Weshalb die Deutschen deine Feinde sind? Eine
verdammt dumme Frage!«
Ich fand, daß dies eigentlich weit mehr eine verdammt dumme
#Antwort# sei, und schwieg.
Jim Boughsleigh qualmte eine dicke Wolke aus seiner Pfeife. Seine
langen Beine baumelten in das Wasser des Teiches, aber sein Zustand
war bereits so heilig geworden, daß er es nicht bemerkte. Er spuckte
noch einmal aus und sagte:
»Die Deutschen wohnen weit, weit von hier in einem eisig kalten Land.
Es ist dort so kalt, daß sie alle erfrieren müßten, wenn sie nicht -- hm --
(Jim bohrte sich in der angebrannten Nase) -- wenn sie nicht
#Menschenfleisch# fräßen!«
Mich erfaßte ein Schauder ob solcher Freveltat.
»Bleib nur sitzen,« ermahnte mich Jim. Er griff sich mit der Rechten
krampfhaft in die Magengegend, stöhnte leise: »O, mich is very
hundsmiserabel,« und fuhr mit erhobener Stimme fort: »Ja,
Menschenfleisch frißt die Bande! Und willst du wissen, #was# für
Menschenfleisch?«
#Natürlich# wollte ich das wissen. »Engländerfleisch?« schrie ich
entsetzt.
»Auch das!« belehrte mich Jim. »Aber nur am Geburtstag und bei
Hochzeitsfeiern! An Wochentagen fressen sie #Hindufleisch#!
Beefsteaks aus Hindufleisch!«
Ich war sprachlos. Wer hätte das von den Deutschen gedacht? Sie
hatten mir bisher einen für Europäer ganz anständigen Eindruck
gemacht. -- Aber traue einer den Weißen!!
Was mir Jim Boughsleigh da erzählte, war so schrecklich, daß ich es
nur langsam fassen konnte.
Nicht daß die Deutschen die Hindus schlachteten, schien mir das
Grauenvolle, denn es ist gleichgültig, welchen Tod man stirbt. Aber
daß sie die toten Körper aufaßen, statt sie nach den Geboten unserer
Religion zu #verbrennen#, das überstieg alle Grenzen der
Menschlichkeit.
Ich #konnte# nicht glauben, was mir Jim erzählte. Aber er beteuerte mir:
»Ich will ein Lump sein, wenn ich nicht die Wahrheit spreche! Sogar
hier im Gefängnis haben die verdammten Deutschen Hindufleisch
verlangt. Ganze Berge Konservenbüchsen davon hat man im Deutschen
Klub gefunden!«
Ich ächzte wie ein verwundetes Tier. Jim Boughsleigh sah es mit
Befriedigung.
»Gibt es denn in Deutschland Hindus?« frug ich.
Jim glotzte mich einen Augenblick verdutzt an, dann sagte er mit
überlegener Miene:
»Massenhaft!! Jeder Deutsche hält sich seinen Hindu! Und füttert ihn
mit Fleisch, bis --«
»Mit Fleisch?« schrie ich auf. »Mit Fleisch? Wissen sie denn nicht, daß
es nur den Hindus der #Kriegerkaste# erlaubt ist, Fleisch zu essen?«
»Natürlich wissen sie das! Aber das ist den Schuften ganz gleichgültig!
Krokodilfleisch geben sie den Hindus zu essen, deutsches
Krokodilfleisch, weil das am billigsten ist! Na, trinken wir noch eins!«
Er zog wieder einen langen Schluck und reichte mir die Flasche.
Ich glaube, ich habe noch nie einen Menschen so ingrimmig gehaßt,
wie ich in diesem Augenblick die Deutschen haßte.
»Es ist nicht anders möglich,« murmelte ich dumpf, »die Deutschen
sind keine Menschen, sondern böse Dämonen!«
Jim Boughsleigh dämpfte seine Stimme zum Flüsterton:
»Ich wollte es dir nicht sagen, aber da du es von selbst erraten hast: ja,
sie sind böse Dämonen!«
»So nehmen sie auch des Nachts Tiergestalt an?«
»Mit Vorliebe! Das ist eine Spezialität von ihnen! Sie verwandeln sich
des Nachts in -- in -- ja, wie gesagt -- sie verwandeln sich -- in
#Frösche#!«
Mir schwindelte. »In Frösche?!«
»Ja, mein Lieber, in grüne Frösche! Hast du schon einmal die Frösche
#quaken# hören? Das ist die deutsche Sprache!«
Das nahm mich nun wieder Wunder, denn ich hatte bisher die
Empfindung gehabt, daß das Froschgequake viel mehr Ähnlichkeit mit
der #englischen# Sprache habe als mit der deutschen.
Wir schwiegen eine Weile, -- ich vor Erregung, Jim, weil ihm die
Zunge von Satz zu Satz ungehorsamer wurde.
Da ich nur lüge, wenn es mir etwas einbringt, will ich die Wahrheit
sagen und eingestehen, daß an meiner Erregung nicht nur die
Empörung über die deutsche Grausamkeit die Schuld trug, sondern
auch der genossene Whisky. Der Dämon aus Jims Flasche war mir vom
Magen in den Kopf geklettert und spielte dort mit meinem Gehirn jenes
Spiel, das die Engländer Football nennen.
»Fragst du nun immer noch, was dich die Deutschen angehen?«
forschte Jim Boughsleigh und hantierte mit einem flackernden
Streichholz unter seinem rechten Ohr herum, weil er dort seine Pfeife
vermutete, die ihm ins Wasser gefallen war. Und heiser fuhr er fort:
»Man muß sie ausrotten!«
Ich nickte.
»Ja, Herr, das muß man!«
»Au verflucht!!« schrie Jim, weil sein Ohr in die Streichholzflamme
geraten war. »Ausrotten muß man sie! Und #du# mußt dabei mithelfen,
wenn du kein feiger Hund sein willst!«
»Wieso ich?« stutzte ich. Eine Ahnung stieg mir auf.
»So fragt ein Angehöriger der #Kriegerkaste#? -- Mit uns nach
Deutschland mußt du --«
»Damit sie mich dort #schlachten#?«
»Oder du sie!«
Jim wurde geradezu zärtlich. Er blickte mich liebevoll an, mit großen
runden Whiskyaugen, und schwärmte schwelgend:
»Du gehst mit nach Deutschland: o, es ist schön dort, die Sonne scheint,
der Mond lacht, die Sterne --«
»Aber es ist doch eiskalt dort?«
»Unsinn!! Brühwarm ist es! Wo
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