der Bettler, Welchen ich heute beschenke, noch
glücklicher fühlt, wie ich selber, Denn sie ist mir der Mund, mit dem
ich esse und trinke.
Ihrethalben könnte ich wünschen, wir wären
katholisch,
Wenn ich sie hoch auch ehre, die protestantische Freiheit,
Und ihr göttliches Recht auf jeglichen wahren Gedanken,
Wie es
der zwölfte Apostel, denn Judas hat sich gestrichen, Wie es der eiserne
Luther mit feuriger Zunge erkämpfte.
Denn da dürft' ich mit ihr von
einem Orte der Gnade
Zu dem anderen pilgern, und erst am heiligen
Grabe
Zu Jerusalem würde die Hoffnung völlig erlöschen,
Aber da
wäre zugleich doch auch das Leben zu Ende.
Was mich selber betrifft,
so fand ich mich längst in mein Schicksal, Denn ich hab's nicht
verschuldet, es ward mir von oben gesendet, Und ich glaube den Finger
des Ewigen deutlich zu sehen.
Sie verwundern sich, Doktor?
Vernehmen Sie, wie ich es meine. Wissen Sie, was mich zumeist am
großen Brande entsetzte,
Welcher ein Fünftel der Stadt in Asche legte
vor Jahren?
Nicht die flammenden Straßen mit ihren donnernden
Häusern,
Welche vor dem Minieren gen Himmel flogen und barsten;
Nicht der tückische Wind, der, wie ein dämonisches Wesen,
Immer
sich drehte, sobald die Spritzen Meister geworden;
Nicht die lodernde
Börse mit all den Kaisergestalten,
Die das römische Reich, doch auch
uns Bürger bevogtet;
Nicht die grünlichen Flammen der Türme,
welche von Kupfer
Sich ernährten und Blei und gräßlichen Regen
verspritzten;
Nicht der endliche Sturz von Nikolai und Petri5),
Fast
so entsetzlich für uns, als bräche die Erde zusammen;
Nicht einmal
das Geheul der Feuerglocken, die alles
Überwimmerten, selbst die
Stunden-Uhren, so daß man
Keine einzige hörte, als wären die Zeiten
vollendet,
Und als müßte der Richter nun gleich in den Wolken
erscheinen: Alles dieses verschwand mir gegen die Hungergesichter,
Welche mit Ratten und Mäusen verschüchtert zutage sich drängten, Ja,
sie kamen mir vor, als sollten sie klagen und zeugen
Und erwarteten
nur noch den Engel mit seiner Posaune.
Welche ein Elend erblickt'
ich! Und tief, wie unter der Erde, War es verborgen gewesen, und stahl
sich, als wäre es Sünde Gegen die glücklichen Brüder, auch jetzt noch
zögernd und ängstlich, Und vom dräuenden Tode gejagt, hervor aus
den Löchern!
Männer, Weiber und Kinder! Und das im christlichen
Hamburg, Welches der Armen und Kranken doch wahrlich nie noch
vergessen. Fast mit Grausen gedacht' ich der eigenen Güter und
schämte Mich des eigenen Kummers! Allein nicht lange verharrt' ich In
dem stumpfen Entsetzen: mir schien auf einmal das Rätsel Meines
Lebens gelöst. Für diese strömen die Schätze
So zusammen bei dir,
und wenn es am Erben dir mangelt,
Ist's der Verzweifelten wegen! So
rief's in mir, und so ruft es Bis zur Stunde noch fort! Ich möchte, wie
Fugger in Augsburg6), Ein Asyl begründen, in welchem es nimmer an
Mitteln,
Eher an Dürftigen fehlte. Man spricht von roten Gespenstern,
Die man mit Pulver und Blei verscheuchen müsse. Sie sind wohl Noch
viel leichter zu bannen: man gebe ihnen zu essen,
Und, anstatt die
Erde in unersättlicher Goldgier
Auszuschmelzen und dann als
Schlacke liegen zu lassen,
Wie es ein Rothschild tut, bestelle man
Wüsten und weise
Ihnen die Äcker an! Das heißt, sich selber
beschützen,
Denn wir besitzen die Habe noch nicht, wie Arme und
Beine,
Die wir freilich mit keinem zu teilen vermögen, und sollen
Nicht vergessen, was Moses gebot und Christus voraussetzt:
Fürchterlich könnt' es sich rächen! Ich würde mit Freuden beginnen,
Und mir wär' es genug fürs Leben und sicher fürs Sterben,
Wenn ich
mir sagen dürfte: Du wirst bis ans Ende der Zeiten Hier die Hungrigen
speisen und so den heiligen Frieden,
Denn ihn bricht nur die Not, auf
ewig im Innern besiegeln!
Ja, mir wär' es genug! Doch sie ist anders
geschaffen,
Sie entbehrt die Tochter, wenn ich auch den Sohn nicht
vermisse, Und der heimliche Gram verzehrt ihr leise die Kräfte.
Anfangs freute ich mich, daß sie am heutigen Morgen
Nicht so früh,
wie gewöhnlich, erwachte, aber es währt mir
Jetzt schon wieder zu
lange: sie hat die Nacht nicht geschlafen, Und ein trauriger Tag wird
folgen! Sie kommen doch abends? Sicher!--versetzte der Doktor--und
einen eignen Gedanken
Bringe ich mit: Sie mögen ihn nun als töricht
verwerfen
Oder, wie ich, als tröstlich mit einiger Freude begrüßen,
Immer verdient er die Prüfung. Ich war vorhin in der Küche, Und da
fand ich das Mädchen vom Lande in bitteren Tränen,
Das gesunde
und frische, das ich dem Hause empfohlen.
Sie eröffnete mir ihr Herz,
denn seit ich vom Fieber
Sie befreite, vertraut sie mir, als wär' ich ihr
Vater.
Ei, wie bunt ist die Welt! Hier oben fehlt es an einem
Und
dort unten am andern! Es wäre vielleicht noch zu helfen, Wenn man die
Hände sich böte. Denn: Alles beruht ja auf Mischung! Sagt Apotheker
Franz, der Helgoländer, und kämen
Mit den Kräutern des Berges die
Kräuter des Tals nicht zusammen, Würde kein Übel geheilt! Ei nun, wir
wollen's versuchen.
Nur nicht zu früh erwarten Sie mich. Ein
glücklicher Schneider, Dem sie unter die Arme gegriffen haben, erlaubt
sich
Mit den Seinigen heute den ersten Pudding. Er lud mich,
Und
ich möchte wirklich das kleine Fest nicht versäumen,
Denn nicht
lieber seh' ich den Regenbogen am
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.