Das ist recht interessant, beweist aber für die Bacon-Theorie nicht das Mindeste.
Von "Richard II." und "Richard III." findet sich nichts als die Namen im Inhaltsverzeichni?. Nun meinen die Baconianer, da? dieses Manuscript unmittelbar oder mittelbar von Bacon selbst herrühre, da? es den handschriftlichen Text jener beiden Historien enthalten habe, noch bevor dieselben gedruckt waren, ja sogar, wie einige zu glauben scheinen, nicht blo? enthalten habe, sondern noch enthalte!
Wenn man diese Fictionen addirt, so ergiebt sich als Totalsumme der Mythus: da? Bacon die Shakespearischen Historien verfa?t habe, denn wer die erste und letzte vor dem Drucke aufgezeichnet hat, wird wohl den ganzen Cyklus geschrieben haben.
2. Bacon als geheimni?voller Dichter. Das Sonett.
"Richard II" war gedruckt und "Heinrich V." so gut wie vollendet, als die K?nigin im M?rz 1599 ihren Liebling, den Grafen Essex (keineswegs wider seinen Willen, sondern auf seinen dringenden Wunsch), als Statthalter nach Irland schickte, um die dortige Rebellion schnell niederzuwerfen. Alle Welt erwartet seine baldige siegreiche Rückkehr. Shakespeare hat dem letzten Act "Heinrichs V." einen Prolog vorausgeschickt, worin er den Grafen schon als Triumphator begrü?t und mit dem Sieger von Agincourt vergleicht.
Pl?tzlich kehrt Essex unverrichteter Dinge und eigenm?chtig nach London zurück (Sept. 1599) und überrascht die K?nigin in ihrem Palaste Nonsuch. Die ihm z?rtlich gesinnte, aber mit Recht erzürnte Herrscherin beschlie?t, ihn richten und strafen zu lassen nicht ?_ad ruinam__?, wie sie sagt, sondern ?_ad correctionem__? und ?_ad reparationem__?. Sie hat damals mit Bacon, einem ihrer au?erordentlichen juristischen R?the, dem Freunde und Günstlinge des Grafen Essex, ?fter über diese Angelegenheit gesprochen. Eines Tages (im September 1600) kündigt ihm die K?nigin an, da? sie in seiner Sommerwohnung zu Twickenham-Park zu Mittag essen wolle. Auf diese Veranlassung verfa?t Bacon ein Sonett, um die K?nigin zu feiern und für den damals verbannten Essex günstig zu stimmen.
Er selbst erz?hlt diese Begebenheit in seiner sp?teren Vertheidigungsschrift wegen seines Verhaltens zu und gegen Essex. "Ich hatte", so schreibt er, "ein Sonett verfertigt, obgleich ich mich nicht für einen Dichter ausgebe (though I profess not to be a poet.)" [Fu?note: _Sir Francis Bacon his apology, in certain imputations concerning the Late Earl of Essex etc. London 1604. Works X, pag. 139-162_.] Die Baconianer aber lassen ihn sagen: "obwohl ich nicht bekenne, da? ich ein Dichter bin". Er ist also nach seinem eigenen Gest?ndni? ein heimlicher Dichter, ein Dichter incognito, d. h. Shakespeare!
Aus einem heimlichen Dichter, d. i. aus einem Manne, der sich nicht für einen Dichter h?lt und ausgiebt, aber in gelegener Stunde sein Sonett macht, auch wohl ein Festspiel componirt, wird ein geheimni?voller Dichter, von dem man nach drei Jahrhunderten entdeckt, da? er Shakespeare war. Niemals ist ein Gedicht so ergiebig, so fruchtbar gewesen, wie dieses Sonett, denn es hat in den K?pfen der Baconianer 36 Dramen und 154 Sonette geboren!
3. Bacon als staatsgef?hrlicher Dichter.
Kaum hat Bacon in seiner eben erw?hnten Apologie, beil?ufig gesagt, dem Muster- und Meisterstück einer Denkschrift, die Geschichte von jenem Sonette erz?hlt, so macht er unseren heutigen Baconianern alsbald noch ein zweites h?chst merkwürdiges und folgenreiches Gest?ndni?.
Ich will vorausschicken, da? Bacon, einer der berühmtesten und bew?hrtesten Parlamentsredner Englands, die Kunst der kurzen, treffenden, bildlich einleuchtenden Rede in hohem Ma?e besa? und geflissentlich auszubilden bedacht war. Antworten solcher Art geh?rten zu seinen Specialit?ten. Es waren, wie man heute sagt, "geflügelte Worte", die von seinem Munde weg- und anderen zuflogen, die sie weitertrugen, wohl auch selbst gesagt haben wollten. Die K?nigin liebte solche Reden und Antworten und wu?te sie zu erwidern.
Nun hatte ein Dr. Hayward dem Grafen Essex eine Schrift gewidmet, die von dem ersten Regierungsjahre Heinrichs IV., also von der Entthronung Richards II. handelte. Die K?nigin hegte den schlimmsten Verdacht, sie witterte hochverr?therische Absichten und wollte den angeblichen Verfasser einsperren und foltern lassen, um den wirklichen zu erfahren. Bacon suchte die Herrscherin zu begütigen und ihr die Schrift als unverf?nglich darzustellen; es sei nicht Verrath darin enthalten, sondern Felonie, der Verfasser habe nicht den Thron gef?hrdet, sondern den Tacitus bestohlen; die K?nigin m?ge nicht den Mann, sondern seine Feder auf die peinliche Frage stellen, d.h. den Verfasser in der Clausur die Schrift da fortsetzen lassen, wo er dieselbe abgebrochen habe; dann wolle er (Bacon) schon erkennen, ob Hayward der Verfasser sei oben nicht.
In seiner Erz?hlung, die von jenem Sonette herkommt, f?hrt Bacon so fort: "Um dieselbe Zeit, in einer Sache, die mit dem Processe des Grafen Essex einige Verwandtschaft hatte, gedenke ich einer meiner Antworten, die, obwohl sie von mir ausging, sp?ter in anderer Namen umlief". [Fu?note: _Apology, pag. 149-150_.] So hat er gesagt. Nun aber l??t man ihn sagen (indem die Uebersetzung ein W?rtchen einfügt, welches nicht im Text steht): "Um dieselbe Zeit erinnere ich mich einer Antwort von mir in einer Sache, die einige Verwandtschaft mit des Lords Angelegenheit hatte, und die, obgleich sie von mir ausging, dann in anderer Namen umlief". [Fu?note: E. Bormann, S. 278- 282.]
Demnach w?re, was
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.