Papa Hamlet | Page 9

Arno Holz and Johannes Schlaf
mit ihm angestoáen.
Frau Wachtel r?usperte sich jetzt. Ihr Seidnes hatte sich eben etwas geklemmt.
"Etwas--etwas Soáe gef?llig, Frau Thienwiebel?"
Amalie nickte. Ihr Teller schwamm zwar schon, aber: es war ja alles egal. So oder so.
Ihr groáer Gatte drben suchte eben wieder einzulenken.
"Nun, nun, sch”ne Dame! Denn--e--wenn die Sonne Maden aus einem toten Hund ausbrtet, eine Gottheit, die ... Ha! Wilde H”lle! Wer ist, des Gram so voll Emphase t”nt?!"
Es war der kleine Fortinbras. Sein Zuckerkringel, war ihm eben ber den Korbrand weg auf die Stuhlkante gefallen, dort entzweigeschlagen und lag nun in kleine Stcke zerbr”ckelt unten auf den schmutzigen Dielen.
Ha, m”rdrischer, blutsch?ndrischer, verruchter D?ne! Trink diesen Trank aus! Ich will den Wanst ins n?chste Zimmer schleppen!"
Aber die besorgte kleine Mieze hatte ihre Gabel schon schnell wieder auf ihren Teller klappen lassen.
"Ach! Nicht doch, Thienwiebelchen! Nicht doch!"
Sie war aufgesprungen und bckte sich jetzt zierlich ber den plumpen Korbrand.
"0 mein Zuckerpppchen! Mein Schatz! So ein niedliches kleines Kerlchen! Nicht wahr, du willst auch was haben? Ach, mein Liebchen!!"
Sie hatte sich jetzt den kleinen Fortinbras auf den Schoágesetzt und káte ihn nur so.
"Auch was haben, Dickerchen?" Kuá!--"Auch was haben, Dickerchen?" Kuá! Kuá, Kuá, Kuá, Kuá!!
Der kleine Fortinbras juchzte. Er hatte noch nie so etwas erlebt. Er zappelte jetzt, daá es nur so eine Art hatte. Er lachte aus vollem Halse! "Grrr...grrr...grrr...?h! Grrr...?h!"
Der groáe Thienwiebel saá da. Die Weste unten aufgekn”pft, die Augenbrauen tragisch in die H”he gezogen.
"Wie keck der--e--Bursch ist!...Wahrhaftig, Horatio! Ich habe seit diesen drei Jahren darauf geachtet. Das Zeitalter wird so spitzfindig, daá der Bauer dem Hofmann auf die Fersen tritt!"
Aber der kleine Ole beachtete ihn kaum. Die kleine Mieze war ihm jetzt weit interessanter. Sie sah jetzt ordentlich wie eine kleine Hausmutter aus.
"Na, Dickerchen?"
Auch Frau Wachtel machte jetzt groáe Augen. Amalie pappte.
"Ja, mein Junge! Sie essen alle, und mein Dickerchen soll gar nichts haben! Wie?--Aber das l?át er sich nicht gefallen! Wie?--Ach, bitte, Frau Thienwiebel! Reichen Sie mir doch das biáchen Biskuit da von der Kommode her. Auch die Milch, bitte!"
Frau Thienwiebel erhob sich schwerf?llig und brachte das Verlangte.
Die kleine Mieze hatte den Biskuit jetzt auf geweicht und fing nun an, den kleinen Fortinbras damit zu fttern. Von ihrem Teller, auf dem neben den drei gebratenen ?pfeln nur noch ein paar kleine fettriefende Hautstckchen lagen, naschte sie kaum.
Der kleine Fortinbras st”hnte vor Behagen.
"He? Willst du noch mehr, Dickerchen? Noch mehr?"
Der kleine Ole hatte sich jetzt neugierig ber den Tischrand gebogen. Sein Schnurrb?rtchen duftete nach chinesischer Tusche.
"Nein! Nein! Nu sieh doch bloá, Dickerchen! Wie es dem Balg schmeckt!--Was?! Noch mehr?!--No! No! Nur nicht gleich schreien!--So!"
Frau Wachtel war jetzt ordentlich bis zu Tr?nen gerhrt. Und wenn sie bis zu Tr?nen gerhrt war, vergaá sie es auch nie, von ihrer verstorbenen Pflegetochter zu erz?hlen. Und das kam ziemlich oft vor.
"Ja, sehn Sie! Sie war ein Engel, Frau Thienwiebel! Ein Engel!"
Frau Thienwiebel kaute.
Frau Wachtel beschrieb jetzt ausfhrlich die Krankheit des Engels, und wie er dann gestorben war. Er hatte Malchen geheiáen und war dabei so himmlisch geduldig gewesen.
"Ja, sehn Sie, Herr Nissen! Sie war mein Einz'ges! Sie tr”stete mich noch, als schon der Tod kam. Sie war ein Engel!"
Sie hatte sich jetzt auch auf ihr Taschentuch besonnen und drckte es sich nun abwechselnd in die Augen.
"Ach, wein doch nicht, Mutterchen! Wein doch nicht! Nun komm ich ja zum lieben Gott!"
Sie weinte jetzt, daá ihr die Tr?nen nur so auf ihr Seidnes kullerten!
Der kleine Ole war bereits eine ganze Zeit lang verlegen auf seinem Stuhl hin und her gerutscht. Er hatte es unten auf das kleine, niedliche Fáchen unterm Tisch abgesehn gehabt und war dabei eben auf die alten, phlegmatischen Filzpantoffeln der reizenden Ophelia gestoáen.
Er war ordentlich rot darber geworden.
"Ja! Sehn Sie! Sie war mein Einziges!"
Der kleine Fortinbras plantschte vor Wonne.
"Grrr...grrr...grrr..."
Dieses freundliche, frische Gesicht mit den hellen Augen und den blonden L”ckchen ber ihm--er kam gar nicht mehr raus aus dem Lachen! Sogar sein Streupulver hatte er vergessen!
"Grrr...grrr...grrr...Aeh!"
Seine H?ndchen hatten jetzt in die H”he gegrapscht, die kleine Mieze lieá von ihm ihre Stirnl”ckchen zausen.
"Nein, Dickchen! Nu sieh doch bloá! Nu sieh doch bloá!"
Der kleine Ole schneuzte sich. Er war wie mit Blut bergossen.
"Ja! Das glaub ich! Das hast du wohl noch nicht so gut gehabt, Dickerchen! Wie?"
Jetzt hatte sich endlich auch Frau Wachtel ber ihn gebckt. Ihr Taschentuch lag wieder sauber ausgef?ltelt auf ihrem Schoá, sie kitzelte ihn wohlwollend unterm Kinn.
"Ach, mein Putteken! Ach, mein M?useken! Hab'n se dir so lange hungern lassen!"
Ihre Stimme zitterte, sie sah noch ganz verweint aus.
Amalie tunkte gerade ihre Soáe auf.
Der groáe Thienwiebel aber hatte sich nunmehr rcklings in seinen Stuhl zurckgelehnt und starrte jetzt, die H?nde in den Hosentaschen, erhaben oben in die beiden gelben Lichtkleckse, die die Lampen zitternd an die Decke malten.
Denn, was ein armer Mann wie Hamlet ist... Nichts mehr davon!
Der Rest war Schweigen ...
Endlich war alles wieder abger?umt. Frau Wachtel, die nicht Skat spielte, hatte sich mit
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