Vergegenwaertigen wir uns die Voelker und die Herrschaftsverhaeltnisse; die Augustus dort vorfand. Makedonien war seit Jahrhunderten roemische Provinz. Als solche reichte es nicht hinaus noerdlich ueber Stobi und oestlich ueber das Rhodopegebirge; aber der Machtbereich Roms erstreckte sich weit ueber die eigentliche Landesgrenze, obwohl in schwankendem Umfang und ohne feste Form. Ungefaehr scheinen die Roemer damals bis zum Haemus (Balkan) die Vormacht gehabt zu haben, waehrend das Gebiet jenseits des Balkan bis zur Donau wohl einmal von roemischen Truppen betreten, aber keineswegs von Rom abhaengig war ^1. Jenseits des Rhodopegebirges waren die Makedonien benachbarten thrakischen Dynasten, namentlich die der Odrysen, denen der groesste Teil der Suedkueste und ein Teil der Kueste des Schwarzen Meeres botmaessig war, durch die Expedition des Lucullus unter roemische Schutzherrschaft gekommen, waehrend die Bewohner der mehr binnenlaendischen Gebiete, namentlich die Besser an der oberen Mariza Untertanen wohl hiessen, aber nicht waren und ihre Einfaelle in das befriedete Gebiet sowie die Vergeltungszuege in das ihrige stetig fortgingen. So hatte um das Jahr 694 (60) der leibliche Vater des Augustus, Gaius Octavius, und im Jahre 711 (43) waehrend der Vorbereitungen zu dem Kriege gegen die Triumvirn Marcus Brutus gegen sie gestritten. Eine andere thrakische Voelkerschaft, die Dentheleten (in der Gegend von Sofia), hatten noch in Ciceros Zeit bei einem Einfall in Makedonien Miene gemacht, dessen Hauptstadt Thessalonike zu belagern. Mit den Dardanern, den westlichen Nachbarn der Thraker, einem Zweig der illyrischen Voelkerfamilie, welche das suedliche Serbien und den Distrikt Prisrend bewohnten, hatte der Amtsvorgaenger des Lucullus, Curio, mit Erfolg und ein Dezennium spaeter Ciceros Kollege im Konsulat, Gaius Antonius, im Jahre 692 (62) ungluecklich gefochten. Unterhalb des dardanischen Gebiets, unmittelbar an der Donau, sassen wieder thrakische Staemme, die einstmals maechtigen, jetzt herabgekommenen Triballer im Tal des Oescus (in der Gegend von Plewna), weiterhin an beiden Ufern der Donau bis zur Muendung Daker, oder wie sie am rechten Donauufer mit dem alten, auch den asiatischen Stammgenossen gebliebenen Volksnamen gewoehnlich genannt wurden, Myser oder Moeser, wahrscheinlich zu Burebistas Zeit ein Teil seines Reiches, jetzt wieder in verschiedene Fuerstentuemer zersplittert. Die maechtigste Voelkerschaft aber zwischen Balkan und Donau waren damals die Bastarner. Wir sind diesem tapferen und zahlreichen Stamm, dem oestlichsten Zweig der grossen germanischen Sippe, schon mehrfach begegnet. Eigentlich ansaessig hinter den transdanuvianischen Dakern jenseits der Gebirge, die Siebenbuergen von der Moldau scheiden, an den Donaumuendungen und in dem weiten Gebiet von da zum Dnjestr, befanden sie sich selber ausserhalb des roemischen Bereichs; aber vorzugsweise aus ihnen hatte sowohl Koenig Philipp von Makedonien wie Koenig Mithradates von Pontus seine Heere gebildet und in dieser Weise hatten die Roemer schon frueher oft mit ihnen gestritten. Jetzt hatten sie in grossen Massen die Donau ueberschritten und sich noerdlich vom Haemus festgesetzt; insofern der dakische Krieg, wie ihn Caesar der Vater und dann der Sohn geplant hatten, ohne Zweifel der Gewinnung des rechten Ufers der unteren Donau galt, war er nicht minder gegen sie gerichtet wie gegen die rechtsufrigen dakischen Moeser. Die griechischen Kuestenstaedte in dem Barbarenland Odessos (bei Varna), Tomis, Istropolis, schwer bedraengt durch dies Voelkergewoge, waren hier wie ueberall die geborenen Klienten der Roemer. ----------------------------------------------------- ^1 Dies sagt ausdruecklich Dio (51, 23) zum Jahre 725 (29): teos men o?n ta?t epoioyn (d. h. solange die Bastarner nur die Triballer - bei Oescus in Niedermoesien - und die Dardaner in Obermoesien angriffen), oyden sphisi pragma pros to?s R/o/maioys /e/n. Epei de ton te Aimon yperebesan kai t/e/n THrak/e/n t/e/n Denthel/e/t/o/n enspondon aytois o?san katedramon k. t. l. Die Bundesgenossen in Moesien, von denen Dio 38, 10 spricht, sind die Kuestenstaedte. ----------------------------------------------------- Zur Zeit der Diktatur Caesars, als Burebista auf der Hoehe seiner Macht stand, hatten die Daker an der Kueste bis hinab nach Apollonia jenen fuerchterlichen Verheerungszug ausgefuehrt, dessen Spuren noch nach anderthalb Jahrhunderten nicht verwischt waren. Es mag wohl zunaechst dieser Einfall gewesen sein, welcher Caesar den Vater bestimmte, den Dakerkrieg zu unternehmen; und nachdem der Sohn jetzt auch ueber Makedonien gebot, musste er allerdings sich verpflichtet fuehlen, eben hier sofort und energisch einzugreifen. Die Niederlage, die Ciceros Kollege Antonius bei Istropolis durch die Bastarner erlitten hatte, darf als ein Beweis dafuer genommen werden, dass diese Griechen wieder einmal der Hilfe der Roemer bedurften. In der Tat wurde bald nach der Schlacht bei Actium (725 29) Marcus Licinius Crassus, der Enkel des bei Karrhae gefallenen, von Caesar als Statthalter nach Makedonien gesandt und beauftragt, den zweimal verhinderten Feldzug nun auszufuehren. Die Bastarner, welche eben damals in Thrakien eingefallen waren, fuegten sich ohne Widerstand, als Crassus sie auffordern liess, das roemische Gebiet zu verlassen; aber ihr Rueckzug genuegte dem Roemer nicht. Er ueberschritt seinerseits den Haemus ^2, schlug am Einfluss des Cibrus (Tzibritza) in die Donau die Feinde, deren Koenig Deldo auf der Wahlstatt blieb, und nahm, was aus der Schlacht in eine nahe Festung entkommen war, mit Hilfe eines zu den
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