Richard III | Page 2

William Shakespeare
Eduard treu und echt, Wie ich verschmitzt,
falsch und verräterisch, So muß heut Clarence eng verhaftet werden,
Für eine Weissagung, die sagt, daß G Den Erben Eduards nach dem
Leben steh'. Taucht unter, ihr Gedanken! Clarence kommt.
(Clarence kommt mit Wache und Brakenbury.)
Mein Bruder, guten Tag! Was soll die Wache Bei Euer Gnaden?
Clarence. Seine Majestät, Besorgt um meine Sicherheit, verordnet Mir
dies Geleit, mich nach dem Turm zu schaffen.
Gloster. Aus welchem Grund?
Clarence. Weil man mich George nennt.
Gloster. Ach, Mylord, das ist Euer Fehler nicht, Verhaften sollt' er
darum Eure Paten. Oh, vielleicht hat Seine Majestät im Sinn, Umtaufen
Euch zu lassen dort im Turm. Doch was bedeutet's, Clarence? Darf
ich's wissen?
Clarence. Ja, Richard, wann ich's weiß: denn ich beteure, Noch weiß
ich's nicht; nur dies hab ich gehört, Er horcht auf Weissagungen und
auf Träume, Streicht aus dem Alphabet den Buchstab G Und spricht,
ein Deuter sagt' ihm, daß durch G Enterbung über seinen Stamm ergeh';
Und weil mein Name George anfängt mit G, So denkt er, folgt, daß es
durch mich gescheh'. Dies, wie ich hör, und Grillen, diesen gleich,
Bewogen Seine Hoheit zum Verhaft.
Gloster. So geht's, wenn Weiber einen Mann regieren. ‘s ist Eduard
nicht, der in den Turm Euch schickt; Mylady Grey, sein Weib,
Clarence, nur sie Reizt ihn zu diesem harten Äußersten. War sie es
nicht und jener Mann der Ehren, Ihr guter Bruder, Anton Wondeville,
Die in den Turm Lord Hastings schicken ließen, Von wo er eben heute

losgekommen? Wir sind nicht sicher, Clarence, sind nicht sicher.
Clarence. Beim Himmel, niemand ist es, als die Sippschaft Der
Königin und nächtliche Herolde, Des Königs Botenläufer zu Frau
Shore. Hörtet Ihr nicht, wie sich demütig flehend Lord Hastings um
Befreiung an sie wandte?
Gloster. Demütig klagend ihrer Göttlichkeit Ward der Herr
Oberkämmerer befreit. Hört an, ich denk, es wär' die beste Art, Wenn
wir in Gunst beim König bleiben wollen, Bei ihr zu dienen und Livrei
zu tragen. Die eifersücht'ge abgenutzte Witwe Und jene, seit mein
Bruder sie geadelt, Sind mächtige Gevatterfrau'n im Reich.
Brakenbury. Ich ersuch Eu'r Gnaden beide zu verzeihn, Doch Seine
Majestät hat streng befohlen, Daß niemand, welches Standes er auch
sei, Soll sprechen insgeheim mit seinem Bruder.
Gloster. Ja so! Beliebt's Eu'r Edeln, Brakenbury, So hört nur allem, was
wir sagen, zu: Es ist kein Hochverrat, mein Freund. Wir sagen, Der
König sei so weis' als tugendsam, Und sein verehrtes Ehgemahl an
Jahren Ansehnlich, schön und ohne Eifersucht; Wir sagen, Shores Weib
hab' ein hübsches Füßchen, Ein Kirschenmündchen, Äugelein und
wundersüße Zunge, Und daß der Kön'gin Sippschaft adlig worden. Was
sagt Ihr, Herr? ist alles das nicht wahr?
Brakenbury. Mylord, ich bin bei allem dem nichts nutz.
Gloster. Nichtsnutzig bei Frau Shore? Hör an, Gesell: Ist wer bei ihr
nichtsnutzig, als der eine, Der tät' es besser insgeheim, alleine.
Brakenbury. Als welcher eine, Mylord?
Gloster. Ihr Mann, du Schuft; willst du mich fangen?
Brakenbury. Ich ersuch Eu'r Gnaden zu verzeihn, wie auch Nicht mehr
zu sprechen mit dem edlen Herzog.
Clarence. Wir kennen deinen Auftrag, Brakenbury, Und wolln
gehorchen.
Gloster. Wir sind die Verworfnen Der Königin und müssen schon
gehorchen. Bruder, lebt wohl! Ich will zum König gehn, Und wozu
irgend Ihr mich brauchen wollt, Müßt' ich auch Eduards Witwe
Schwester nennen, Ich will's vollbringen, um Euch zu befrein. Doch
diese tiefe Schmach der Brüderschaft Rührt tiefer mich, als Ihr Euch
denken könnt.
Clarence. Ich weiß es, sie gefällt uns beiden nicht.
Gloster. Wohl, Eu'r Verhaft wird nicht von Dauer sein: Ich mach Euch

frei, sonst lieg ich selbst für Euch. Indessen habt Geduld.
Clarence. Ich muß; leb wohl!
(Clarence mit Brakenbury und der Wache ab.)
Gloster. Geh nur des Wegs, den du nie wiederkehrst, Einfält'ger
Clarence! So sehr lieb ich dich, Ich sende bald dem Himmel deine
Seele, Wenn er die Gab' aus unsrer Hand will nehmen. Doch wer
kommt da? der neubefreite Hastings?
(Hastings tritt auf.)
Hastings. Vergnügten Morgen meinem gnäd'gen Herrn!
Gloster. Das gleiche meinem lieben Kämmerer! Seid sehr willkommen
in der freien Luft. Wie fand Eu'r Gnaden sich in den Verhaft?
Hastings. Geduldig, edler Herr, wie man wohl muß; Doch hoff ich
denen Dank einst abzustatten, Die schuld gewesen sind an dem
Verhaft.
Gloster. Gewiß, gewiß! und das wird Clarence auch: Die Eure Feinde
waren, sind die seinen Und haben Gleiches wider ihn vermocht.
Hastings. Ja, leider wird der Adler eingesperrt, Und Gei'r und Habicht
rauben frei indes.
Gloster. Was gibt es Neues draußen?
Hastings. So Schlimmes draußen nichts, als hier zu Haus. Der Fürst ist
kränklich, schwach und melancholisch, Und seine Ärzte fürchten
ungemein.
Gloster. Nun, bei Sankt Paul! die Neuigkeit ist schlimm. Oh, er hat
lange schlecht Diät gehalten Und seine fürstliche Person verzehrt. Es ist
ein Herzeleid, wenn man's bedenkt. Sagt, hütet er das Bett?
Hastings. Er tut's.
Gloster. Geht nur
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