verliessen, gab man uns statt der üblichen Morgensuppe, ein Gericht grosser Bohnen, welche in Wasser gekocht und mit Butter gegessen wurden. Wir hatten die Absicht, Abends noch die Stadt L'xor zu erreichen. Wie am Tage vorher war die Hitze ausserordentlich, und ich fing bald an, mich meiner überflüssigen Kleidungsstücke zu entledigen, auch mein spanisches Mützchen wurde dem Bündel beigefügt und dafür aus meinem Tuch zum besseren Schutz gegen die Sonne ein Turban gedreht. Si-Embark war freundlich genug, das Packet, mein ganzes Hab und Gut auf sein Maulthier zu nehmen, welches in zwei an beiden Seiten angebundenen K?rben, "Schuari" genannt, verschiedene Waaren seines Herrn trug. So wurde Tleta-Risane erreicht, Oertlichkeit, wo Dienstags ein Markt abgehalten wird; ungef?hr halbwegs zwischen Tanger und L'xor gelegen, zeichnet sich dieser Platz sonst durch nichts aus. Manchmal soll auch in der N?he ein Duar zu finden sein, zu der Zeit sahen wir nur eine leere St?tte, die aber auf den ersten Blick andeutete, dass zu Zeiten dort grosses Leben und Treiben sein müsste. Hier standen leere Hütten aus Zweigen, dort waren Metzgerpl?tze, und viele Aasgeier und Raben durchwühlten noch den blutdurchtr?nkten Boden, hier sah man Asche der Schmiedewerkst?tte, dort todte Kohlenreste einer Garküche, aber nirgends war ein Mensch zu sehen.
Da Wasser in der N?he war und die Sonne ihren h?chsten Stand erreicht hatte, würde gelagert, und nachdem wir etwas trockenes Brod gegessen hatten, sagte Si-Embark, er wolle einen Freund aus einem in der N?he lagernden Duar abholen, ich solle ihn erwarten, gemeinschaftlich wollten wir dann nach L'xor gehen. Ich wagte nicht, um nicht misstrauisch zu scheinen, ihn um mein Bündelchen zu bitten, er entfernte sich und nie habe ich ihn wiedergesehen.
Ich wartete und wartete, Si-Embark kam nicht wieder; die dem Untergange zueilende Sonne mahnte aber zum Aufbruch. Indess ein ?ngstliches Gefühl beschlich mich, so allein auf jetzt v?llig einsamer Strasse weiter zu ziehen, s?mmtlicher Sachen beraubt. Ich hatte vor, nach Tanger zurückzukehren, aber ich sch?mte mich, nach einer dreit?gigen Reise dort und noch dazu unter solchen Verh?ltnissen wieder zu erscheinen. Ich nahm noch einen tüchtigen Trunk Wasser und vorw?rts zog ich nach Süden. Da Si-Embark mir gesagt hatte, im Funduk el Sultan in L'xor absteigen zu wollen, hoffte ich noch, ihn dort zu finden; aber auch diese Hoffnung erwies sich als falsch.
Es war Abend, als ich L'xor erreichte, mein eigenthümlicher Aufzug, halb europ?isch halb marokkanisch gekleidet, erregte natürlich das gr?sste Aufsehen. Hunderte von Menschen umdr?ngten mich bald, Kinder l?rmten, schimpften und schrien, auch marokkanische Juden kamen hinzu, und das war ein Glück für mich. Der P?belhaufe wollte n?mlich nicht glauben, ich sei Moslim, und wenn ich auch nicht Alles verstand, was sie mir B?ses sagten, merkte ich doch so viel, dass sie keineswegs vom Eindringen eines Christen in ihre Stadt erbaut gewesen w?ren; als aber die Juden, welche spanisch verstanden, oder wie die Marokkaner sagen, "el adjmia" reden (adjmia wendet der Marokkaner auf jede fremde Sprache an), erkl?rten, ich sei allerdings Christ gewesen, habe aber die Religion der Gl?ubigen angenommen, werwandelte [verwandelte] sich das Schimpfen in ein "Gottlob", und als die Juden nun noch hinzufügten, ich beabsichtige nach dem "dar demana"[7] zu pilgern, um sp?ter in die Dienste des Sultans zu treten, war Jedermann zufrieden.
[Fu?note 7: Dar demana, Haus der Zuflucht, wird Uesan von den frommen Gl?ubigen genannt.]
Mittlerweile waren auch ein paar Maghaseni (Reiter der Regierung, die zum Theil in den St?dten Polizeidienst versehen) hinzugekommen; ohne Weiteres ergriff der eine meine Hand und bedeutete, mit ihm zu kommen. Ich wollte nicht, der Maghaseni rief immerw?hrend: "tkellem el Kaid" (der Kaid l?sst Dich rufen), und schien gar nicht zu fassen, dass man einer solchen Aufforderung überhaupt Widerstand entgegensetzen k?nne. Die Juden redeten zu, mitzugehen, sie selbst würden für mich dolmetschen, ich solle nur keine Furcht haben, der Kaid sei ein guter Mann.--Angekommen im Dar el Maghasen, wie jedes Regierungsgeb?ude in Marokko genannt wird, einerlei, ob man das Palais des Sultans oder die Wohnung eines gew?hnlichen Kaid damit meint, wurde ich sogleich vorgelassen. Den ganzen Weg über hatte mich immer der eine Maghaseni bei der Hand gehalten, w?hrend der andere hinten drein ging; erst als wir vor dem Kaid waren, wurde ich losgelassen. Auch sp?ter habe ich diese Sitte in Marokko beobachtet, dass, wenn Jemand gerufen wurde, er immer an der Hand vom Rufenden herbeigebracht wurde.
Der Kaid Kassem empfing mich sehr freundlich, eine Tasse Thee erquickte mich ungemein, ich musste mich setzen und sodann begann er zu fragen, woher ich komme, nach Vaterland, wes Standes, wohin ich wolle, ob ich verheirathet, etc. etc. Der mich begleitende Jude explicirte Alles. Darauf hielt der Kaid, ich muss ihm diese Gerechtigkeit widerfahren lassen, eine eindringliche Rede, nicht ins Innere zu gehen; als ehemaliger Christ w?re ich Alles besser gewohnt, denn Alles sei schlecht in Marokko; er erbot sich sogar, mir ein Pferd zur Rückreise nach Tanger zu stellen und mich durch
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