Degen
Senken und fein salutieren,
Höflich schöner Frauen wegen,
Fromm vor dem Marienbilde!
Daß Meliore eingestehe,
Daß uns Zucht und Sitte bindet,
Wie für
Wissenschaft gesehen
Er die raschen Klingen blinken.
Darum will ich mit ihm reden,
Unsern Streit nun auszumitteln!"
Sprichts's und tritt dem Feind entgegen,
Den die ganze Schar
umzingelt.
Doch an den Altar gelehnet,
Lauscht Meliore auf zur Linde,
Er hat
allen Streit vergessen,
Denn er hört Biondettens Stimme.
Jener aber spricht: "Mein Bester,
Keine Wahrheit ist zu finden
Hier
in diesem bunten Leben,
Darum laßt uns Frieden stiften!
Und da Liebe nur im Sterben
Kann gefunden" ... "Stille, stille!"
Spricht Meliore, "ach, es wehet
Auch kein Lüftchen in der Linde!" --
"Willst du's kurz?" fragt dann der Redner.
Und Meliore spricht
ergimmet:
"Schweigt sie, magst du ewig reden,
Schweige ewig,
wenn sie singet!"
Jener spricht, zurück sich wendend:
"Schweigen sollen wir, sie
singet!"
Aber in dem Kreis erheben
Heftig schreiend sich die
Stimmen:
"Er soll gleich zurück jetzt nehmen,
Was er Apo sprach zum
Schimpfe;
Laßt uns mit dem Degen wetzend
Überlärmen seine
Dirne!"
Und ein frecherer Geselle
Schreit hinauf: "Ha! schweig sie stille,
Heilge Jungfrau, um die Wette
Wollen wir mit ihr eins singen!"
Aber wütend an der Kehle
Packt Meliore ihn und ringet
An den
Boden hin den Frevler,
Und es heben sich die Klingen.
Alle dringen ihm entgegen;
Auf den Altar fliehend springet
Nun
Meliore, sich das Leben
In der heilgen Freistatt fristend.
"Seinen Mantel werfe jeder
Nieder, der zu fechten willens,
Jedes
Klinge will ich messen,
Dem ich Ehre abgeschnitten;
Und da vor so vielen Gegnern
Ich wohl keine Rettung finde,
Darum
laßt zu Gott mich beten
Nur noch wenge Augenblicke!"
Eine tiefe Stille ehret
Seine Bitte, und er kniet;
Und von zwölfen
breiten elfe
Ihre Mäntel um die Linde.
Wie zwei aufgeschreckte Rehe
In gehemmter Flucht erzitternd
Stehn die Jungfraun stumm am Fenster,
Niederblickend durch die
Linde.
Als Meliore sie ersehen
Ruft er aufwärts: "Wenn ich sinke,
Liebesengel, Todesengel,
Bete für mich, wenn ich sinke!"
Und nun springt er an die Erde,
Seinen Rücken deckt die Linde,
Zierlich grüßt er mit dem Degen
Jeden in dem weiten Ringe.
Doch zuerst tritt ins Gefecht
Den er niederwarf im Grimme,
Und in
tiefen Ängsten schwebend
Stehn die Jungfrauen und singen:
"Gott und Vater, soll er sterben,
Lasse seinen Zorn sich stillen,
Daß
er möge Heil erwerben
Um Herrn Jesu Leiden willen!
Gott und Sohn! Schirm den Gerechten,
Decke ihn mit deinem Schilde,
Lasse ihn mit Ehren fechten
Hier vor deiner Mutter Bilde!
Heilger Geist, das Herz erhelle
Ihm, dem frommen
Schwertumklirrten,
Daß der böse Feind nicht stelle
Schlingen dem
im Streit Verwirrten!
Und Maria, Mutter, helfe,
Daß er seinen Judas finde,
Denn hier
stehen wieder zwölfe,
Wie bei deinem heilgen Kinde!" --
"Gleiche Rechte, gleiche Rechte!"
Ruft der Gegner, "Brüder singet!
