Der t?tige sein Zutraun, seine Gunst. Er, der von Jugend auf dem Staat gedient, Beherrscht ihn jetzt und wirkt auf jene H?fe, Die er vor Jahren als Gesandter schon Gesehen und gekannt und oft gelenkt. Es liegt die Welt so klar vor seinem Blick Als
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