Moisasurs Zauberfluch | Page 3

Ferdinand Raimund

Moisasur (mit fürchterlicher Stimme). Alzinde, du verdienst es nicht!

Alzinde (fährt zusammen). Ha!--Wer bist du, scheußlich Ungeheuer,
dess' Anblick mir Besinnung raubt? Wie giftig Unkraut stehst du da,
das plötzlich aus dem Schoß der Erde treibt.
Moisasur. Moisasur heiß' ich, kennst du diesen Namen? Mit
Flammenzügen hat der große Geist ihn auf das finstre Tor der Hölle
einst geschrieben, und aus meinem Auge leuchtet ihre Sendung.
Alzinde. Was hat die Hölle an mich abzusenden? Ich habe dich und sie
aus meinem Reich verbannt. Die Tugend ist mein Heil, dich hab' ich
nie verehrt, und jedem Opfer Fluch, das dir mein Land noch bringt.
Moisasur. So nimm denn Fluch gen Fluch, verruchtes Weib, das
meinen Tempel umgestürzt; so zieh' mein Haß denn einen Zauberkreis
um dein verrätrisch Land; so will das Leben ich aus seinen Grenzen
jagen, und lähmen diesen üpp'gen Teil der Welt! Vertrocknen soll der
Baum, die Frucht, der Strom; verdorren soll das Gras, und was in
deinem Reich mit Leben prahlt; dein Volk, die Diener deines Hofs,
wem Blut nur in den Adern kreist, Mensch oder Tier, das steh' erstarrt
und wandle sich in Stein! Und jegliches Geschöpf, das dieses Land mit
frechem Fuß betritt, das werd' ergriffen von Versteinerung und steh' als
Marmordenkmal meiner Rache da.
Alzinde. O, mein Gemahl!
Moisasur. Schau' hin und lab' dich an dem süßen Anblick! (Die Wolken
öffnen sich, man sieht die Gruppen, wie sie ängstlich standen, nun im
bunten Marmor, einige auf Palmen hängen, doch der Tugend Tempel
strahlt im hellen Sonnenglanz.) Verflucht, daß ich den Tempel schauen
muß, als Nebenbuhler meines Ruhms.
Alzinde. Entsetzlich Scheusal, von der Erde ausgespien, weil du ihr
Innres zu vergiften drohst, wie kannst du dieses Reich zerstören, das
die Sonne ihren Liebling nennt?
(Die Wolken schließen sich wieder.)
Moisasur. Fluch gegen Fluch! Vernichtung für Vernichtung! An dir ist

jetzt die Reih'! Ich bin's, der dir nach deinem Wunsch die holde Last
der Freude von dem zarten Nacken reißt. Deine Liebe, deinen Reiz,
deine Hoffnung, deine Ehre, deinen Ruhm, dein Diadem will ich auf
einen Knäul zusammendrücken, und in den Pfuhl der Hölle schleudern.
Erscheint, ihr Geister bleicher Nacht. (Vier schwarze Geister
erscheinen und ergreifen die Königin.) Seid Zeugen und Vollführer
meines Fluchs. Zerstöret ihren Reiz, die Krone reißt von ihrem Haupt,
der Locken Glanz verwandelt mir in welkes Grau; die Haut schrumpft
ein und überzieht damit ein fleischloses Gebein, das ihr mit
halbverfaulten Lumpen dann behängt. Doch laßt die junge Seele nicht
aus ihrem morschen Leib entfliehn, damit sie zehnfach jeden Schmerz
empfind' und die Erinnrung ihres Glücks sie quäle.--Doch halt--damit
des Menschen Habsucht bis zum Tod sie peinige, so laßt sie diamantne
Tränen weinen, als Wehmutszeichen, daß sie Indiens Fürstin war. Nun
schleppt sie fort, verwandelt sie, dann schleudert sie dem Nordwind in
die eis'gen Arme, daß er mit ihr nach einem andern Weltteil rase und
dort die alte Ariadne setz' auf nacktem Felsen aus. Befolgt, was ich
befahl!
(Die Königin sinkt in Ohnmacht.)
Erster Geist. Noch nicht--in deiner Rache wüt'gem Eifer hast du
vergessen, ihr ein Ziel zu setzen; ewig darfst du nicht verfluchen, wie
du es von dem ew'gen Geiste bist. Drum sprich, wie lang an diesen
Zauberfluch ihr Glück gefesselt bleibt, und wann und wie sich lösen
können diese Schreckensbande?
Moisasur. Weil du mich mahnst an meine Pflicht, verruchter Geist, so
höre meinen Spruch! Nur dann, wenn sie im Arm des Todes
Freudentränen weint, kehrt ihr zurück, was ihr mein Zauberspruch
entrissen. Nun regt die trägen Drachenglieder, eilet fort, Erwartung
geißelt mein Gefühl. Den höchsten Berg der Welt will ich besteigen
und durch der Hölle Mikroskop will ich mit süßer Lust auf ihr verbittert
Leben schaun. (Ab.)
(Die Geister versinken mit Alzinden.)

Vierte Szene. Auf dem Rücken einer Alpe, mit der Aussicht auf ferne
Gletscher. In der Mitte ein Bergstrom. Der Horizont finster umwölkt.
Rechts ein hohes Bauernhaus, Gluthahn gehörig, links eine arme Hütte,
neben derselben sprudelt eine Quelle in ein natürliches Becken.
Gluthahn (kommt erzürnt und erhitzt). Das ist ein schlechtes G'sind' Im
Rattental dahint'; Der Bauer Michel Stier Kömmt vor'ges Jahr zu mir,
Weint wie ein altes Weib, Und geht mir nicht vom Leib; Mein lieber
Nachbar Glut, Ich bitt' Euch, seid so gut Und zahlt mir auf mein Haus
Fünfhundert Taler aus. (Heuchlerisch.) Und ich, ich guter Narr, Mein
Herz, das ist halt wahr, Das findt man nirgends mehr, Ich bin so dumm,
geb s' her. Ich führ' ihn hin zum Tisch, Wir schreiben einen Wisch;
Fünfhundert Taler bar Geb' ich dir auf ein Jahr; Und daß ich dich nicht
druck', So zahlst' mir achte z'ruck. Wo ist das Jahr schon hin? Was ich
gelaufen bin, Was ich schon schrei' und schelt', Ich komm' nicht zu
dem Geld. A Zeitlang war er krank, Der Teufel weiß ihm's Dank! Jetzt
ist er wieder g'sund, Und zahlt mich nicht, der Hund! Mit ihm
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