Phantasten | Page 3

Erich von Mendelssohn
Land, lasse ich alle drei Raketen aufsteigen, und Sie dampfen ruhig weiter. Ich verspreche Ihnen, es erst dann zu tun, wenn ich heil und gesund am Lande bin. Lasse ich nur zwei Raketen steigen, bedeutet das, da? ich nicht landen kann und Sie auf mich warten m��ssen. Eine Rakete allein hei?t, da? ich in Gefahr bin, und Sie mir ein Boot zu Hilfe schicken m��ssen. Einverstanden??
?Ja, unter der Bedingung, da? Sie sich vom Schiff noch so viele Konserven mitnehmen, da? Sie f��r ein halbes Jahr versorgt sind. Nach drei Monaten bin ich zwar wieder hier -?
?Und mein Freund, Jakob Silberland, ist dann mit Ihnen.?
?Der Herr, der zum Kolonialamt gehen soll??
?Derselbe. Ich danke Ihnen, Herr Kapit?n.?
?Sie haben mir nichts zu danken. Ich bitte Sie nur, in meine Kabine zu gehen und sich alles noch einmal in Ruhe zu ��berlegen. Dort k?nnen Sie auch Ihren Brief schreiben. Lassen Sie sich auch Ihr Abendessen dorthin bringen, damit Sie ganz ungest?rt sind. In einer Stunde komme ich zu Ihnen hinunter, und wir k?nnen dann alles bis ins Kleinste besprechen.?
Paul Seebeck verlie? mit einer leichten Verbeugung die Kommandobr��cke.
- - - Drei Stunden nach Mitternacht lag der Dampfer eine Seemeile vor dem steil abfallenden, zerrissenen Ufer entfernt, das vom Mondlichte schwarz und gro? auf das Wasser gezeichnet wurde.
Leise Kommandorufe ert?nen - ein Krahn dreht sich, und unter Kettengerassel sinkt ein Motorboot auf die kaum gekr?uselte Wasserfl?che. Halblaute Abschiedsrufe, ein Winken und Gr��?en, der Motor wird eingestellt, und das Boot saust davon. Langsam und schwer brodelt es unter der Schraube des Dampfers, und jetzt setzt sich der Kolo? in Bewegung.
Der Kapit?n steht auf der Kommandobr��cke und verfolgt mit dem Nachtglase das Motorboot. Jetzt verschwindet es hinter einer Klippe, taucht dann tief in den Mondschatten, biegt um einen Felsen und ist fort. Eine Viertelstunde sp?ter steigen drei Raketen fast gleichzeitig in die Luft. Aufatmend stellt der Kapit?n den Telegraphen auf ?Volldampf?.

Als Dr. phil. et jur. Jakob Silberland unter dem Schutze seines ��berm??ig gro?en Schirmes dem Caf�� Stephanie zueilte, gab es nicht Wenige, die trotz des str?menden Regens stehen blieben und ihm wohlwollend l?chelnd nachblickten. Das war auch nicht wunderlich, denn Jakob Silberland bildete eine sonderbare Figur. Auf kurzen Beinchen sa? ein dicker Leib mit viel zu langen Armen, und im Gesichte bildeten die heiteren, offenen Augen einen seltsamen Gegensatz zu der scharfgekr��mmten Nase und der hohen, ausdrucksvollen Stirn, ��ber die das blauschwarze Haar in einigen gl?nzenden, langen Str?hnen fiel.
Sobald Jakob Silberland das Caf�� betreten hatte, holte er sich vom St?nder sechs oder acht Zeitungen und legte sie auf einen Tisch am Fenster. Dann erst h?ngte er Schirm und Hut an einen Haken, wobei er doch st?ndig seine Zeitungen im Auge behielt. Als er seinen Mantel auszog, wobei ein abgetragener und etwas fleckiger Gehrock sichtbar wurde, eilte der Kellner hilfsbereit herbei und sagte:
?Guten Tag, Herr Doktor. Heute fr��h war der Brieftr?ger mit einem eingeschriebenen Brief f��r den Herrn Doktor da. Ich sagte ihm, er solle am Nachmittage wiederkommen, dann w?re der Herr Doktor bestimmt hier.?
Dr. Silberland sagte nur: ?Danke? und eilte auf seinen kurzen Beinchen zu seinen Zeitungen, in denen eben ein anderer Gast zu bl?ttern begann. Als er sich richtig zurechtgesetzt und seine Zeitungen sortiert hatte, bestellte er einen Kaffee und begann, die Brust an den Tischrand gedr��ckt, eifrig zu lesen. Gerade als er die Kreuzzeitung mit gerunzelter Stirn fortlegte und aufatmend nach dem ?Vorw?rts? griff, erschien, vom Kellner gef��hrt, der Brieftr?ger an seinem Tische und ��bergab ihm einen eingeschriebenen Brief. Silberland erkannte sofort die Handschrift seines Freundes Paul Seebeck, schob mit einer energischen Armbewegung die Zeitungen zur Seite, quittierte, gab dem Brieftr?ger zwanzig Pfennige und ?ffnete den Brief. Hierbei fiel ein zusammengefaltetes Checkformular heraus, das Silberland sofort in seine Brieftasche steckte. Der Brief lautete:
?An Bord des Lloyddampfers ?Prinzessin Irene?.
Lieber Jakob!
Von dem wenig befriedigenden Ausfall meiner australischen Expedition wirst du durch die Zeitungen erfahren haben. ��brigens war der Verlauf viel kl?glicher, als die Zeitungsberichte erkennen lie?en.
Ich freue mich aber jetzt, da? ich so mi?gestimmt und so unzufrieden mit mir selbst die R��ckreise antrat, denn dadurch hatte ich gerade die richtige Disposition zu neuen Dingen, die ernsthafter sind.
Pa? mal auf: wir haben eine neuentstandene, vulkanische Insel entdeckt, und zwar bin ich der erste, der sie sah. Ich bin dort geblieben und habe sie f��r das Deutsche Reich in Besitz genommen. Die Sache ist Geheimnis, nur der Kapit?n und der Erste Offizier von der ?Prinzessin Irene? wissen davon, und die schweigen.
Wo die Insel liegt, usw., kannst du von diesen beiden Herren erfahren.
Bitte geh sofort nach Berlin, zum Reichskolonialamt, und la? mir eine unbeschr?nkte Vollmacht als Reichskommissar ausstellen, so da? ich bis auf weiteres mit der Insel machen kann, was ich will. Die Leute sollen aber schweigen, bis erst feststeht, ob die Insel bewohnbar ist oder nicht. Sonst ist die Blamage nachher zu gro?. Du gibst nat��rlich sofort deine alberne Stellung
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