Nach Amerika! Erster Band | Page 6

Friedrich Gerstäcker
meinte Herr Dollinger -- es war ja Niemand von ihnen im Zimmer -- ?
?Doch Lo?enwerder??
?Bah? lachte der Kaufmann, mit dem Kopf schüttelnd.
?Ist es denn viel?? frug seine Frau.
?Nun, der Mühe werth w?r's immer? sagte Herr Dollinger, ?fünf Tausend Thaler etwa -- es soll aber auch nicht über Nacht da liegen bleiben, und Lo?enwerder hat mir auf heute Abend den Cassirer zu bestellen, das Geld an sicheren Ort zu legen, bis ich morgen darüber verfügt habe.?
?Der Lo?enwerder verwandte keinen Blick von dem Geld, so lang er im Zimmer war? sagte die Mutter, mit dem Finger vor sich hindrohend.
?Lieber Gott, Mütterchen, Du wei?t ja aber doch da? er schielt? vertheidigte ihn lachend Clara -- ?eben so fest und unverwandt hat er mich indessen mit dem andern Auge angesehen; seine Schuld ist's nicht da? er zwei Stellen auf einmal im Auge behalten mu?.?
?La?t mir den armen Teufel zufrieden? sagte aber auch Herr Dollinger -- ?der ist mir nützlicher wie zwei von meinen anderen Leuten; mehr zum Nutzen wie Staat freilich, aber Staat will er auch nicht machen. Jetzt übrigens Kinder wird es Zeit da? wir uns rüsten, und Henkel, Sie müssen noch Ihr Pferd holen lassen.?
?Ich habe es schon, in der Voraussetzung da? wir bei dem sch?nen Wetter doch wohl eine kleine Parthie machen würden, hierher bestellt,? erwiederte rasch der junge Mann -- wünschen Sie den Wagen jetzt??
?Ich glaube ja, je eher, desto besser; die Tage sind kurz und wenn wir noch eine Stunde oder zwei fahren wollen, dürfen wir nicht mehr viel l?nger warten.?
?Aber Ihr M?dchen m?chtet Euch ein wenig warm einpacken? sagte jetzt die Mutter, alles Andere in dem Gedanken an ihre Toilette vergessend -- ?zum still im Wagen Sitzen pa?t ein Sommerkleid noch nicht und heute Abend wird es kühl werden.?
?Und nicht so lange machen,? mahnte der Vater, der sich sein Glas noch einmal voll schenkte und leerte; ?der Wagen wird im Augenblick da sein.?
Der Wagen fuhr auch wirklich kaum zehn Minuten sp?ter vor, Herr Dollinger, der nun seinen Hut und Stock aufgenommen, ging, seine Handschuh anziehend, im Hofe auf und nieder, und endlich erschienen, diesmal in wirklich sehr kurzer Zeit, die Damen, ihre Sitze einzunehmen.
?Nun, wo ist Henkel?? sagte Herr Dollinger, sich nach seinem zukünftigen Schwiegersohne umschauend, ?ich habe sein Pferd auch noch nicht gesehen; jetzt wird uns der warten lassen.?
Die Familie hatte indessen im Wagen Platz genommen, und der alte Herr schaute etwas ungeduldig zum Schlag hinaus, als der junge Henkel zum Thor, aber ohne Pferd, hereinkam.
?Nun? und Sie sitzen noch nicht im Sattel?? rief er ihm schon von weitem entgegen -- ?das ist eine sch?ne Geschichte; jetzt dürfen wir den Frauen nie im Leben wieder vorwerfen, da? sie uns warten lassen.?
?Ich mu? tausend Mal um Entschuldigung bitten,? sagte der junge Mann, zum Wagen hinantretend, ?aber mein Stallmeister hat mich sitzen lassen. Wenn Sie mir erlauben schicke ich einen der Leute danach, oder gehe selber, es ist nicht weit von hier. Aber thun Sie mir die Liebe und fahren Sie langsam voraus, ich hole Sie in Zeit von zehn Minuten ein.?
?Wir k?nnen ja hier warten,? sagte die Mutter.
?Ja, wenn die Pferde stehen wollten,? brummte Herr Dollinger -- ?zieh nicht so fest in die Zügel Johann, das Handpferd kann das nicht vertragen und wird nur noch immer unruhiger -- wir wollen langsam vorausfahren -- machen Sie aber da? Sie nachkommen; auf dem Balkon vom rothen Drachen trinken wir Kaffee, dort ist eine wundervolle Aussicht -- der Stalljunge mag hinüberlaufen und Ihnen das Pferd holen.?
Die Pferde zogen in diesem Augenblick an, Henkel mu?te aus dem Weg springen und verbeugte sich leicht gegen die Damen, von denen ihm Clara freundlich l?chelnd zunickte.
Eine starke Viertelstunde sp?ter sprengte der junge ?Amerikaner,? seinem Thiere die Sporen gebend, da? es Funken und Kies hintenaus stob, über das Pflaster, zum Entsetzen der Fu?g?nger dahin, dem Wagen nach, den er nur erst eine kurze Strecke vor dem bezeichneten Platz wieder einholte. Im Stall wollte Niemand etwas davon gewu?t haben, da? er sein Pferd bestellt gehabt -- Einer schob die Vergessenheit natürlich auf den Andern, und Dollinger's Stallknecht mu?te die Leute sogar erst zusammensuchen, bis er das Pferd bekam, deshalb hatte es so lange gedauert. Als er mit demselben zurückkehrte, ging der junge Mann in dem kleinen, dicht am Haus liegenden Garten auf und ab, sprang aber dann, dem Burschen ein Trinkgeld zuwerfend, und dessen Entschuldigung nur halb h?rend, rasch in den Sattel und flog, wie vorher erw?hnt, in vollem Carrière die Stra?e nieder.
Er hatte den Hof kaum verlassen, als Lo?enwerder, einen gro?en, wundersch?n blühenden Monatsrosenstock unter dem Arm, vorsichtig und wie scheu, da? ihn Niemand gewahre, über den Hof und in die Hinterthür des Hauses schlich, und sich leise und ger?uschlos die Treppe damit hinaufstahl. Er blieb etwa zehn Minuten im Haus und wollte dann aus derselben Thür wieder über den Hof zurück, als der Stallknecht aus
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