Sappho | Page 6

Franz Grillparzer
Da meiner W��nsche winterliche Raupen Als goldne Schmetterlinge mich umspielen, Jetzt frag ich noch und steh und sinn und zaudre!
Weh ich vergesse hier mich selber noch Und sie und Eltern und-- O meine Eltern! Mu? ich erst jetzt, jetzt eurer mich erinnern! Konnt' ich so lang euch ohne Botschaft lassen? Vielleicht beweint ihr meinen Tod, vielleicht Gab des Ger��chtes Mund euch schon die Kunde, Da? euer Sohn, den ihr zu lieben nicht, Den ihr zum Kampfe nach Olympia sandtet, In Sapphos Arm-- Wer wagt es sie zu schm?hn! Der Frauen Zier, die Krone des Geschlechts! Mag auch des Neides Geifer sie bespritzen, Ich steh f��r sie, sei's gegen eine Welt! Und selbst mein Vater, sieht er sie nur erst, Gern legt er ab das alte Vorurteil, Das frecher Zitherspielerinnen Anblick Mit frommer Scheu ihm in die Brust gepr?gt. (In Gedanken versinkend.) Wer naht?--der laute Haufen dringt hierher. Wie widerlich!--Schnell fort!--Wohin?--Ah hier! (Geht in die Grotte.)

Zweiter Auftritt
Eucharis. Melitta. Sklavinnen mit Blumen und Kr?nzen.
Eucharis (l?rmend). Ihr M?dchen auf! Mehr Blumen bringt herbei! Zu ganzen Haufen Blumen. Schm��ckt das Haus Und Hof und Halle, S?ule T��r und Schwelle, Ja selbst die Blumenbeete schm��ckt mit Blumen! Tut W��rze zum Gew��rz; denn heute feiert Das Fest der Liebe die Gebieterin.
M?dchen (ihre Blumen vorweisend). Hier sieh!
(Sie fangen an die S?ulen und B?ume umher mit Kr?nzen und Blumenketten zu beh?ngen.)
Eucharis. Recht gut, recht gut! Doch du Melitta, Wo hast du M?dchen deine Blumen?
Melitta (ihre leeren H?nde betrachtend). Ich?
Eucharis. Ja du!--Ei seht mir doch die Tr?umerin! Kommst du allein hierher mit leeren H?nden?
Melitta. Ich will wohl holen--
Eucharis. Ich will holen, spricht sie Du kleine Heuchlerin bekenne nur Was hast du denn? Was war das heut bei Tisch, Da? die Gebieterin so oft nach dir Mit leisem L?cheln schlau hin��berblickte Und dann die Augen spottend niederschlug? Sooft sie's tat sah ich dich hei? err?ten, Und mit dem Zittern peinlicher Verwirrung Des oftversehnen Dienstes dich vergessen. Und als sie nun dich ruft, den gro?en Becher Dem sch?nen Fremden zu kredenzen und Du scheu den Rand durch deine Lippen ziehst, Da rief sie pl?tzlich aus: Die Augen nieder! Und ach des gro?en Bechers halber Inhalt Ergo? mit eins sich auf den blanken Estrich. Da lachte Sappho selbst! Was war das alles? Bekenne nur, da hilft kein Leugnen, M?dchen.
Melitta. O la?t mich!
Eucharis. Nichts da, ohne Gnade Kind! Den Kopf empor, und alles frisch bekannt! O weh, da quillt wohl gar ein kleines Tr?nchen!-- Du arges Ding! Ich sage ja nichts mehr! Doch weine nicht! Wenn du's so ?fters treibst, So werd ich noch so b?se--Weine nicht!-- Sind eure Blumen alle? Nun so kommt, Wir wollen neue holen!--Setz dich hin, Hier sind noch Rosen, hilf uns Kr?nze winden. Sei flei?ig Kind! Doch, h?rst du? Weine nicht!
(Mit den M?dchen ab.)

Dritter Auftritt
Melitta (allein. Sie setzt sich auf die Rasenbank und beginnt einen Kranz zu flechten. Nach einer Weile sch��ttelt sie schmerzlich das Haupt, und legt das Angefangene neben sich hin).
Es geht nicht!--Weh, der Kopf will mir zerspringen Und st��rmisch pocht das Herz in meiner Brust!
Da mu? ich sitzen einsam und verlassen, Fern von der Eltern Herd im fremden Land, Und Sklavenketten dr��cken diese H?nde, Die ich hin��berstrecke nach den Meinen. Weh mir, da sitz ich einsam und verlassen, Und niemand h?ret mich und achtet mein!
Mit Tr?nen seh ich Freunde und Verwandte Den Busen dr��cken an verwandte Brust; Mir schl?gt kein Busen hier in diesem Lande, Und meine Freunde wohnen weit von hier. Ich sehe Kinder um den Vater h��pfen, Die fromme Stirn, die heil'gen Locken k��ssen, Mein Vater lebt getrennt durch ferne Meere, Wo ihn nicht Gru? und Ku? des Kinds erreicht! Sie tun wohl hier so, als ob sie mich liebten, Und auch an sanften Worten fehlt es nicht, Doch ist es Liebe nicht, 's ist nur Erbarmen, Das auch der Sklavin milde Worte g?nnt; Der Mund, der erst von Schmeicheln ��berflossen, Er f��llt sich bald mit Hohn und bitterm Spott!
Sie d��rfen lieben, hassen, was sie wollen, Und was das Herz empfindet, spricht die Lippe aus, Sie zieret Gold und Purpur und Geschmeide, Nach ihnen wendet staunend sich der Blick; Der Sklavin Platz ist an dem niedern Herde, Da trifft kein Blick sie, ach und keine Frage, Kein Auge, kein Gedanke und kein Wunsch!--
Ihr G?tter, die ihr mich schon oft erh?rt, Mit reicher Hand Erf��llung mir gesendet, Wenn ich mit frommem Sinne zu euch flehte, O leiht auch diesmal mir ein gn?dig Ohr! F��hrt g��tig mich zur��cke zu den Meinen, Da? ich an des Vertrauens weiche Brust, Die kummerhei?e Stirne k��hlend presse. F��hrt zu den Meinen mich, ach, oder nehmt mich Hinauf zu euch, zu euch!--zu euch!

Vierter Auftritt
Phaon. Melitta.
Phaon (der w?hrend des vorigen Selbstgespr?ches am Eingange der Grotte erschienen ist, sich aber lauschend zur��ckgezogen hat, tritt jetzt vor und legt Melitten von hinten die Hand auf die Schulter). So jung noch und so traurig,
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 23
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.