Macbeth | Page 6

William Shakespeare
Sie machen selbst sich,
und ihr hurtger Dienst Macht dich zu nichts. Ich hab gesäugt und weiß,
Süß ists, das Kind zu lieben, das ich tränke; Ich hätt, indem es mir
entgegenlächelt', Die Brust gerissen aus den weichen Kiefern Und ihm
den Kopf geschmettert an die Wand, Hätt ichs geschworen, wie du
dieses schwurst.
MACBETH Wenns uns mißlänge--
LADY MACBETH Uns mißlingen!-- Schraub deinen Mut nur bis zum
höchsten Grad, Und es mißlingt uns nicht. Wenn Duncan schläft, Wozu
so mehr des Tages starke Reise Ihn einlädt--seine beiden Kämmerlinge
Will ich mit würzgem Weine so betäuben, Daß des Gehirnes Wächter,
das Gedächtnis, Ein Dunst sein wird, und der Vernunft Behältnis Ein
Dampfhelm nur--wenn nun im viehischen Schlaf Ertränkt ihr Dasein
liegt, so wie im Tode, Was können du und ich dann nicht vollbringen
Am unbewachten Duncan? Was nicht schieben Auf die berauschten
Diener, die die Schuld trifft Des großen Mords?
MACBETH Gebär mir Söhne nur! Aus deinem unbezwungenen Stoffe
können Nur Männer sprossen. Wird man es nicht glauben, Wenn wir
mit Blut die zwei Schlaftrunknen färben, Die Kämmerling, und ihre
Dolche brauchen, Daß sie's getan?
LADY MACBETH Wer darf was anders glauben, Wenn unsers
Grames lauter Schrei ertönt Bei seinem Tode?
MACBETH Ich bin fest; gespannt Zu dieser Schreckenstat ist jeder
Nerv. Komm, täuschen wir mit heiterm Blick die Stunde: Birg, falscher

Schein, des falschen Herzens Kunde!
(Sie gehn ab.)

ZWEITER AKT

ERSTE SZENE
(Daselbst, Schloßhof)
(Es treten auf Banquo, Fleance, [ein Diener] mit einer Fackel voran.)
BANQUO Wie spät, mein Sohn?
FLEANCE Der Mond ging unter, schlagen hört ichs nicht.
BANQUO Um zwölf Uhr geht er unter.
FLEANCE 's ist wohl später.
BANQUO Da, nimm mein Schwert!--'s ist Sparsamkeit im Himmel,
Aus taten sie die Kerzen.--Nimm das auch! Ein schwerer Schlaftrieb
liegt wie Blei auf mir, Und doch möcht ich nicht schlafen. Gnädge
Mächte! Hemmt in mir böses Denken, dem Natur Im Schlummer Raum
gibt.--Gib mein Schwert!
([Macbeth tritt auf und ein Diener mit einer Fackel.])
Wer da?
(Macbeth tritt auf und ein Diener mit einer Fackel.)
MACBETH Ein Freund.
BANQUO Wie, Herr, noch auf? Der König ist zu Bett. Er war
ausnehmend froh und sandte noch All Euren Hausbedienten reiche
Gaben; Doch Eure Frau soll dieser Demant grüßen Als seine gütge
Wirtin. Höchst zufrieden Begab er sich zur Ruh.
MACBETH Unvorbereitet, Ward nur des Mangels Diener unser Wille,
Der sonst sich frei enthüllt'.
BANQUO Alles war gut.-- Mir träumte jüngst von den drei
Zauberschwestern: Euch haben sie was Wahres doch gesagt.
MACBETH Ich denke nicht an sie; Doch ließe sich gelegne Stunde
finden, So sprächen wir wohl einiges in der Sache, Gewährtet Ihr die
Zeit.
BANQUO Wie's Euch beliebt.
MACBETH Schließt Ihr Euch meinem Sinn an--wenn es ist, Wirds Ehr
Euch bringen.
BANQUO Büß ich sie nicht ein, Indem ich sie zu mehren streb, und
bleibt Mein Busen frei und meine Lehnspflicht rein, Gern nehm ich Rat

an.
MACBETH Gute Nacht indes!
BANQUO Dank, Herr, Euch ebenfalls!
(Banquo, Fleance [und Diener] ab.)
MACBETH Sag deiner Herrin, wenn mein Trank bereit, Soll sie die
Glocke ziehn. Geh du zu Bett!
(Der Diener geht ab.)
Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke, Der Griff mir zugekehrt?
Komm, laß dich packen!-- Ich faß dich nicht, und doch seh ich dich
immer. Bist du, Unglücksgebild, so fühlbar nicht Der Hand, gleich wie
dem Aug? Oder bist du nur Ein Dolch der Einbildung, ein nichtig
Blendwerk, Das aus dem heiß gequälten Hirn erwächst? Ich seh dich
noch, so greifbar von Gestalt Wie der, den jetzt ich zücke. Du gehst mir
vor den Weg, den ich will schreiten, Und eben solche Waffe wollt ich
brauchen. Mein Auge ward der Narr der andern Sinne, Oder mehr als
alle wert.--Ich seh dich stets, Und dir an Griff und Klinge Tropfen
Bluts, Was erst nicht war.--Es ist nicht wirklich da: Es ist die blutige
Arbeit, die mein Auge So in die Lehr nimmt.--Auf der halben Erde
Scheint tot Natur jetzt, den verhangnen Schlaf Quälen Versucherträume;
Hexenkunst Begeht den Dienst der bleichen Hekate, Und dürrer Mord
schreitet gespenstisch nun, Durch seine Schildwacht aufgeschreckt, den
Wolf, Der ihm das Wachtwort heult, so diebschen Schrittes, Wie wild
entbrannt Tarquin, dem Ziel entgegen. Du sichere und festgefugte Erde,
Hör meine Schritte nicht, wo sie auch wandeln, Daß nicht
ausschwatzen selber deine Steine Mein Wohinaus, und von der Stunde
nehmen Den jetzgen stummen Graus, der so ihr ziemt. Hier droh ich, er
lebt dort; Für heiße Tat zu kalt das müßge Wort!
(Die Glocke wird angeschlagen.)
Ich geh, und 's ist getan; die Glocke mahnt. Hör sie nicht, Duncan, 's ist
ein Grabgeläut, Das dich zu Himmel oder Höll entbeut.
(Ab. [Er steigt hinauf.)

ZWEITE SZENE
(Daselbst])
(Lady Macbeth tritt unten auf.)
LADY MACBETH Was sie betäubte, hat mich stark gemacht, Und was
sie dämpft', hat mich entflammt.--Still, horch!--
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 25
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.