Roemische Geschichte, Band 4 | Page 7

Theodor Mommsen
zweite Sohn des Siegers von Pydna, der Konsul Quintus Fabius Maximus Aemilianus (609 145). Allein die krieggewohnten, eben von Makedonien und Afrika heimgekehrten Veteranen aufs neue in den verhassten Spanischen Krieg zu senden, wagte man schon nicht mehr; die beiden Legionen, die Maximus mitbrachte, waren neu geworben und nicht viel minder unzuverlaessig als das alte, gaenzlich demoralisierte spanische Heer. Nachdem die ersten Gefechte wieder fuer die Lusitaner guenstig ausgefallen waren, hielt der einsichtige Feldherr den Rest des Jahres seine Truppen in dem Lager bei Urso (Osuna suedoestlich von Sevilla) zusammen, ohne die angebotene Feldschlacht zu liefern, und nahm erst im folgenden (610 144), nachdem im kleinen Krieg seine Truppen kampffaehig geworden waren, wieder das Feld, wo er dann die Ueberlegenheit zu behaupten vermochte und nach gluecklichen Waffentaten nach Corduba ins Winterlager ging. Als aber an Maximus' Stelle der feige und ungeschickte Praetor Quinctius den Befehl uebernahm, erlitten die Roemer wiederum eine Niederlage ueber die andere und schloss ihr Feldherr sich wieder mitten im Sommer in Corduba ein, waehrend Viriathus' Scharen die suedliche Provinz ueberschwemmten (611 143). Sein Nachfolger, des Maximus Aemilianus Adoptivbruder Quintus Fabius Maximus Servilianus, mit zwei frischen Legionen und zehn Elefanten nach der Halbinsel gesendet, versuchte, in das lusitanische Gebiet einzudringen, allein nach einer Reihe nichts entscheidender Gefechte und einem muehsam abgeschlagenen Sturm auf das roemische Lager sah er sich genoetigt, auf das roemische Gebiet zurueckzuweichen. Viriathus folgte ihm in die Provinz; da aber seine Truppen nach dem Brauch spanischer Insurgentenheere ploetzlich sich verliefen, musste auch er nach Lusitanien zurueckkehren (612 142). Im naechsten Jahre (613 141) ergriff Servilianus wieder die Offensive, durchzog die Gegenden am Baetis und Anas und besetzte sodann, in Lusitanien einrueckend, eine Menge Ortschaften. Eine grosse Zahl der Insurgenten fiel in seine Hand; die Fuehrer - es waren deren gegen 500 - wurden hingerichtet, den aus roemischem Gebiet zum Feinde Uebergegangenen die Haende abgehauen, die uebrige Masse in die Sklaverei verkauft. Aber der Spanische Krieg bewaehrte auch hier seine tueckische Unbestaendigkeit. Das roemische Heer ward nach all diesen Erfolgen bei der Belagerung von Erisane von Viriathus angegriffen, geworfen und auf einen Felsen gedraengt, wo es gaenzlich in der Gewalt der Feinde war. Viriathus indes begnuegte sich, wie einst der Samnitenfeldherr in den Caudinischen Paessen, mit Servilianus einen Frieden abzuschliessen, worin die Gemeinde der Lusitaner als souveraen und Viriathus als Koenig derselben anerkannt ward. Die Macht der Roemer war nicht mehr gestiegen als das nationale Ehrgefuehl gesunken; man war in der Hauptstadt froh, des laestigen Krieges entledigt zu sein, und Senat und Volk gaben dem Vertrage die Ratifikation. Allein des Servilianus leiblicher Bruder und Amtsnachfolger Quintus Servilius Caepio war mit dieser Nachgiebigkeit wenig zufrieden und der Senat schwach genug, anfangs den Konsul zu heimlichen Machinationen gegen den Viriathus zu bevollmaechtigen und bald ihm den offenen, unbeschoenigten Bruch des gegebenen Treuworts wenigstens nachzusehen. So drang Caepio in Lusitanien ein und durchzog das Land bis zu dem Gebiet der Vettonen und Callaeker; Viriathus vermied den Kampf mit der Uebermacht und entzog sich durch geschickte Bewegungen dem Gegner (614 140). Als aber im folgenden Jahre (615 139) nicht bloss Caepio den Angriff erneuerte, sondern auch das in der noerdlichen Provinz inzwischen verfuegbar gewordene Heer unter Marcus Popillius in Lusitanien erschien, bat Viriathus um Frieden unter jeder Bedingung. Er ward geheissen, alle aus dem roemischen Gebiet zu ihm uebergetretenen Leute, darunter seinen eigenen Schwiegervater, an die Roemer auszuliefern; es geschah, und die Roemer liessen dieselben hinrichten oder ihnen die Haende abhauen. Allein es war damit nicht genug; nicht auf einmal pflegten die Roemer den Unterworfenen anzukuendigen, was ueber sie verhaengt war. Ein Befehl nach dem andern, und immer der folgende unertraeglicher als die vorhergehenden, erging an die Lusitaner, und schliesslich ward sogar die Auslieferung der Waffen von ihnen gefordert. Da gedachte Viriathus abermals des Schicksals seiner Landsleute, die Galba hatte entwaffnen lassen, und griff aufs neue zum Schwert, aber zu spaet. Sein Schwanken hatte in seiner naechsten Umgebung die Keime des Verrats gesaet; drei seiner Vertrauten, Audas, Ditalko und Minucius aus Urso, verzweifelnd an der Moeglichkeit, jetzt noch zu siegen, erwirkten von dem Koenig die Erlaubnis, noch einmal mit Caepio Friedensunterhandlungen anzuknuepfen, und benutzten sie, um gegen Zusicherung persoenlicher Amnestie und weiterer Belohnungen das Leben des lusitanischen Helden den Fremden zu verkaufen. Zurueckgekehrt in das Lager, versicherten sie den Koenig des guenstigsten Erfolgs ihrer Verhandlungen und erdolchten die Nacht darauf den Schlafenden in seinem Zelte. Die Lusitaner ehrten den herrlichen Mann durch eine Totenfeier ohnegleichen, bei der zweihundert Fechterpaare die Leichenspiele fochten; hoeher noch dadurch, dass sie den Kampf nicht aufgaben, sondern an die Stelle des gefallenen Helden den Tautamus zu ihrem Oberfeldherrn ernannten. Kuehn genug war auch der Plan, den dieser entwarf, den Roemern Sagunt zu entreissen; allein der neue Feldherr besass weder seines Vorgaengers weise Maessigung noch dessen Kriegsgeschick. Die Expedition scheiterte voellig, und auf der Rueckkehr
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