Moisasurs Zauberfluch | Page 5

Ferdinand Raimund
Feuer und zündet seine Pfeife an). Wenn
man dem Weib da so erlaubte, auf ihre Faust recht krank zu sein, die
machte einen Aufwand damit, der nicht zu erschwingen wär'. (Schlägt
sich vor die Stirn. Erbittert.) Wann ich nur das Geld nicht ausg'liehn
hätt'. (Ein Sturmwind erhebt sich.) Öh, blas, du dummer Wind, blas
auseinander die grau muntierten Wolken. Der Himmel ist schon
vierzehn Tag' als wie ein Aschenweib. (Windstoß.) He, he, he, he, sei
nur kein solcher Narr!--Die Kälten von dem Wind! (Windstoß.) Holla,
der nimmt die Bäum' beim Kopf und beutelt s' recht, als wie ein
Meister seine Lehrbuben.--(Windstoß.) Weil er kein' Kopf hat, so kann
er auch kein' andern leiden. (Windstoß.) Nicht rauchen laßt er mich, der
Schlaprament! Du sollst mich nicht sekieren, du lüstiger Patron; ich
geh' jetzt hinein, just kriegst mich nicht. (Er geht unter die Tür und
steckt den Kopf heraus.) Blas mich an jetzt, wannst dich traust.
(Höhnisch.) Ja, auf d' Wochen, dummer Wind! (Schlägt die Tür zu.)
Achte Szene. Sturmmusik. Alzindens Gestalt als altes Weib in
Bettlerkleidung rauscht im Hintergrunde, zwischen den Flügeln des
Nordwindes liegend, über die Bühne; den Strom der Luft auszudrücken,
in welchem eine geflügelte Figur mit aufgeblasenen Backen, die
Locken mit Eis behängt, wie durch einen Schleier sichtbar ist, bleibt
der Phantasie des Malers überlassen. Die Musik geht in eine klagende
über, und nach einer bedeutenden Pause kommt Alzinde auf die Bühne.
Sie hat graues Haar, ihre Gestalt ist ehrwürdig, ihre Kleidung abgenützt,
aber nicht zerrissen.

Alzinde. Wo bin ich wohl? Wohin hat die Gewalt des Sturmwinds mich
getragen? wie heißt die Unglückswelt, auf der ich mich befinde? denn
das ist nicht mein Reich, zu meinem Auge sprechen nie gesehne Dinge.
Fremde Hütten, fremde Berge, ein fremder Himmel, ohne Sonne, ohne
Mond, ohne Sterne, ohne Blau. Auch fühl' ich mich so schwach, ich
will mich setzen, jene Quelle soll mich laben. (Sie setzt sich an den
Rand des Beckens, sieht in den Wasserspiegel und springt auf.) Welch
häßliche Gestalt schaut aus dem Spiegel dieses Quells? Doch nicht
mein eignes Bild?--Nicht möglich! (Streckt die Hand aus und
erschrickt davor.) Wem gehören diese welken Hände, diese
abgelumpten Kleider? wessen Stelle muß ich hier vertreten? Ich bin das
nicht, widerrufe, Quell! (besieht sich noch einmal--erstarrt.) Er
wiederholt's--ich bin's--ich bin's! (Fällt verzweifelnd auf den Rasen hin.)
Ich Unglückselige! (richtet sich auf und lacht verzweiflungsvoll.) Das
ist Alzind', die Schönheitsblume Indiens, in eine welke Distel nun
verwandelt. O du mein stolzer Geist, verjagt aus deinem üppigen Palast,
was mußt du jetzt für ein verächtlich Haus bewohnen! Ich duld' es nicht!
Verzweiflungsvolle Seele, sprenge doch die Riegel dieses morschen
Kerkers! (Ängstlich.) Eilt mir zu Hilfe, Große meines Reichs--wo seid
ihr, meine Diener?--(Stark rufend.) meine Sklaven! (Echo ruft:
Sklaven.) Es ist umsonst, das Echo ist der einz'ge Sklave meines Rufes.
Ich bin allein, verbannt von meinem Volke, meinem Gott. Was
rauschet? Ha, ein Geschöpf aus dieser Welt. O du erbärmliche Gestalt.

Neunte Szene. Gluthahn erscheint im Rocke. Vorige.
Gluthahn. Wer schreit denn so? Wie kommst du auf 'n Berg? Kriech
weiter um ein Haus.
Alzinde. Wenn du ein Mensch bist, wie die Sprache mich's vermuten
läßt, so sage mir, wie heißt die Welt, in der du lebst?
Gluthahn. Weiter geh!
Alzinde. Wenn du ein Mensch bist, nimm mich auf in deine Hütte, die
Sonne wird dich dafür lohnen.

Gluthahn. Aha, die brennet mich aus Dankbarkeit auf den Buckel
hinauf. Du, laß mich aus mit deiner Sonn', die kenn' ich nicht.
Alzinde. Er kennt die Sonne nicht, weh mir. Hab' Mitleid, Hunger
führet mich an deine Hütte, speise mich mit etwas Reis.
Gluthahn. (erstaunt). Was willst du haben? einen Reis? Ein Bettelweib
will ein' Reis; Sie schafft sich nur gleich an, was sie am liebsten ißt.
Alzinde. O reich' mir nur ein kleines Stückchen Zucker.
Gluthahn (lachend). Einen Zucker will sie, o du süßes Goscherl du. Wo
hab' ich denn g'schwind was, ich gib ihr eine hinauf, daß s' ein Zucker
macht, an dem s' langmächtig z' schlecken hat.
Alzinde. Hab' Mitleid, ich verschmachte, gib mir stärkendes Gewürz.
Gluthahn. Jetzt halt' ich's nimmer aus, jetzt will sie noch gar ein G'würz!
Ich komm' in Narrenturm mitsamt dem Weib. Ich hab' kein G'würz
noch gesehn, solang ich auf der Welt noch bin, die geht herum und
bettelt um Gewürz.
Alzinde. Du Unmensch, sprich, soll ich an deiner Schwelle sterben?
Gluthahn. Was unterstehst du dich, an meiner Tür willst du da sterben?
A solche Ungelegenheit, daß ich dich noch begraben lassen könnt';
gehst hinunter übern Berg und schaust dich um ein Platzel um, wost'
hinwerden kannst.
Alzinde. Sonne, was erlebe ich.
Gluthahn. Schläg' wirst gleich erleben, wenn du nicht gehst.
Alzinde (stolz und kräftig). Ich befehle es dir, mich zu bewirten, ich bin
Indiens Königin.
Gluthahn. Jetzt ist's heraußen. Das Weib ist närrisch. Sie ist Indiens
Königin, ich lach'
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