diesem Amte
strebten; und als der hitzigsten Einer ist hier der Schriftführer des
Weldon-Institutes zu erwähnen.
Es war das der ebenfalls sehr reiche Phil Evans, der Director der
Walton Watch Company, einer gewaltigen Uhrenfabrik, welche
tagtäglich 500 Stück Zeitmesser erzeugt und Producte liefert, die sich
den besten der Schweiz an die Seite stellen können. Phil Evans hätte
also für einen der glücklichen Menschen der Welt selbst in den
Vereinigten Staaten gelten können, wenn man von jener Stellung des
Onkel Prudent absah. Wie letzterer, war auch er 45 Jahre alt, von
scheinbar unerschütterlicher Gesundheit, wie jener von unzweifelhafter
Kühnheit, und sorgte er sich wenig darum, die gewissen Vorzüge des
Junggesellenstandes gegen die oft zweifelhaften Vortheile der Ehe zu
vertauschen. Wahrlich, das waren zwei Männer, wie geschaffen,
einander zu verstehen, die sich doch nicht verstanden, und Beide, was
wohl zu bemerken ist, von ungemein stark entwickeltem Charakter, der
Eine, Onkel Prudent, hitzig, der Andere, Phil Evans, eiskalt bis zum
Uebermaße.
Und woher kam es, daß Phil Evans nicht zum Vorsitzenden des Clubs
ernannt worden war? Die Stimmenzahl für Onkel Prudent und für ihn
war die genau gleiche gewesen. Wohl zwanzig Mal wurde die
Abstimmung wiederholt, aber auch zwanzig Mal ergab sich eine
Majorität weder für den Einen, noch für den Anderen. Das war eine
peinliche Lage, welche wahrscheinlich die Lebenszeit der beiden
Candidaten hätte überdauern können.
Da schlug ein Mitglied des Clubs ein Mittel vor, die Stimmengleichheit
aufzuheben. Es war Jem Cip, der Schatzmeister des Weldon-Institutes.
Jem Cip war eingefleischter Vegetarianer, mit anderen Worten,
ausschließlicher Gemüseesser, einer der Leute, die jede Fleischnahrung,
wie alle gegohrenen Getränke verwarfen -- halb Brahmanen und halb
Muselmänner -- der Rival eines Nievmann, Pitmann, Ward und Davie,
welche der Secte dieser unschuldigen Thoren einen gewissen Namen
gemacht haben.
Bei vorliegender Gelegenheit wurde Jem Cip von einem anderen
Mitglied des Clubs unterstützt, von William T. Forbes, dem Director
einer großen Anstalt, in der Glucose durch Behandlung von Lumpen
mit Schwefelsäure hergestellt wurde -- ein Verfahren, nach dem man
also Zucker aus alter Wäsche zu erzeugen vermag. Es war ein gut
situirter Mann, dieser William T. Forbes, und Vater von zwei reizenden,
bejahrteren Töchtern, der Miß Dorothee, genannt Doll, und der Miß
Martha, genannt Mat, die in der besten Gesellschaft von Philadelphia
den Ton angaben.
Der von William T. Forbes nebst einigen Anderen unterstützte
Vorschlag Jem Cip's ging nun dahin, den Vorsitzenden des Clubs durch
den Mittelpunkt zu bestimmen.
Wahrlich, dieser Wahlmodus könnte in allen Fällen angewendet
werden, wo es sich darum handelt, den Würdigsten zu erwählen, und
sehr viele, höchst vernünftige Amerikaner dachten auch schon daran,
denselben bei der Ernennung des Präsidenten der Vereinigten Staaten
zur Anwendung zu bringen.
Auf zwei tadellos weiße Tafeln wurde hierzu je eine schwarze Linie
gezogen. Die Länge beider war mathematisch genau die gleiche, denn
man hatte dieselbe mit ebenso viel Sorgfalt abgemessen, als handelte es
sich dabei um die Grundlinien des ersten Dreiecks einer
Triangulationsarbeit. Hierauf wurden beide Tafeln am nämlichen Tage
inmitten des Sitzungssaales der Gesellschaft aufgestellt; die beiden
Wettbewerber versahen sich Jeder mit einer sehr feinspitzigen Nadel
und gingen wieder gleichzeitig auf die, Jedem durch das Loos
zugefallene Tafel zu. Derjenige der beiden Rivalen aber, welcher seine
Nadel am nächsten dem Mittelpunkte der Linie einstechen würde, sollte
damit zum Vorsitzenden des Weldon-Institutes gewählt sein.
Es versteht sich von selbst, daß hierbei jedes Hilfsmittel, jedes
Umhertappen verboten und nur die Sicherheit des Blicks entscheidend
war. Es galt, nach volksthümlichem Ausdruck, den Zirkel im Auge zu
haben.
Onkel Prudent stach seine Nadel ein und zu gleicher Zeit Phil Evans.
Darauf wurde nachgemessen, welcher der beiden Konkurrenten sich
dem Mittelpunkte am meisten genähert hatte.
Welches Wunder! Die beiden Männer hatten so vortreffliches
Augenmaß entwickelt, daß die Messungen keinen schätzenswerthen
Unterschied ergaben. War von ihnen auch nicht genau der
mathematische Mittelpunkt getroffen worden, so erwies sich der Raum
zwischen diesem und den beiden Nadeln kaum merkbar und schien bei
beiden obendrein noch gleich groß zu sein.
Die Versammlung befand sich nun in neuer Verlegenheit.
Zum Glück bestand eines der Mitglieder, Truk Milnor, darauf, die
Messungen mit Hilfe eines mit Perreaux' mikrometischer Maschine
getheilten Lineals noch einmal vorzunehmen, welche die Möglichkeit
gewährt noch ein Fünfzehnhundertstel eines Millimeters abzulesen.
Auf dem Lineal waren in der That fünfzehnhundert Abtheilungen auf
einem solchen kleinen Raum mittelst Diamant eingeritzt, und bei
Abmessung der Entfernung der Stiche von den betreffenden
Mittelpunkten erhielt man folgendes Resultat:
Onkel Prudent hatte sich dem Mittelpunkt auf weniger als sechs
fünfzehnhundertstel Millimeter genähert, Phil Evans auf nahezu neun
fünfzehnhundertstel.
Daher kam es, daß Phil Evans nur Schriftführer des Weldon-Institutes
wurde, während Onkel Prudent die Würde des Präsidenten desselben
erhielt.
Einer Entfernung von drei fünfzehnhundertstel, mehr hatte es nicht
bedurft, um Phil Evans mit Haß gegen Onkel Prudent zu erfüllen, mit
einem Haß, der, wenn er ihn auch in sich verschloß, doch nicht minder
grimmig war.
Jener Zeit,
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.