monopolisieren; und es war nicht
karthagische Art, vor irgendeiner zum Zwecke fuehrenden
Gewaltsamkeit zurueckzuscheuen. Ein Zeitgenosse der Punischen
Kriege, der Vater der Geographie Eratosthenes (479-560 275-194),
bezeugt es, dass jeder fremde Schiffer, welcher nach Sardinien oder
nach der Gaditanischen Strasse fuhr, wenn er den Karthagern in die
Haende fiel, von ihnen ins Meer gestuerzt ward; und damit stimmt es
voellig ueberein, dass Karthago den roemischen Handelsschiffen die
spanischen, sardinischen und libyschen Haefen durch den Vertrag vom
Jahre 406 (348) freigab, dagegen durch den vom Jahre 448 (306) sie
ihnen mit Ausnahme des eigenen karthagischen saemtlich schloss. Die
Verfassung Karthagos bezeichnet Aristoteles, der etwa fuenfzig Jahre
vor dein Anfang des Ersten Punischen Krieges starb, als uebergegangen
aus der monarchischen in eine Aristokratie oder in eine zur Oligarchie
sich neigende Demokratie; denn mit beiden Namen benennt er sie. Die
Leitung der Geschaefte stand zunaechst bei dem Rat der Alten, welcher
gleich der spartanischen Gerusia bestand aus den beiden jaehrlich von
der Buergerschaft ernannten Koenigen und achtundzwanzig
Gerusiasten, die auch, wie es scheint, Jahr fuer Jahr von der
Buergerschaft erwaehlt wurden. Dieser Rat ist es, der im wesentlichen
die Staatsgeschaefte erledigt, zum Beispiel die Einleitungen zum
Kriege trifft, die Aushebungen und Werbungen anordnet, den Feldherrn
ernennt und ihm eine Anzahl Gerusiasten beiordnet, aus denen dann
regelmaessig die Unterbefehlshaber genommen werden; an ihn werden
die Depeschen adressiert. Ob neben diesem kleinen Rat noch ein
grosser stand, ist zweifelhaft; auf keinen Fall hatte er viel zu bedeuten.
Ebensowenig scheint den Koenigen ein besonderer Einfluss
zugestanden zu haben; hauptsaechlich funktionierten sie als Oberrichter,
wie sie nicht selten auch heissen (Schofeten, praetores). Groesser war
die Gewalt des Feldherrn; Isokrates, Aristoteles' aelterer Zeitgenosse,
sagt, dass die Karthager sich daheim oligarchisch, im Felde aber
monarchisch regierten und so mag das Amt des karthagischen
Feldherrn mit Recht von roemischen Schriftstellern als Diktatur
bezeichnet werden, obgleich die ihm beigegebenen Gerusiasten
tatsaechlich wenigstens seine Macht beschraenken mussten, und ebenso
nach Niederlegung des Amtes ihn eine den Roemern unbekannte
ordentliche Rechenschaftslegung erwartete. Eine feste Zeitgrenze
bestand fuer das Amt des Feldherrn nicht, und es ist derselbe also
schon deshalb vom Jahrkoenig unzweifelhaft verschieden gewesen, von
dem ihn auch Aristoteles ausdruecklich unterscheidet; doch war die
Vereinigung mehrerer Aemter in einer Person bei den Karthagern
ueblich, und so kann es nicht befremden, dass oft derselbe Mann
zugleich als Feldherr und als Schofet erscheint. Aber ueber der Gerusia
und ueber den Beamten stand die Koerperschaft der Hundertvier-,
kuerzer Hundertmaenner oder der Richter, das Hauptbollwerk der
karthagischen Oligarchie. In der urspruenglichen karthagischen
Verfassung fand sie sich nicht, sondern sie war gleich dem
spartanischen Ephorat hervorgegangen aus der aristokratischen
Opposition gegen die monarchischen Elemente derselben. Bei der
Kaeuflichkeit der Aemter und der geringen Mitgliederzahl der
hoechsten Behoerde drohte eine einzige durch Reichtum und
Kriegsruhm vor allen hervorleuchtende karthagische Familie, das
Geschlecht des Mago, die Verwaltung in Krieg und Frieden und die
Rechtspflege in ihren Haenden zu vereinigen; dies fuehrte ungefaehr
um die Zeit der Dezemvirn zu einer Aenderung der Verfassung und zur
Einsetzung dieser neuen Behoerde. Wir wissen, dass die Bekleidung
der Quaestur ein Anrecht gab zum Eintritt in die Richterschaft, dass
aber dennoch der Kandidat einer Wahl unterlag durch gewisse sich
selbst ergaenzende Fuenfmaennerschaften; ferner dass die Richter,
obwohl sie rechtlich vermutlich von Jahr zu Jahr gewaehlt wurden,
doch tatsaechlich laengere Zeit, ja lebenslaenglich im Amt blieben,
weshalb sie bei den Roemern und Griechen gewoehnlich Senatoren
genannt werden. So dunkel das einzelne ist, so klar erkennt man das
Wesen der Behoerde als einer aus aristokratischer Kooptation
hervorgehenden oligarchischen; wovon eine vereinzelte, aber
charakteristische Spur ist, dass in Karthago neben dem gemeinen
Buerger- ein eigenes Richterbad bestand. Zunaechst waren sie
bestimmt zu fungieren als politische Geschworene, die namentlich die
Feldherren, aber ohne Zweifel vorkommendenfalls auch die Schofeten
und Gerusiasten nach Niederlegung ihres Amtes zur Verantwortung
zogen und nach Gutduenken, oft in ruecksichtslos grausamer Weise,
selbst mit dem Tode bestraften. Natuerlich ging hier wie ueberall, wo
die Verwaltungsbehoerden unter Kontrolle einer anderen Koerperschaft
gestellt werden, der Schwerpunkt der Macht ueber von der
kontrollierten auf die kontrollierende Behoerde; und es begreift sich
leicht, teils dass die letztere allenthalben in die Verwaltung eingriff,
wie denn zum Beispiel die Gerusia wichtige Depeschen erst den
Richtern vorlegt und dann dem Volke, teils dass die Furcht vor der
regelmaessig nach dem Erfolg abgemessenen Kontrolle daheim den
karthagischen Staatsmann wie den Feldherrn in Rat und Tat laehmte.
Die karthagische Buergerschaft scheint, wenn auch nicht wie in Sparta
ausdruecklich auf die passive Assistenz bei den Staatshandlungen
beschraenkt, doch tatsaechlich dabei nur in einem sehr geringen Grade
von Einfluss gewesen zu sein. Bei den Wahlen in die Gerusia war ein
offenkundiges Bestechungssystem Regel; bei der Ernennung eines
Feldherrn wurde das Volk zwar befragt, aber wohl erst, wenn durch
Vorschlag der Gerusia der Sache nach die Ernennung erfolgt war; und
in anderen Faellen ging man nur an das Volk, wenn
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