Libussa | Page 9

Franz Grillparzer
mit dem Kinde.) Ah, Gute! und dein Kind! Ist's nun
gesund? Und machten jene Kräuter es genesen? Doch eine Narbe noch,
hier nächst der Stirn! Nimm Pfeilwurz, wie es auf den Wiesen wächst
Und drück ihms an die Stirne wiederholt Und sag dazu: in
Gottesnamen.--Gut!
Auch gibt's hier eine Hochzeit sagt man mir. (Das Tänzerpaar von
vorher und der Vater treten näher.) Ei, alter Risbak, fühlst du dich
erweicht Und nennst sie Mann und Weib das hübsche Paar? Du tust
sehr wohl, sie sind einander wert. Denn was du immer sprachst von
arm und reich Da ist nicht Sinn dabei. Wohl denn, Glück auf! Kehrt nur
zu Spiel und Tanz, und froh zur Arbeit.
(Das Volk zieht sich zurück. Sie kommt gegen den Vorgrund.)
Sieh da ihr Herrn, so vornehm abgesondert? Wie unzufrieden oder doch
erstaunt?
Domaslav. Vielleicht erstaunt; daß du, den Göttern ähnlich, Die Gaben
spendest, die du selbst nicht teilst.
Libussa. Leih deinen scharfen Sinn mir weiser Lapak, Daß ich verstehe
was dort jener meint.
Domaslav. So stiftest du nicht Ehen, hohe Fürstin, Und bist der Ehe
doch, der Liebe feind.
Libussa. Du hältst mich wohl für rasend, guter Mann? Wie sollt' ich
hassen was so menschlich ist? Allein zu Lieb' und Ehe braucht es zwei;
Und, sag ich's nur, mein Vater, euer Fürst, War mir des Mannes ein so
würdig Bild, Daß ich vergebens seinesgleichen suche. (Sich von ihnen
entfernend.) Zwar einmal schien's, doch es verschwand auch schnell.
Lapak. Du willst Geprüfte, doch du willst nicht prüfen.
Libussa (vor sich hin). Stellt er sich denn der Prüfung? wollt' ich auch.
Domaslav. Was man entfernt wünscht, hüllt man gern in Dunkel.
Libussa. Nun weiser Lapak denn und starker Biwoy Und mächt'ger
Domaslav, die ihr euch teilt In das was ich im Mann vereint mir denke,
Hört denn ein Rätsel, und als halbe Lösung Füg ich ein Zeichen bei
nach Seherart. War doch die Kette stets der Ehe Bild. (Sie nimmt ihren

Halsschmuck und legt ihn auf ein Kissen, das ein Page hält.)
Wer mir die Kette teilt, Allein sie teilt mit keinem dieser Erde,
Vielmehr sie teilt, auf daß sie ganz erst werde; Hinzufügt was, indem
man es verlor, Das Kleinod teurer machte denn zuvor: Er mag sich
stellen zu Libussas Wahl, Vielleicht wird er, doch nie ein andrer ihr
Gemahl.
Domaslav. Wer mir die Kette teilt.
Biwoy. Und wieder doch nicht teilt.
Domaslav. Hinzufügt was--
Libussa. Müht euch nicht ab! Der weise Lapak, sah ich, schrieb sich's
auf. Verbirg es nicht und teil es diesen mit, Er soll für alle. Nun mit
Gott! ihr Herrn. Sucht auf die Lösung; aber hört zugleich: Bis ihr's
gefunden meidet meine Nähe.-- Libussa ist kein Ziel, das gar so nah.
(Zum Pagen.) Geh nur voran! Ihr folgt! Glück auf den Weg!
Biwoy (im Abgehen leise). Sie narrt uns, sagt' ich euch.
Lapak (ebenso). Wart ab das Ende.
(Die drei samt dem Pagen ab nach der linken Seite.)
Libussa. Wer einsam wirkt spricht in ein leeres All, Was Antwort
schien ist eigner Widerhall.
Ha Wlasta komm! Ist irgendein Geschäft, Ein Mühen, eine Sorge, eine
Qual, Daß ich bevölkre meines Innern Wüste?
(Die im Hintergrunde Stehenden drängen sich nach der linken Seite.)
Was dort?
Wlasta. Zwei Männer streiten wie du siehst. Sie fassen sich am Bart.
Libussa (in die Szene blickend). Schlägst du den Bruder? Gebt mir ein
Schwert, er soll des Todes sterben! Und doch, schelt ich den Zorn und
fühl ihn selbst? Trennt sie!
(Einige gehen nach der linken Seite.)
Und ist das Tier erst Mensch geworden, Bringt sie, auf daß ich
schlichte ihren Streit. Ei Streit und Streit! (Die Hand auf die Brust
gelegt.) Ist's hier denn etwa Friede?
(Ab nach der rechten Seite. Die übrigen zerstreuen sich.)

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Verwandlung
Kurze Gegend mit Felsen und Bäumen.
Die drei Wladiken kommen, vor ihnen der Knabe mit dem Kissen.

Domaslav. Setz nur das Kissen ab, dort leg es hin, Indes wir uns
beraten was zu tun.
(Der Knabe setzt das Kissen auf ein niedres Felsstück links im
Vorgrunde und geht.--Domaslav dem Knaben nachblickend.)
Mir dünkt ich sehe Spott in seinen Augen.
Biwoy (der sich rechts im Vorgrunde zur Erde niedergeworfen hat, mit
seinem Schwerte spielend). Hat er nicht recht und sind wir nicht
genarrt?
Lapak (im Hintergrunde, die Hände auf dem Rücken, auf und ab
gehend). Das frägt sich noch!
Biwoy. Ei ja, dann klügle du!
Domaslav (der links im Vorgrunde auf das Felsenstück gestützt,
unverwandt die Kette betrachtet) Wer mir die Kette teilt--
Biwoy. Allein--Wie heißt's?
Lapak (unwillig hervorsprechend). Allein sie teilt mit keinem dieser
Erde. (Er geht wieder auf und nieder.)
Biwoy. Sie teilt, allein mit niemand. Guter Schwank! (Aufstehend.) Ich
hab es satt. Ich sag euch, es ist Unsinn. Der Widerspruch, ja die
Unmöglichkeit Geknüpft in Reimwerk um uns zu verspotten, Und uns
zu bannen fern von ihrem Hof, Weil
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