alten, abgenutzten Schlafrock unten lieá ihn sich wieder zusammennehmen und seinen Monolog von neuem beginnen.
"Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage: Ob's edler im Gemt Ae, Quatsch!!"
Mit einem Ruck war jetzt der Shakespeare, den er sich eben aus seiner Schlafrocktasche gerissen, auf den Tisch geflogen, wo er die Gesellschaft einer Spirituskochmaschine, eines braunirdenen Milchtopfs ohne Henkel, eines alten, beruáten Handtuchs, einer Glaslampe und einer Photographie des groáen Thienwiebel in Morarahrnen vorfand.
"He! Horatio! Horatio!!... Nicht zu Hause! Nicht zu Hause..."
Total vernichtet hatte er sich jetzt wieder auf das Sofa zurckgeschleudert und vertiefte sich nun in den tragischen Anblick eines schmutzigen Kinderhemdchens, das neben einer geplatzten Schachtel schwedischer Zndh”lzchen vor ihm unten auf dem Fuáboden lag.
"Verwnscht! Wenn man wenigstens mal ausgehn k”nnte, Amalie! Aber ich frchte...ich frchte...die Welt ist nicht vorurteilsfrei genug, um einen Niels Thienwiebel im Schlafrock und Zylinder unbehelligt seines Weges dahingehn zu lassen!"
Aber Amalie antwortete nicht einmal. Der kleine Krebsrote nahm ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Sein Lutschen zog jetzt den ganzen Schlauch zusammen.
"Ja! Es ist so! Es ist so, Amalie! Aber sie schreiben mir noch immer nicht! Sie haben da Leute, Leute--Leute? Pah! Stmp'rr! 0 Schmach, die Unwert schweigendem Verdienst erweist!"
jetzt hatte Amalie, die dies Thema bereits kannte, etwas aufgesehn.
"Ja...es w?re am Ende doch gut, wenn du einmal ..."
Ihre Stimme klang heiser, belegt.
"Ja, so wird es kommen! Vielleicht...bei meiner Schwachheit und Melancholie..."
Der kleine Krebsrote schmatzte! Seine Flasche war jetzt so gut wie leer.
"Ich werde selbst hingehn mssen und frliebnehmen mit dem, was man mir anzubieten wagt! Das Leben ist brutal, Amalie! Verflucht! Wenn man wenigstens einen Rock zum Ausgehen h?tte!"
Sein Tenor war jetzt bergeschnappt, er hatte sich wieder lang ber das Sofa zurckgeeselt.
Groáe Pause...
Die D?cher drauáen hatten sich allm?hlich braun gef?rbt. Die Sonne an dem groáen runden Schornstein drben war verblichen.
Frau Thienwiebel fing jetzt hinten in ihrer Ecke zu husten an.
"Herr Gott, Niels! Ich muá ja inhalieren! Da, nimm doch mal das Kind!"
"Natrlich! Auch noch Kinderfrau! Oh, Ich reiáe Possen wie kein andrer! Was kann ein Mensch auch andres tun als lustig sein? Still, Krabbe!! " Der kleine Krebsrote schwieg wieder. Er war noch nie so verblfft gewesen.
"Da! Nimm's! Kau's! Friá! Verschluck's!"
Der groáe Thienwiebel hatte es jetzt sogar ber sich gewonnen, seinem ungeratnen Spr”áling auch den Schnuller in den Mund zu stopfen. Mehr war unm”glich zu verlangen!
Amalie hatte unterdessen die Ofenr”hre aufgemacht und entnahm ihr jetzt einen kleinen, grnglasierten Kochtopf. Ein nach Salbei duftender Brodem entstieg ihm. Nachdem sie dann noch das kleine Geschirr neben den Ofen auf einen Stuhl und sich selbst auf die Fuábank davor gesetzt hatte, machte sie jetzt ihren Mund auf und atmete das heiáe Zeug langsam ein.
Der groáe Thienwiebel, der sich unterdes mit seinem impertinenten kleinen Krebsroten auf die Tischkante placiert hatte, sah ihr nachdenklich zu.
"Hm! Weiát du, Amalie?
"Hm??"
"Weiát du? Wir haben eigentlich eine ganz falsche Methode, das Kind zu n?hren, Amalie!"
"Ach was!"
"Ich sage, eine Methode! Eine verkehrte Methode, Amalie!"
"Aber..."
"Verlaá dich drauf! Eine unnatrliche, Amalie!"
"Ja, du lieber Gott..."
"Eine unnatrliche...Wir sollten das Kind nicht mit der Flasche tr?nken!"
"Nich? Na, womit denn sonst?"
"Du selbst solltest es eben tr?nken!"
"Ich?"
"Gewiá, Amalie!"
"Ach lieber Gott! Ich! Selbst!".
"Nun! Warum nicht?"
"Ich?? Bei meiner schwachen, kranken Brust jetzt?"
"Ach was! Das bildest du dir ja nur ein, Amalie! Ich sage die, du bist v”llig gesund. Du bist v”llig gesund, sag ich!...?brigens: Ein Kind kann ein fr allemal nur dann gedeihen, wenn es die Mutter selbst s?ugt!"
Herr Thienwiebel war jetzt ganz eifrig geworden. Seine Langeweile von vorhin schien er v”llig vergessen zu haben. Er schien es sogar nicht bemerkt zu haben, daá dem kleinen zappelnden Wurm auf seinen Knien der Schnuller wieder heruntergekullert war.
"Verlaá dich drauf, Amalie! Ich sage, die natrlichste Methode ist immer die beste! Denk doch mal: was sollten denn sonst die Negerweiber anfangen! Sie haben keine Flaschen! Sie n?hren ihre Kinder selbst, siehst du...und,und--nun ja! Und sie gedeihen dabei! Gedeihen! Na?"
"Ja, Niels, aber ich bin doch kein Negerweib!"
Der groáe Thienwiebel l?chelte berlegen.
"Ja nun, du muát...hehe! Du muát mich eben verstehn, Amalie! He!"
Amalie hatte sich wieder tief ber ihren Salbeitopf gebckt.
"Ich wollte dir damit eben nur durch ein...ein...nun sagen wir durch ein Beispiel, andeuten, daá das Natrlichste immer das Vernnftigste ist. Ich sehe eben durchaus nicht ein, warum die Negerweiber etwas vor uns voraushaben sollten!"
"Aber sie sind gesund!"
"Ach was! Das bildest du dir ja nur ein, Amalie, daá du krank bist!"
"Ich?"
"Allerdings, Amalie! Ich behaupte..."
Amalie war jetzt ein wenig ungeduldig geworden.
"Ach was! Laá lieber das Kind nicht so schrein!"
"Auch das ist wieder nur so ein Vorurteil von dir, Amalie! Was schadet das! Ich habe gelesen, es ist nichts gesnder! Die Lungen weiten sich dabei! Aber -- e...wie gesagt! Du solltest das Kind selbst tr?nken! Die heutige Kultur freilich, die Kultur der europ?ischen Welt..."
Die Kultur berging Amalie. Sie hielt sich nur an die Ermahnungen, die sie nun schon so oft zu h”ren bekommen hatte.
"So! So! Jawoll doch! Gewiá! Bei unserm Leben! Den ganzen
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