Lieder von Lessing | Page 4

Gotthold Ephraim Lessing
Wein.
Der Schiffbruch
"Gewagt! Freund, komm mit mir aufs Meer!?Das Trinken macht den Beutel leer,?Drum hol ich mir in fernen Landen,?Die unsre V?ter niemals fanden,?Gold, Silber, Berlen, Edelstein;?Und folglich Wein."
Nein Freund! nein Freund, dies wag ich nicht.?Gesetzt, da? unser Schiff zerbricht,?So müssen wir ins Wasser sinken,?Und Wasser wohl gezwungen trinken.?Und Wasser, Wasser schmecket schlecht.?Hab ich nicht recht?
Ja, w?r im Meere lauter Wein,?So g?ng ich, Freund, die Schiffahrt ein.?O Freund! o Freund, mit Freuden?Wollt ich gar Schiffbruch leiden.?Doch dies ist nicht. Drum bleibe hier.?Man borget dir.
Der Schlaf
Ich trinke bis um Mitternacht.?Wenn neben mir der Geizhals wacht,?Und mit bekümmertem Verlangen?Forscht, ob dem Schatze nichts entgangen??Da trink ich noch, und freue mich,?Und trinkend Bacchus lob ich dich.?Da flieht der Durst! da flieht der Kummer!?Doch w?rst du nicht, du sü?er Schlummer,?Wenn sollt ich wieder durstig werden??Und würd ich nicht mehr durstig sein,?So tr?nk ich ja auch nicht mehr Wein.?O Schlaf, welch Gut bist du der Erden!
Der Sommer
_Brüder! lobt die Sommerszeit!_?Ja, dich, Sommer, will ich loben!?Wer nur deine Munterkeit,?Deine bunte Pracht erhoben,?Dem ist wahrlich, dem ist nur,?Nur dein halbes Lob gelungen,?H?tt er auch, wie Brocks, gesungen,?Brocks, der Liebling der Natur.
H?r ein gr??er Lob von mir,?Sommer! ohne stolz zu werden.?Brennst du mich, so dank ichs dir,?Da? ich bei des Strahls Beschwerden,?Bei der durstgen Mattigkeit,?Lechzend nach dem Weine frage,?Und gekühlt den Brüdern sage:?_Brüder! lobt die durstge Zeit!_
L.
Der Sonderling
Sobald der Mensch sich kennt,?Sieht er, er sei ein Narr;?Und gleichwohl zürnt der Narr,?Wenn man ihn also nennt.
Sobald der Mensch sich kennt,?Sieht er, er sei nicht klug;?Doch ists ihm lieb genug,?Wenn man ihn weise nennt.
Ein jeder, der mich kennt,?Spricht: Welcher Sonderling!?Nur diesem ists ein Ding,?Wie ihn die Welt auch nennt.
Der Tabak
Dich, Tabak, lobt der Medikus,?Weil uns dein flei?iger Genu??An Zahn und Augen wohl kurieret,?Und Schleim und Kolster von uns führet.
Dich lobet der Philosophus,?Wenn er scharf meditieren mu?;?Weil er, so lang er dich genie?et,?Des Geistes Flatterkeit vermisset.
Dich lobet der Theologus?Durch einen homiletschen Schlu?,?Wenn er in deinem Rauch entzücket?Ein Bild der Eitelkeit erblicket.
Ich lob an dir als ein Jurist,?Was rechtens an dir l?blich ist;?Da?, wenigstens wie mir es dünket,?Man mehr und ?fter bei dir trinket.
L.
Der Tausch an Hr. W.
Ein M?gdchen, das Verstand und Geist?Gemeiner Sch?nen Zahl entrei?t,?Ein M?gdchen, das bei Büchern schwitzet,?Wenn Phyllis vor dem Spiegel sitzet,?Das ihrer Seelen Sch?nheit bessert,?Wenn die die leibliche vergr??ert,?Das gründlich denkt und gründlich scherzt,?Platonisch liebt, platonisch herzt:?Freund, so ein M?gdchen ist für dich,?Und nicht für mich.
