es nicht immer?
Sappho. Ja gut, wie man so gut nennt, was nicht schlimm! Doch g'nügt
so wenig für so hohen Lohn? Glaubst du er wird sich glücklich fühlen
Mädchen?
Melitta. Wer wär' es denn in deiner Nähe nicht!
Sappho. Was kann ich Arme denn dem Teuern bieten? In seiner Jugend
Fülle steht er da Geschmückt mit dieses Lebens schönsten Blüten. Der
erst erwachte Sinn, mit frohem Staunen Die Zahl der eignen Kräfte
überblickend, Spannt kühn die Flügel aus, und nach dem Höchsten
Schießt gierig er den scharfen Adlerblick. Was schön nur ist und groß
und hoch und würdig Sein ist's! Dem Kräftigen gehört die Welt! Und
ich!--O ihr des Himmels Götter alle! O gebt mir wieder die
entschwundne Zeit. Löscht aus in dieser Brust vergangner Leiden,
Vergangner Freuden tiefgetretne Spur, Was ich gefühlt, gesagt, getan,
gelitten Es sei nicht, selbst in der Erinnrung nicht. Laßt mich
zurückekehren in die Zeit, Da ich noch scheu mit runden
Kinderwangen, Ein unbestimmt Gefühl im schweren Busen, Die neue
Welt mit neuem Sinn betrat, Da Ahnung noch, kein quälendes
Erkennen In meiner Leier goldnen Saiten spielte, Da noch ein
Zauberland mir Liebe war, Ein unbekanntes, fremdes Zauberland!
(Sich an Melittens Busen lehnend.)
Melitta. Was fehlt dir? Bist du krank, Gebieterin?
Sappho. Da steh ich an dem Rand der weiten Kluft, Die zwischen ihm
und mir verschlingend gähnt; Ich seh das goldne Land herüberwinken.
Mein Aug' erreicht es, aber nicht mein Fuß.--
Weh dem, den aus der Seinen stillem Kreise Des Ruhms, der Ehrsucht
eitler Schatten lockt. Ein wildbewegtes Meer durchschiffet er Auf
leichtgefügtem Kahn. Da grünt kein Baum, Da sprosset keine Saat und
keine Blume, Ringsum die graue Unermeßlichkeit. Von ferne nur sieht
er die heitre Küste Und mit der Wogen Brandung dumpf vermengt,
Tönt ihm die Stimme seiner Lieben zu. Besinnt er endlich sich, und
kehrt zurück, Und sucht der Heimat leichtverlaßne Fluren, Da ist kein
Lenz mehr, ach, und keine Blume, (Den Kranz abnehmend und
wehmütig betrachtend.) Nur dürre Blätter rauschen um ihn her!
Melitta. Der schöne Kranz! Wie lohnt so hohe Zier Von Tausenden
gesucht und nicht errungen!
Sappho. Von Tausenden gesucht und nicht errungen! Nicht wahr
Melitta? Nicht wahr liebes Mädchen? Von Tausenden gesucht und
nicht errungen! (Den Kranz wieder aufsetzend.) Es schmähe nicht den
Ruhm, wer ihn besitzt, Er ist kein leer-bedeutungsloser Schall, Mit
Götterkraft erfüllet sein Berühren! Wohl mir, ich bin so arm nicht.
Seinem Reichtum Kann gleichen Reichtum ich entgegensetzen, Der
Gegenwart mir dargebotnem Kranz Die Blüten der Vergangenheit und
Zukunft! Du staunst, Melitta, und verstehst mich nicht. Wohl dir! O
lerne nimmer mich verstehen!
Melitta. Zürnst du?
Sappho. Nicht doch, nicht doch, mein liebes Kind! Geh zu den andern
jetzt, und sag mir's an, Wenn dein Gebieter wünscht, mich zu
empfangen.
(Melitta ab.)
Sechster Auftritt
Sappho (allein. Sie legt in Gedanken versunken die Stirn in die Hand,
dann setzt sie sich auf die Rasenbank und nimmt die Leier in den Arm,
das Folgende mit einzelnen Akkorden begleitend).
Golden thronende Aphrodite, Listenersinnende Tochter des Zeus, Nicht
mit Angst und Sorgen belaste, Hocherhabne dies pochende Herz!
Sondern komm, wenn jemals dir lieblich Meiner Leier Saiten getönt,
Deren Klängen du öfters lauschtest, Verlassend des Vaters goldenes
Haus.
Du bespanntest den schimmernden Wagen, Und deiner Sperlinge
fröhliches Paar, Munter schwingend die schwärzlichen Flügel, Trug
dich vom Himmel zur Erde herab.
Und du kamst; mit lieblichem Lächeln, Göttliche! auf der unsterblichen
Stirn, Fragtest du, was die Klagende quäle? Warum erschalle der
Flehenden Ruf?
Was das schwärmende Herz begehre? Wen sich sehne die klopfende
Brust Sanft zu bestricken im Netz der Liebe? Wer ist's Sappho, der dich
verletzt?
Flieht er dich jetzt, bald wird er dir folgen, Verschmäht er Geschenke,
er gibt sie noch selbst, Liebt er dich nicht, gar bald wird er lieben
Folgsam gehorchend jeglichem Wink.
Komm auch jetzt und löse den Kummer, Der mir lastend den Busen
beengt, Hilf mir erringen nach was ich ringe, Sei mir Gefährtin im
lieblichen Streit. (Sie lehnt matt das Haupt zurück.)
Der Vorhang fällt.
Zweiter Aufzug
Freie Gegend wie im vorigen Aufzuge.
Erster Auftritt
Phaon (kommt). Wohl mir, hier ist es still. Des Gastmahls Jubel, Der
Zimbelspieler Lärm, der Flöten Töne, Der losgelaßnen Freude lautes
Regen, Es tönt nicht bis hier unter diese Bäume, Die leise flüsternd,
wie besorgt zu stören, Zu einsamer Betrachtung freundlich laden.
Wie hat sich alles denn in mir verändert, Seit ich der Eltern stilles Haus
verließ Und meine Renner gen Olympia lenkte? Sonst konnt' ich wohl
in heiterer Besinnung Verworrener Empfindung leise Fäden Mit
scharfem Aug' verfolgen und entwirren Bis klar es als Erkennen vor
mir lag. Doch jetzt, wie eine schwüle Sommernacht Liegt brütend, süß
und peinigend zugleich Ein schwerer Nebel über meinen Sinnen, Den
der Gedanken fernes Wetterleuchten, Jetzt hier, jetzt dort, und jetzt
schon nicht mehr da, In quälender Verwirrung rasch durchzuckt. Ein
Schleier
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