Hat er sich Musik bestellet,
Laßt mir auch ein Lied erklingen!"
Und es bricht aus vollen Kehlen
Ein Gesang mit wildem Grimme;
An den stillen Mauern brechen
Widergellend sich die Stimmen:
"Blanke Jungfern, blanke Degen
Muß man küssen, muß man
schwingen;
Der Schwertfeger weiß zu fegen,
Sind sie rostig, unsre
Klingen!
Wenn der Metzger Messer wetzet,
Muß sein Weib ein Lied ihm
singen,
Und das Kalb, vom Hund gehetzet,
Hilft sie leichter ihm
bezwingen.
Wetzt, ihr Brüder, wetzt die Degen,
Weil die schöne Jungfer singet,
Weil das Kalb sie uns entgegen
Singend aus dem Stalle bringet.
Blanke Jungfern, blanke Degen,
Muß man küssen, muß man
schwingen;
Der Schwertfeger weiß zu fegen,
Sind sie rostig, unsre
Klingen!"
Und schon mehret sich die Menge,
Hergelockt aus allen Winkeln,
Und es drohet aus der Ferne
Schon der schwere Tritt der Sbirren.
Von dem wilden Sang erwecket,
Kam nun Apo auch zu Sinnen,
Der
in seiner Weisheit Netzen
Hing wie eine giftge Spinne.
Und kaum trat er auf die Schwelle,
Nähert sich der heilgen Linde,
Als ein Lebehoch entgegen
Ihm von allen Lippen dringet.
Aber vor ihm fliegt ein Degen,
Senkrecht in die Erde dringend,
Den
Meliore seinem Gegener
Kräftig aus der Faust legierte.
Und Apone fragt verlegen:
"Wer hat diesen Gruß geschicket?"
Und
Meliore spricht: "Vergebet,
Es ist meines Gegners Klinge.
Nicht um Ehre, noch um Leben
Fecht ich hier, bloß um die Klinge:
Diese euch zu Füßen legend,
Wählt mein Glück euch selbst zum
Richter.
Und ich reich euch meinen Degen,
Weil ich kann mit beßrer Sitte
Weder rechten hier, noch fechten!"
Spricht Apone -- "Werdet stille!
Denn es ist ein schwerer Frevel,
Jetzt Tumulte anzuspinnen,
Da der
ganze Staat sich trennet
In zwei feindliche Partien.
Wer jetzt offnen Lärm erreget,
Gleicht der Krähe, welche pickend
Auf dem hohen Alpenschnee
Anstoß gibt zu den Lawinen,
Die sich wälzend mächtig schwellen
Und verderbend niederdringen,
Mit des kalten Eises Decke
Städt und Dörfer überrinnend.
Übt ihr also meine Lehre,
Die euch auf die stolze Spitze
Höhrer
Anschauung gestellet
Der Natur und der Geschichte?
O, ihr kramt noch im Elenden,
Streitend um gemachte Lichter,
Ihr,
die ich so frei gelehret
Mit den Sternen umzuspringen!
Wollt ihr hier die Gieremei
Und die Lambertazzi spielen,
Die blind
gen einander fechtend
Töricht hier ihr Blut vergießen?
Welcher Jammer könnt entstehen,
Wenn, in euern Lärm sich
mischend,
Die argwöhnenden Geschlechter
Sich erblickten und
erhitzten?
Und schon seh ich allerwegen
Müßig Volk heran sich ziehen.
Stecket ruhig ein die Degen,
Tretet um mich bei der Linde.
Wer war unter euch zugegen
Und nicht in den Streit verwickelt?
Er
soll treulich das Entstehen
Dieses Kampfes mir berichten."
Aufgefordert naht der Redner,
Beißt rhetorisch sich die Lippe:
"Meister, deine Weisheit ehrend,
Preis ich selig mein Geschicke,
Daß mir ward ein großer Lehrer,
Der mich lehrte Frieden stiften.
Früher schon war mein Bestreben,
Diesen Zwiespalt zu vermitteln.
Doch mir
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