Tag nicht. Herr Boulton ließ aber
einige kleine Geldstücke prägen, um uns den Mechanismus zu zeigen.
Acht Prägstöcke werden hier ebenfalls von einer Dampfmaschine
getrieben; jeder derselben prägt in einer Minute dreißig bis
einhundertzwanzig Stücke aus, je nachdem sie größer oder kleiner sind,
und zwar auf beiden Seiten zugleich. Bei jedem Stempel ist eine höchst
sinnreich erfundene Maschine angebracht, die mit Blitzesschnelle das
eben geprägte Stück fort und ein noch ungeprägtes an dessen Stelle
einschiebt. Alles dieses scheint wie von unsichtbaren Geistern
getrieben. Das Gepräge der Münzen ist durchgängig schön. Sie sind
alle vollkommen rund, von gleicher Größe und möglichst gleichem
Werte.
In einem anderen Zimmer werden die Münzen geschnitten, ehe sie
geprägt werden; noch in einem anderen nach dem Prägen gereinigt,
indem sie in langen leinenen Säcken hin und her geschwungen werden.
Auch diese Operation wird durch die Dampfmaschine bewerkstelligt.
Zum Abschiede statteten wir noch der Dampfmaschine selbst einen
Besuch ab. Wir sahen in einem unterirdischen Gewölbe eine Pumpe
durch den Dampf des darunter in einem verschlossenen, eingemauerten
Kessel kochenden Wassers unaufhörlich in Bewegung gesetzt. Diese
Pumpe trieb einige große Räder, diese Räder kommunizierten mit den
vielen, in den oberen Zimmern befindlichen mannigfaltigen Maschinen
und brachten alle die Wunder hervor, die uns oben in Erstaunen gesetzt
hatten. Das ist alles, was wir durch's bloße Anschauen von dieser
bewundernswerten Erfindung begriffen. Das Wasser muß das ganze
Jahr im Kochen erhalten werden, damit die Maschine nie stocke. Herr
Boulton versicherte uns, es gehöre weit weniger Feuerung dazu, als
man auf den ersten Augenblick glauben möchte.
Burton und Derby
Von Birmingham reisten wir über Burton [Fußnote: Burton-upon-Trent,
berühmte Brauereistadt, die ihre Entstehung den braukundigen
Mönchen der Burton Abbey im 11. Jahrhundert verdankt. Die Güte
dieses Bieres wird auf die Qualität des Wasser zurückgeführt] nach
Derby. Burton ist ein freundliches Städtchen, weltberühmt durch das
Ale [Footnote: helles, alkoholreiches, stark gehopftes Bier mit bitterem
Geschmack und kräftigem Schaum], welches nirgends so gut gebraut
wird als hier. In Friedenszeiten gehen jährlich große Sendungen davon
nach ganz Europa, besonders nach Rußland. Auch nach Amerika ward
viel davon verschifft. In England trinkt man es, wenn es einige Jahre
gelegen hat, in bürgerlichen Häusern zum Dessert. Auch ist es dann
durch die Zeit so stark, daß es sich mit jedem Wein an Geist messen
kann und den Biergeschmack ganz verliert.
Derby ist eine ziemlich große, aber nicht schöne Stadt. Sie enthält viele
Fabriken, unter anderen eine Seidenspinnerei; am ausgezeichnetsten ist
die Porzellanfabrik. An Feinheit des Tons mag das hiesige Porzellan
wohl dem Meißner und Sèvres nachstehen; aber in Hinsicht auf Farben,
Vergoldung und Schönheit der Form in den verschiedenen Vasen und
Geschirren läßt es nichts zu wünschen übrig. Die Figuren von Biskuit
bleiben weit hinter den sächsischen zurück, sowohl in der Erfindung als
der Ausführung. Auch hier sieht man deutlich, wie der englische
Kunstsinn nur das gerade Nützliche und Bequeme hervorzubringen
vermag; doch dieses auch in der höchsten Vollkommenheit.
Zum erstenmal in England mußten wir bei unserer Abreise auf Pferde
warten, und endlich erschienen um sechs Uhr abends zwei, die des
Tages Last reichlich getragen hatten. Wir wollten nach Matlock, einem
siebzehn Meilen von Derby im gebirgigen Derbyshire gelegenen
Badeorte. Siebzehn Meilen sind in England gewöhnlich in zwei bis drei
Stunden abgefahren; daher achteten wir den heftigen Regen nicht, der
uns ohnehin in unsere Zimmer eingekerkert hätte, und reisten ab. Die
Pferde waren sehr müde: der Postillon konnte sie ungeachtet allen
Treibens kaum von der Stelle bringen; langsam schlichen sie fort,
Schritt vor Schritt. Uns war, als wären wir auf irgendeiner Poststraße in
der Mark. Wir fürchteten, die armen Tiere würden zuletzt aus
Ermüdung ganz stille stehen. Der Regen strömte heftiger, und die
Nacht brach sehr finster herein, obgleich wir uns in der ersten Hälfte
des Junius-Monats befanden. Der Weg war sehr bergig, hohe Felsen
türmten sich vor uns auf; wir sahen ihre kolossalen Konturen nur
schwach durch die dunkle Nacht. Nah und fern flammten Feuer aus den
Ziegelbrennereien ringsumher, feurigen Gespenstern gleich, was uns
die Finsternis nur auffallender machte, ohne sie zu erleuchten. Die
Pferde scheuten sich einigemal davor. Wir fuhren steile Abhänge hinab
und hinauf, tief unten brausende Waldströme ließen uns Abgründe
neben dem Wege ahnen. Das Geklapper der vielen Mühlen, das
Brausen der vom Wasser getriebenen Räder aller Art in dieser
fabrikreichen Gegend, das Sausen der Gewässer ringsumher, der Wind,
der Regen, die flammenden Limekilns (Kalköfen), alles vereinte sich,
diese Nacht zu einer der schauerlichsten zu machen.
Die Situation war romantisch, das ist nicht zu leugnen; wir freuten uns
indessen doch sehr, nach elf Uhr ihr Ende und das Ziel unserer Reise
erreicht zu haben. Im alten Bade in Matlock fanden wir allen Komfort,
den man nur in einem englischen Gasthofe erwarten kann, und die
abenteuerliche, ermüdende Reise machte ihn uns doppelt angenehm.
Badeorte
Es wimmelte in England von Badeorten aller Art. Jeder am Ufer
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