des
Mitleids die schönen Wangen herab; hier wischt sie die männliche
Hand aus dem weggewandten Auge.
Weinet, ihr Zärtlichen! Die Weisheit sieht die Menschen gern weinen!
--Aber nun rauscht der Vorhang herab! Klatschendes Lob betäubt mich,
und überall murmelt die Bewundrung: Seneka und Kleist!
Und dann erst, o Kleist, wenn Dich auch diese Lorbeern, mit der
weißen Feder, nur uns Dichtern sichtbar durchflochten, wenn beide
Deinen Scheitel beschatten--Wenn die liebsten Deiner Freunde nicht
mehr sind-Ich weiß es, keiner von ihnen wird Dich gern
überleben--Wenn Dein Gleim nicht mehr ist--Außer noch in den
Händen des lehrbegierigen Knabens, und in dem Busen des spröden
Mädchens, das mit seinem Liede zu Winkel eilet-Wenn der redliche
Sulzer ohne Körper nun denkt--Hier nur noch der Vertraute eines
künftigen Grüblers, begieriger die Lust nach Regeln zu meistern, als sie
zu schmecken.
Wenn unser lächelnder Rammler sich tot kritisierst--Wenn der
harmonische Krause nun nicht mehr, weder die Zwiste der Töne, noch
des Eigennutzes schlichtet-Wenn auch ich nicht mehr bin--Ich, Deiner
Freunde spätester, der ich, mit dieser Welt weit besser zufrieden, als sie
mit mir, noch lange sehr lange zu leben denke-Dann erst, o Kleist, dann
erst geschehe mit Dir, was mit uns allen geschah! Dann stirbst Du; aber
eines edlern Todes; für Deinen König, für Dein Vaterland, und wie
Schwerin!
O des beneidenswürdigen Helden!--Als die Menschheit in den Kriegern
stutzte, ergriff er mit gewaltiger Hand das Panier.--Folgt mir! rief er,
und ihm folgten die Preußen.
Und alle folgten ihm zum Ziele des Siegs! Ihn aber trieb allzuviel Mut
bis jenseit der Grenzen des Sieges, zum Tode! Er fiel, und da floß das
breite Panier zum leichten Grabmal über ihn her.
So stürzte der entsäulte Palast, ein schreckliches Monument von
Ruinen, und zerschmetterten Feinden, über dich, Simson, zusammen!
So ward dein Tod der herrlichste deiner Siege!
Orpheus
Orpheus, wie man erzählt, stieg seine Frau zu suchen in die Hölle herab.
Und wo anders, als in der Hölle, hätte Orpheus auch seine Frau suchen
sollen?
Man sagt, er sei singend herabgestiegen. Ich zweifle im geringsten
nicht daran; denn solange er Witwer war, konnte er wohl vergnügt sein
und singen.
Berge, Flüsse, und Steine folgten seinen Harmonien nach; und wenn er
auch noch so schlecht gesungen hätte, so wären sie ihm doch
nachgefolgt.
Als er ankam und seine Absicht entdeckte, hörten alle Martern auf. Und
was könnten für einen so dummen Ehemann wohl noch für Martern
übrig sein?
Endlich bewog seine Stimme das taube Reich der Schatten; ob es
gleich mehr eine Züchtigung als eine Belohnung war, daß man ihm
seine Frau wiedergab.
[Übersetzung der Ode des Horaz "Ad Barinen"]
Ode 8. Lib. II.
Hätte dich je des verwirkten Meineids Strafe getroffen; würde nur einer
deiner Zähne schwarz; nur einer deiner Nägel häßlicher; so wollt ich dir
glauben,
Kaum aber hast du das treulose Haupt mit falschen Gelübden verstrickt;
so blühst du weit schöner auf, und trittst stolz einher, aller Jünglinge
sehnlichstes Augenmerk.
Dir steht es frei, der Mutter beigesetzte Asche, die stillen Gestirne der
Nacht, und den ganzen Himmel, und alle unsterblichen Götter zu
täuschen.
Venus selbst, wie gesagt, lachet darüber; die guten Nymphen lachen; es
lachet der immer brennende Pfeile auf blutigem Wetzstein schleifende,
strenge Kupido.
Noch mehr: nur dir reitet die Jugend alle, nur dir wachsen in ihr immer
neue Sklaven auf; und noch können die Alten dich, ihre gewissenlose
Gebieterin, nicht meiden, so oft sie es auch gedroht.
Dich fürchten die Mütter für ihre Söhne; dich fürchten die geizigen
Alten; dich fürchten die armen nur erst verheirateten Mädchen, um
deren Männer es geschehen ist, wenn sie einmal deine Spur finden.
"Ad Barinen" wird die Ode überschrieben. Diese Barine war ohne
Zweifel eine Freigelassene, welche das Handwerk einer Buhlerin trieb.
Tan. Faber hat diesen Namen in Carine verwandeln wollen, weil Barine
weder griechisch noch lateinisch sei; und Dacier billiger diese
Veränderung. Konnte aber eine Sklavin, welches Barine gewesen war,
nicht leicht aus einem barbarischen Lande, von barbarischen Eltern
entsprossen sein?
[An Mäcen]
Du, durch den einst Horaz lebte, dem Leben ohne Ruhe, ohne
Bequemlichkeit, ohne Wein, ohne den Genuß einer Geliebten kein
Leben gewesen wäre; du, der du jetzt durch den Horaz lebst; denn ohne
Ruhm in dem Gedächtnisse der Nachwelt leben, ist schlimmer als ihr
gar unbekannt zu sein;
Du, o Mäcen, hast uns deinen Namen hinterlassen, den die Reichen und
Mächtigen an sich reißen, und die hungrigen Skribenten verschenken;
aber hast du uns auch von dir etwas mehr als den Namen gelassen?
Wer ists in unsern eisern Tagen, hier in einem Lande, dessen
Einwohner von innen noch immer die alten Barbaren sind, wer ist es,
der einen Funken von deiner Menschenliebe, von deinem tugendhaften
Ehrgeize, die Lieblinge der Musen zu schützen, in sich häge?
Wie habe ich mich nicht nach einem nur schwachen Abdrucke von dir
umgesehen? Mit den Augen eines Bedürftigen umgesehen! Was für
scharfsichtige Augen!
Endlich bin ich
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