den ich in Marseille gelassen,
hätte von dort kommen lassen können. Nach unserer Rückkehr vom
Orinoko gab ich Auftrag, mir denselben nach der Havana zu schicken,
aber ohne Erfolg; weder diese Apparat, noch die achromatischen
Fernröhren und der Thermometer von Arnold, die ich in London
bestellt, sind mir in Amerika zugekommen.
Getrennt von unseren Instrumenten, die sich an Bord der Corvette
befanden, brachten wir noch zwei Tage in Corunna zu. Ein dichter
Nebel, der den Horizont bedeckte verkündete endlich die sehnlich
erwartete Aenderung des Wetters. Am 4. Juni abends drehte sich der
Wind nach Nordost, welche Windrichtung an der Küste von Galizien in
der schönen Jahreszeit für sehr beständig gilt. Am fünften ging der
Pizarro wirklich unter Segel, obgleich wenige Stunden zuvor die
Nachricht angelangt war, eine englische Escadre sey vom Wachtposten
Sisarga signalisirt worden und scheine nach der Mündung des Tajo zu
segeln. Die Leute, welche unsere Corvette die Anker lichten sahen,
äußerten laut, ehe drei Tage vergehen, seyen wir aufgebracht und mit
dem Schiffe, dessen Los wir teilen müßten, auf dem Wege nach
Lissabon. Diese Prophezeiung beunruhigte uns um so mehr, als wir in
Madrid Mexicaner kennengelernt hatten, die sich dreimal in Cadiz nach
Veracruz eingeschifft hatten, jedesmal aber fast unmittelbar vor dem
Hafen aufgebracht worden und über Portugal nach Spanien
zurückgekehrt waren.
Um zwei Uhr nachmittags war der Pizarro unter Segel. Der Canal,
durch den man aus dem Hafen von Corunna fährt, ist lang und schmal;
da er sich gegen Nord öffnet und der Wind uns entgegen war, mußten
wir acht kleine Schläge machen, von denen drei so gut wie verloren
waren. Gewendet wurde immer äußerst langsam, und einmal, unter
dem Fort St. Amarro, schwebten wir in Gefahr, da uns die Strömung
sehr nahe an die Klippen trieb, an denen sich das Meer mit Ungestüm
bricht. Unsere Blicke hingen am Schloß St. Antonio, wo damals der
unglückliche Malaspina als Staatsgefangener saß. Im Augenblick, da
wir Europa verließen, um Länder zu besuchen, welche dieser
bedeutende Forscher mit so vielem Erfolg bereist hat, hätte ich mit
meinen Gefährten gern bei einem minder traurigen Gegenstande
verweilt.
Um sechs ein halb Uhr kamen wir am Thurm des Herkules vorüber,
von dem oben die Rege war, der Corunna als Leuchtthurm dient, und
auf dem man seit ältesten Zeiten ein Steinkohlenfeuer unterhält. Der
Schein dieses Feuers steht in schlechtem Verhältnis mit dem schönen
stattlichen Bauwerk; es ist so schwach, daß die Schiffe es erst gewahr
werden, wenn sie bereits Gefahr laufen zu stranden. Bei Einbruch der
Nacht wurde die See sehr unruhig und der Wind bedeutend frischer.
Wir steuerten gegen Nordwest, um nicht den englischen Fregatten zu
begegnen, die, wie man glaubte, in diesen Strichen kreuzten. Gegen
neun Uhr sahen wir das Licht in einer Fischerhütte von Sisarga, das
letzte, was uns von der Küste von Europa zu Gesicht kam. Mit der
zunehmenden Entfernung verschmolz der schwache Schimmer mit dem
Licht der Sterne, die am Horizont aufgingen, und unwillkürlich blieben
unsere Blicke daran hängen. Dergleichen Eindrücke vergißt einer nie,
der in einem Alter, wo die Empfindung noch ihre volle Tiefe und Kraft
besitzt, eine weite Seereise angetreten hat. Welche Erinnerungen
werden in der Einbildungskraft wach, wenn so ein leuchtender Punkt in
finsterer Nacht, der von Zeit zu Zeit aus den bewegten Wellen aufblitzt,
die Küste des Heimatlandes bezeichnet!
Wir mußten die Segel einziehen. Wir segelten zehn Knoten in der
Stunde, obgleich die Corvette nicht zum Schnellsegeln gebaut war. Um
sechs Uhr morgens wurde das Schlingern so heftig, daß die kleine
Bramstange brach. Der Unfall hatte indessen keine schlimmen Folgen.
Wir brauchten zu Ueberfahrt von Corunna nach den Canarien dreizehn
Tage, und dies war lang genug, um uns in so stark befahrenen Strichen
wie die Küsten von Portugal der Gefahr auszusetzen, auf englische
Schiffe zu stoßen. Die ersten drei Tage zeigte sich kein Segel am
Horizont, und dies beruhigte nachgerade unsere Mannschaft, die sich
auf kein Gefecht einlassen konnte.
Am 7. liefen wir über den Parallelkreis von Cap Finisterre. Die Gruppe
von Granitfelsen, die dieses Vorgebirge, wie das Vorgebirge Toriañes
und den Berg Corcubion bilden, heißt Sierra de Toriñona. Das Cap
Finisterre ist niedriger als das Land umher, aber die Toriñona ist auf
hoher See 76,5 km weit sichtbar, woraus folgt, daß die höchsten Gipfel
derselben nicht unter 582 m hoch seyn können.
Am 8. bei Sonnenuntergang wurde von den Masten ein englisches
Convoi signalisiert, das gegen Südost an der Küste hinsteuerte. Ihm zu
entgehen, wichen wir die Nacht hindurch aus unserem Curs. Damit
durften wir in der großen Cajüte kein Licht mehr haben, um nicht von
weitem bemerkt zu werden. Diese Vorsicht, die an Bord aller
Kauffahrer beobachtet wird und in dem Reglement für die Paketboote
der königlichen Marine vorgeschrieben ist, brachte uns tödtliche
Langeweile auf den vielen Ueberfahrten, die wir in fünf Jahren
gemacht hatten. Wir mußten uns fortwährend der Blendlaternen
bedienen, um die

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