Oden | Page 4

Gotthold Ephraim Lessing
Berlin
Wunsch, der du in der Brust geheimer Lieblingssünden?Geheimes Werkzeug bist,?Das oft ein lauter Freund--wer kann das Herz ergründen?--?Ein stiller M?rder ist;
Durch Laster, Torheit, Wahn zu sehr, zu sehr entweihet,?Braucht keine Muse dich;?Die feile w?r es denn, die um den P?bel freiet,?Und singt sich l?cherlich.
Jüngst als Kalliope den Hain und Aganippen?Um ihren Helden mied,?Und zog auf Sanssouci, erklang von ihren Lippen?Ein prophezeiend Lied.
"Noch lange wird dies Land, mit den erfochtnen Staaten,?Im Scho? des Friedens ruhn;?Denn sein Beschützer tr?gt die Lorbeern gro?er Taten,?Um gr??ere zu tun.
Er braucht den Sieg als Sieg, macht Kunst und Handel rege?Und zeichnet jedes Lauf."--?Sie schwieg, und pl?tzlich stie?, zur Linken an dem Wege,?Ein rascher Adler auf.
Dem segnete sie nach mit heiligem Entzücken?Und aufgehobner Hand,?Bis er, am Ziel des Flugs, vor ihren sch?rfern Blicken,?Dem Thron des Zeus, verschwand.
Der Tod eines Freundes
Hat, neuer Himmelsbürger, sich?Dein geistig Ohr nicht schon des Klagetons entw?hnet,?Und kann ein banges Ach um dich,?Das hier und da ein Freund bei stillen Tr?nen st?hnet,?Dir unterm jauchzenden Empfangen?Der bessern Freunde h?rbar sein,?So sei nicht für die Welt, mit unserm Schmerz zu prangen,?Dies Lied: es sei für dich, für dich allein!
Wann war es, da auch dich noch junge Rosen zierten??(Doch nein, die Rosen ziertest du!)?Da Freud und Unschuld dich, im Tal der Hoffnung, führten?Dem Alter und der Tugend zu??Gesichert folgten wir: als schnell aus schlauen Hecken?Der Unerbittliche sich wies,?Und dich, den Besten, uns zu schrecken,?Nicht dich zu strafen, von uns ri?.
Wie ein geliebtes Weib vom steilen Ufer blicket?Dem Schiffe nach, das ihre Kron entrei?t:?Sie steht, ein Marmorbild, zu Stunden unverrücket;?In Augen ist ihr ganzer Geist:?So standen wir bet?ubt und angeheftet,?Und sannen dir mit starren Sinnen nach,?Bis sich der Schmerz durch Schmerz entkr?ftet,?Und str?mend durch die Augen brach.
Was weinen wir? Gleich einer Weibersage,?Die im Entstehn schon halb vergessen ist,?Flohst du dahin!--Geduld! noch wenig Tage,?Und wenige dazu, so sind wir, was du bist.?Ja, wenn der Himmel uns die Palme leicht erringen,?Die Krone leicht ersiegen l??t,?So werden wir, wie du, das Alter überspringen,?Des Lebens unschmackhaften Rest.
Was wartet unser?--Ach! ein unbelohnter Schwei?,?Im Joch des Amts bei reifen Jahren,?Für andrer Wohl ersch?pft, als unbrauchbarer Greis?Hinunter in die Gruft zu fahren.?Doch deiner wartet?--Nein! was kannst du noch erwarten?Im Scho? der vollen Seligkeit??Nur wir, auf blindes Glück, als Schiffer ohne Karten,?Durchkreuzen ihn, den faulen Pfuhl der Zeit.
Vielleicht--noch ehe du dein Glücke wirst gewohnen,?Noch ehe du es durchempfunden hast--?Flieht einer von uns nach in die verkl?rten Zonen,?Für dich ein alter Freund, und dort ein neuer Gast.?Wen wird--verborgner Rat!--die nahe Reise treffen?Aus unsrer jetzt noch frischen Schar??O Freunde, la?t euch nicht von sü?er Hoffnung ?ffen!?Zum Wachsamsein verbarg Gott die Gefahr.
Komm ihm, wer er auch sei, verkl?rter Geist, entgegen,?Bis an das Tor der bessern Welt,?Und führ ihn schnell, auf dir dann schon bekannten Wegen,?Hin, wo die Huld Gerichte h?lt.?Wo um der Weisheit Thron der Freundschaft Urbild schwebet,?In seraphinschem Glanze schwebt;?Verknüpft uns einst ein Band, ein Band von ihr gewebet;?Zur ewgen Dauer fest gewebt!
Ode auf den Tod des Marschalls von Schwerin, an den H. von Kleist.
Zu früh w?r es, viel zu früh, wenn schon jetzt, den güldnen Faden Deines Lebens zu trennen, der blutige Mars, oder die donnernde Bellona, der freundlich saumseligen Klotho vorgriff!
Der nur falle so jung, der in eine traurige, ?de Wüste hinaus sieht, in künftige Tage, leer an Freundschaft und Tugend, leer an gro?en Entwürfen zur Unsterblichkeit:
Nicht Du, o Kleist; der Du so manchen noch froh und glücklich zu machen wünschest--Zwar schon solche Wünsche sind nicht die kleinsten edler Taten-Nicht Du, dem die vertrauliche Muse ins Stille winkt--Wie zürnt sie auf mich, die Eifersüchtige, da? ich die waffenlosen Stunden Deiner Erholung mit ihr teile!
Dir zu gefallen, hatte sie dem Lenze seinen sch?nsten Schmuck von Blumen und Perlen des Taues entlehnet; gleich der listigen Juno den Gürtel der Venus.
Und nun lockt sie Dich mit neuen Bestechungen. Sieh! In ihrer Rechte blitzt das tragische Szepter; die Linke bedeckt das weinende Auge, und hinter dem festlichen Schritte wallt der k?nigliche Purpur.
Wo bin ich? Welche Bezaubrung!--Letzte Zierde des ausgearteten Roms! --Dein Schüler; Dein M?rder!--Wie stirbt der Weise so ruhig! so gern! --Ein williger Tod macht den Weisen zum Helden, und den Helden zum Weisen.
Wie still ist die fromme Versammlung!--Dort rollen die Kinder des Mitleids die sch?nen Wangen herab; hier wischt sie die m?nnliche Hand aus dem weggewandten Auge.
Weinet, ihr Z?rtlichen! Die Weisheit sieht die Menschen gern weinen! --Aber nun rauscht der Vorhang herab! Klatschendes Lob bet?ubt mich, und überall murmelt die Bewundrung: Seneka und Kleist!
Und dann erst, o Kleist, wenn Dich auch diese Lorbeern, mit der wei?en Feder, nur uns Dichtern sichtbar durchflochten, wenn beide Deinen Scheitel beschatten--Wenn die liebsten Deiner Freunde nicht mehr sind-Ich wei? es, keiner von ihnen wird Dich gern?überleben--Wenn Dein Gleim nicht mehr ist--Au?er noch in den H?nden des lehrbegierigen Knabens, und in dem Busen des spr?den M?dchens, das mit seinem Liede zu Winkel eilet-Wenn der redliche Sulzer ohne K?rper nun denkt--Hier nur noch der Vertraute
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 8
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.