Roemische Geschichte, Band 3 | Page 8

Theodor Mommsen
Inseln in der Naehe, die Aegaten, Melite, Gaulos, Kossyra, unter denen namentlich die Ansiedlung auf Malta reich und bluehend war, teils die West- und Nordwestkueste Siziliens, wo sie von Motye, spaeter von Lilybaeon aus die Verbindung mit Afrika, von Panormos und Soloeis aus die mit Sardinien unterhielten. Das Innere der Insel blieb in dem Besitz der Eingeborenen, der Elymer, Sikaner, Sikeler. Es hatte sich in Sizilien, nachdem das weitere Vordringen der Griechen gebrochen war, ein verhaeltnismaessig friedlicher Zustand hergestellt, den selbst die von den Persern veranlasste Heerfahrt der Karthager gegen ihre griechischen Nachbarn auf der Insel (274 480) nicht auf die Dauer unterbrach und der im ganzen fortbestand bis auf die attische Expedition nach Sizilien (339-341 415-413). Die beiden rivalisierenden Nationen bequemten sich, einander zu dulden, und beschraenkten sich im wesentlichen jede auf ihr Gebiet. Alle diese Niederlassungen und Besitzungen waren an sich wichtig genug; allein noch von weit groesserer Bedeutung insofern, als sie die Pfeiler der karthagischen Seeherrschaft wurden. Durch den Besitz Suedspaniens, der Balearen, Sardiniens, des westlichen Sizilien und Melites in Verbindung mit der Verhinderung hellenischer Kolonisierung, sowohl an der spanischen Ostkueste als auf Korsika und in der Gegend der Syrten machten die Herren der nordafrikanischen Kueste ihre See zu einer geschlossenen und monopolisierten die westliche Meerenge. Nur das Tyrrhenische und gallische Meer mussten die Phoeniker mit andern Nationen teilen. Es war dies allenfalls zu ertragen, solange die Etrusker und die Griechen sich hier das Gleichgewicht hielten; mit den ersteren als den minder gefaehrlichen Nebenbuhlern trat Karthago sogar gegen die Griechen in Buendnis. Indes als nach dem Sturz der etruskischen Macht, den, wie es zu gehen pflegt bei derartigen Notbuendnissen, Karthago wohl schwerlich mit aller Macht abzuwenden bestrebt gewesen war, und nach der Vereitelung der grossen Entwuerfe des Alkibiades Syrakus unbestritten dastand als die erste griechische Seemacht, fingen begreiflicherweise nicht nur die Herren von Syrakus an, nach der Herrschaft ueber Sizilien und Unteritalien und zugleich ueber das Tyrrhenische und Adriatische Meer zu streben, sondern wurden auch die Karthager gewaltsam in eine energischere Politik gedraengt. Das naechste Ergebnis der langen und hartnaeckigen Kaempfe zwischen ihnen und ihrem ebenso maechtigen als schaendlichen Gegner Dionysios von Syrakus (348-389 406-365) war die Vernichtung oder Schwaechung der sizilischen Mittelstaaten, die im Interesse beider Parteien lag und die Teilung der Insel zwischen den Syrakusanern und den Karthagern. Die bluehendsten Staedte der Insel: Selinus, Himera, Akragas, Gela, Messana, wurden im Verlauf dieser heillosen Kaempfe von den Karthagern von Grund aus zerstoert; nicht ungern sah Dionysios, wie das Hellenentum hier zugrunde ging oder doch geknickt ward, um sodann, gestuetzt auf die fremden, aus Italien, Gallien und Spanien angeworbenen Soeldner, die veroedeten oder mit Militaerkolonien belegten Landschaften desto sicherer zu beherrschen. Der Friede, der nach des karthagischen Feldherrn Mago Sieg bei Kronion 371 (383) abgeschlossen ward und den Karthagern die griechischen Staedte Thermae (das alte Himera), Egesta, Herakleia Minoa, Selinus und einen Teil des Gebietes von Akragas bis an den Halykos unterwarf, galt den beiden um den Besitz der Insel ringenden Maechten nur als vorlaeufiges Abkommen; immer von neuem wiederholten sich beiderseits die Versuche, den Nebenbuhler ganz zu verdraengen. Viermal - zur Zeit des aelteren Dionysios 360 (394), in der Timoleons 410 (344), in der des Agathokles 445 (309), in der pyrrhischen 476 (278) - waren die Karthager Herren von ganz Sizilien bis auf Syrakus und scheiterten an dessen festen Mauern; fast ebenso oft schienen die Syrakusaner unter tuechtigen Fuehrern, wie der aeltere Dionysios, Agathokles und Pyrrhos waren, ihrerseits ebenso nahe daran, die Afrikaner von der Insel zu verdraengen. Mehr und mehr aber neigte sich das Uebergewicht auf die Seite der Karthager, von denen regelmaessig der Angriff ausging und die, wenn sie auch nicht mit roemischer Stetigkeit ihr Ziel verfolgten, doch mit weit groesserer Planmaessigkeit und Energie den Angriff betrieben als die von Parteien zerrissene und abgehetzte Griechenstadt die Verteidigung. Mit Recht durften die Phoeniker erwarten, dass nicht immer eine Pest oder ein fremder Condottiere die Beute ihnen entreissen wuerde; und vorlaeufig war wenigstens zur See der Kampf schon entschieden: Pyrrhos' Versuch, die syrakusanische Flotte wiederherzustellen, war der letzte. Nachdem dieser gescheitert war, beherrschte die karthagische Flotte ohne Nebenbuhler das ganze westliche Mittelmeer; und ihre Versuche, Syrakus, Rhegion, Tarent zu besetzen, zeigten, was man vermochte und wohin man zielte. Hand in Hand damit ging das Bestreben, den Seehandel dieser Gegend immer mehr sowohl dem Ausland wie den eigenen Untertanen gegenueber zu monopolisieren; und es war nicht karthagische Art, vor irgendeiner zum Zwecke fuehrenden Gewaltsamkeit zurueckzuscheuen. Ein Zeitgenosse der Punischen Kriege, der Vater der Geographie Eratosthenes (479-560 275-194), bezeugt es, dass jeder fremde Schiffer, welcher nach Sardinien oder nach der Gaditanischen Strasse fuhr, wenn er den Karthagern in die Haende fiel, von ihnen ins Meer gestuerzt ward; und damit stimmt es voellig ueberein, dass Karthago den roemischen Handelsschiffen die spanischen, sardinischen und libyschen Haefen durch den Vertrag vom
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