er ihm für seine wissenschaftlichen Zwecke und bei den
staatlichen Verhältnissen der zu bereisenden Länder die angemessenste
scheint; er mag sich die Mittel verschaffen, die ihm fern vom
Heimathland auf Jahre die Unabhängigkeit sicher, aber gar oft
widersetzen sich unvorhergesehene Hindernisse seinem Vorhaben,
wenn er eben meint, es ausführen zu können. Nicht leicht hat aber ein
Reisender mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt als ich vor
meiner Abreise nach dem spanischen Amerika. Gern wäre ich darüber
weggegangen und hätte meine Reisebeschreibungen mit der Besteigung
des Pic von Tenerifa begonnen, wenn nicht das Fehlschlagen meiner
ersten Pläne auf die Richtung meiner Reise nach der Rückkehr vom
Orinoko bedeutenden Einfluß geäußert hätte. Ich gebe daher eine
flüchtige Schilderung dieser Vorgänge, die für die Wissenschaft von
keinem Belang sind, von denen ich aber wünschen muß, daß sie richtig
beurteilt werden. Da nun einmal die Neugier des Publikums sich häufig
mehr an die Person des Reisenden als an seine Werke heftet, so sind
auch die Umstände, unter denen ich meine ersten Reisepläne entworfen,
ganz schief aufgefaßt worden.(1)
Von früher Jugend auf lebte in mir der sehnliche Wunsch, ferne, von
Europäern wenig besuchte Länder bereisen zu dürfen. Dieser Drang ist
bezeichnend für einen Zeitpunkt im Leben, wo dieses vor uns liegt wie
ein schrankenloser Horizont, wo uns nichts so sehr anzieht als starke
Gemüthsbewegung und Bilder physischer Fährlichkeiten. In einem
Lande aufgewachsen, das in keinem unmittelbaren Verkehr mit den
Kolonien in beiden Indien steht, später in einem fern von der
Meeresküste gelegenen, durch starken Bergbau berühmten Gebirge
lebend, fühlte ich den Trieb zur See und zu weiten Fahrten immer
mächtiger in mir werden. Dinge, die wir nur aus den lebendigen
Schilderungen der Reisenden kennen, haben ganz besonderen Reiz für
uns; Alles in Entlegenheit undeutlich Umrissene besticht unsere
Einbildungskraft; Genüsse, die uns nicht erreichbar sind, scheinen uns
weit lockender, als was uns im engen Kreise des bürgerlichen Lebens
bietet. Die Lust am Botanisiren, das Studium der Geologie, ein Ausflug
nach Holland, England und Frankreich in Gesellschaft eines berühmten
Mannes, Georg Forsters, dem das Glück geworden war, Capitän Cook
auf seiner zweiten Reise um die Welt zu begleiten, trugen dazu bei, den
Reiseplänen, die ich schon mit achtzehn Jahren gehegt, Gestalt und Ziel
zu geben. Wenn es mich noch immer in die schönen Länder des heißen
Erdgürtels zog, so war es jetzt nicht mehr der Drang nach einem
aufregenden Wanderleben, es war der Trieb, eine wilde, großartige, an
mannichfaltigen Naturprodukten reiche Natur zu sehen, die Aussicht,
Erfahrungen zu sammeln, welche die Wissenschaften förderten. Meine
Verhältnisse gestatteten mir damals nicht, Gedanken zu verwirklichen,
die mich so lebhaft beschäftigten, und ich hatte sechs Jahre Zeit, mich
zu den Beobachtungen, die ich in der Neuen Welt anzustellen gedachte,
vorzubereiten, mehrere Länder Europas zu bereisen und die Kette der
Hochalpen zu untersuchen, deren Bau ich in der Folge mit den Anden
von Quito und Peru vergleichen konnte. Da ich zu verschiedenen
Zeiten mit Instrumenten von verschiedener Construction arbeitete,
wählte ich am Ende diejenigen, die mir als die genauesten und dabei
auf dem Transport dauerhaftesten erschienen; ich fand Gelegenheit,
Messungen, die nach den strengsten Methoden vor genommen wurden,
zu wiederholen, und lernte so selbstständig die Grenzen der Irrthümer
kennen, auf die ich gefaßt seyn mußte.
Im Jahre 1795 hatte ich einen Teil von Italien bereist, aber die
vulkanischen Striche in Neapel und Sizilien nicht besuchen können.
Ungern hätte ich Europa verlassen, ohne Vesuv, Stromboli und Aetna
gesehen zu haben; ich sah ein, um zahlreiche geologische
Erscheinungen, namentlich in der Trappformation, richtig aufzufassen,
mußte ich mich mit den Erscheinungen, wie noch tätige Vulkane sie
bieten, näher bekannt gemacht haben. Ich entschloß mich daher im
November 1797, wieder nach Italien zu gehen. Ich hielt mich lange in
Wien auf, wo die ausgezeichneten Sammlungen und die Freundlichkeit
Jacquins und Josephs van der Schott mich in meinen vorbereitenden
Studien ausnehmend förderten; ich durchzog mit Leopold von Buch,
von dem seitdem ein treffliches Werk über Lappland erschienen ist,
mehrere Teile des Salzburger Landes und Steiermark, Länder, die für
den Geologen und Landschaftsmaler gleich viel Anziehendes haben;
als ich aber über die Tiroler Alpen gehen wollte, sah ich mich durch
den in ganz Italien ausgebrochenen Krieg genötigt, den Plan der Reise
nach Neapel aufzugeben.
Kurz zuvor hatte ein leidenschaftlicher Kunstfreund, der bereits die
Küsten Illyriens und Griechenlands als Alter thumsforscher besucht
hatte, mir den Vorschlag gemacht, ihn auf einer Reise nach
Oberegypten zu begleiten. Der Ausflug sollte nur acht Monate dauern;
geschickte Zeichner und astronomische Werkzeuge sollten uns
begleiten, und so wollten wir den Nil bis Assuan hinaufgehen und den
zwischen Tentyris und den Cataracten gelegenen Teil des Saïd genau
untersuchen. Ich hatte bis jetzt bei meinen Planen nie ein
außertropisches Land im Auge gehabt, dennoch konnte ich der
Versuchung nicht widerstehen, Länder zu besuchen, die in der
Geschichte der Kultur eine so bedeutende Rolle spielen. Ich nahm den
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