Roemische Geschichte, Band 8 | Page 4

Theodor Mommsen
besonderem Grade, waehrend hierfuer genuegende Karten
nur in den Haenden weniger Leser sein koennen. Dieselben werden
also mit mir meinem Freunde Kiepert es danken, dass er, in der Weise
und in der Begrenzung, wie der Inhalt dieses Bandes es an die Hand
gab, demselben zunaechst ein allgemeines Uebersichtsblatt, das
ausserdem mehrfach fuer die Spezialkarten ergaenzend eintritt, und
weiter Spezialkarten der einzelnen Reichsteile hinzugefuegt hat ...
Berlin, im Februar 1885 Einige Versehen, auf die ich aufmerksam
gemacht worden bin und die in den Platten sich beseitigen liessen, sind
bei dem dritten Abzuge verbessert worden, der vierte ist ein
unveraenderter Abdruck des vorigen. Februar 1886; September 1894
Achtes Buch Laender und Leute von Caesar bis Diocletian Gehe durch
die Welt und sprich mit jedem. Firdusi Einleitung Die Geschichte der
roemischen Kaiserzeit stellt aehnliche Probleme wie diejenige der
frueheren Republik. Was aus der literarischen Ueberlieferung
unmittelbar entnommen werden kann, ist nicht bloss ohne Farbe und
Gestalt, sondern in der Tat meistens ohne Inhalt. Das Verzeichnis der
roemischen Monarchen ist ungefaehr ebenso glaubwuerdig wie das der
Konsuln der Republik und ungefaehr ebenso instruktiv. Die den ganzen
Staat erschuetternden grossen Krisen sind in ihren Umrissen erkennbar;
viel besser aber als ueber die Samnitenkriege sind wir auch nicht
unterrichtet ueber die germanischen unter den Kaisern Augustus und
Marcus. Der republikanische Anekdotenschatz ist sehr viel ehrbarer als
der gleiche der Kaiserzeit; aber die Erzaehlungen von Fabricius und die
vom Kaiser Gaius sind ziemlich gleich flach und gleich verlogen. Die
innerliche Entwicklung des Gemeinwesens liegt vielleicht fuer die
fruehere Republik in der Ueberlieferung vollstaendiger vor als fuer die
Kaiserzeit; dort bewahrt sie eine, wenn auch getruebte und verfaelschte
Schilderung der schliesslich wenigstens auf dem Markte Roms
endigenden Wandlungen der staatlichen Ordnung; hier vollzieht sich

diese im kaiserlichen Kabinett und gelangt in der Regel nur mit ihren
Gleichgueltigkeiten in die Oeffentlichkeit. Dazu kommt die ungeheure
Ausdehnung des Kreises und die Verschiebung der lebendigen
Entwicklung vom Zentrum in die Peripherie. Die Geschichte der Stadt
Rom hat sich zu der des Landes Italien, diese zu der der Welt des
Mittelmeers erweitert, und worauf es am meisten ankommt, davon
erfahren wir am wenigsten. Der roemische Staat dieser Epoche gleicht
einem gewaltigen Baum, um dessen im Absterben begriffenen
Hauptstamm maechtige Nebentriebe rings emporstreben. Der
roemische Senat und die roemischen Herrscher entstammen bald jedem
anderen Reichsland ebensosehr wie Italien; die Quiriten dieser Epoche,
welche die nominellen Erben der weltbezwingenden Legionaere
geworden sind, haben zu den grossen Erinnerungen der Vorzeit
ungefaehr dasselbe Verhaeltnis wie unsere Johanniter zu Rhodos und
Malta und betrachten ihre Erbschaft als ein nutzbares Recht, als
stiftungsmaessige Versorgung arbeitsscheuer Armer. Wer an die
sogenannten Quellen dieser Epoche, auch die besseren, geht, bemeistert
schwer den Unwillen ueber das Sagen dessen, was verschwiegen zu
werden verdiente, und das Verschweigen dessen, was notwendig war
zu sagen. Denn gross Gedachtes und weithin Wirkendes ist auch in
dieser Epoche geschaffen worden; die Fuehrung des Weltregiments ist
selten so lange in geordneter Folge verblieben, und die festen
Verwaltungsnormen, wie sie Caesar und Augustus ihren Nachfolgern
vorzeichneten, haben sich im ganzen mit merkwuerdiger Festigkeit
behauptet, trotz allem Wechsel der Dynastien und der Dynasten,
welcher in der nur darauf blickenden und bald zu Kaiserbiographien
zusammenschwindenden Ueberlieferung mehr als billig im
Vordergrunde steht. Die scharfen Abschnitte, welche in der
landlaeufigen, durch jene Oberflaechlichkeit der Grundlage geirrten
Auffassung die Regierungswechsel machen, gehoeren weit mehr dem
Hoftreiben an als der Reichsgeschichte. Das eben ist das Grossartige
dieser Jahrhunderte, dass das einmal angelegte Werk, die
Durchfuehrung der lateinisch-griechischen Zivilisierung in der Form
der Ausbildung der staedtischen Gemeindeverfassung, die allmaehliche
Einziehung der barbarischen oder doch fremdartigen Elemente in
diesen Kreis, eine Arbeit, welche ihrem Wesen nach Jahrhunderte
stetiger Taetigkeit und ruhiger Selbstentwicklung erforderte, diese

lange Frist und diesen Frieden zu Lande und zur See gefunden hat. Das
Greisenalter vermag nicht neue Gedanken und schoepferische
Taetigkeit zu entwickeln, und das hat auch das roemische
Kaiserregiment nicht getan; aber es hat in seinem Kreise, den die,
welche ihm angehoerten, nicht mit Unrecht als die Welt empfanden,
den Frieden und das Gedeihen der vielen vereinigten Nationen laenger
und vollstaendiger gehegt, als es irgendeiner anderen Vormacht je
gelungen ist. In den Ackerstaedten Afrikas, in den Winzerheimstaetten
an der Mosel, in den bluehenden Ortschaften der lykischen Gebirge und
des syrischen Wuestenrandes ist die Arbeit der Kaiserzeit zu suchen
und auch zu finden. Noch heute gibt es manche Landschaft des Orients
wie des Okzidents, fuer welche die Kaiserzeit den an sich sehr
bescheidenen, aber doch vorher wie nachher nie erreichten Hoehepunkt
des guten Regiments bezeichnet; und wenn einmal ein Engel des Herrn
die Bilanz aufmachen sollte, ob das von Severus Antoninus beherrschte
Gebiet damals oder heute mit groesserem Verstande und mit groesserer
Humanitaet regiert worden ist, ob Gesittung und Voelkerglueck im
allgemeinen seitdem vorwaerts- oder zurueckgegangen sind, so ist es
sehr zweifelhaft, ob der Spruch zu Gunsten der Gegenwart ausfallen
wuerde. Aber wenn
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