Ein M?gdchen, dessen z?rtlich Bild?Mit Z?rtlichkeit die Herzen füllt,?Ein M?gdchen mit beredten Blicken,?Mit Fü?en, die versteckt entzücken,?Mit H?nden, die liebkosend schlagen,?Und drückend, dich nur lieb ich, sagen,?Mit schwarzem Haar, mit voller Brust,?Gemacht zu dauerhafter Lust:?Freund, so ein M?gdchen ist für mich,?Und nicht für dich.
Das Glück ist ungerecht und blind;?Wenn nicht die Dichter Lügner sind.?Wie oft hat es mit deinem Hoffen,?Wie oft mit meinem eingetroffen??Wie wenn es, dich und mich zu kr?nken,?Dir mein, und mir dein Kind wird schenken??O Freund, was soll die Rache sein??Der Tausch, o Freund, der Tausch allein.?Doch gibst du, geb ich meine dir,?Auch deine mir?
Der Tod
Gestern, Brüder, k?nnt ihrs glauben??Gestern bei dem Saft der Trauben,?(Bildet euch mein Schrecken ein!)?Kam der Tod zu mir herein.
Drohend schwang er seine Hippe,?Drohend sprach das Furchtgerippe:?Fort, du teurer Bacchusknecht!?Fort, du hast genug gezecht!
Lieber Tod, sprach ich mit Tr?nen,?Solltest du nach mir dich sehnen??Sieh, da stehet Wein für dich!?Lieber Tod verschone mich!
L?chelnd greift er nach dem Glase;?L?chelnd macht ers auf der Base,?Auf der Pest, Gesundheit leer;?L?chelnd setzt ers wieder her.
Fr?hlich glaub ich mich befreiet,?Als er schnell sein Drohn erneuet.?Narre, für dein Gl?schen Wein?Denkst du, spricht er, los zu sein?
Tod, bat ich, ich m?cht auf Erden?Gern ein Mediziner werden.?La? mich: ich verspreche dir?Meine Kranken halb dafür.
Gut, wenn das ist, magst du leben:?Ruft er. Nur sei mir ergeben.?Lebe, bis du satt gekü?t,?Und des Trinkens müde bist.
Oh! wie sch?n klingt dies den Ohren!?Tod, du hast mich neu geboren.?Dieses Glas voll Rebensaft,?Tod, auf gute Brüderschaft!
Ewig mu? ich also leben,?Ewig! denn beim Gott der Reben!?Ewig soll mich Lieb und Wein,?Ewig Wein und Lieb erfreun!
Der Verlust
Alles ging für mich verloren,?Als ich Sylvien verlor.?Du nur gingst nicht mit verloren,?Liebe, da ich sie verlor!
Der Vetter und die Muhme
O fluche, Freund, nicht alles Wetter?Auf deinen eigensinngen Vetter.?Schm?lt er manchmal; so la? es sein.?Er hat ja guten Wein.
Auch fluche nicht der alten Muhme.?Man mu? ihr Brummen, sich zum Ruhme,?Mit stiller Sanftmut übergehn.?Die Tochter ist ja sch?n.
Der Wunsch
Wenn ich, Augenlust zu finden,?Unter schatticht kühlen Linden?Schielend auf und nieder gehe,?Und ein h??lich M?dchen sehe,?Wünsch ich pl?tzlich blind zu sein.
Wenn ich, Augenlust zu finden,?Unter schatticht kühlen Linden?Schielend auf und nieder gehe,?Und ein sch?nes M?dchen sehe,?M?cht ich lauter Auge sein.
Der alte und der junge Wein
Ihr Alten trinkt, euch jung und froh zu trinken:?Drum mag der junge Wein?Für euch, ihr Alten, sein.
Der Jüngling trinkt, sich alt und klug zu trinken:?Drum mu? der alte Wein?Für mich, den Jüngling, sein.
Der bescheidene Wunsch
Der Pfennig, den man andachtsvoll?Dem Priester beichtend geben soll,?Gilt mehr als im gemeinen Leben?Ein Pfennig, den wir Iro geben.?Die Klügsten müssen durch
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