Leben und Tod des Königs Johann | Page 3

William Shakespeare
wäre, so
kam er volle vierzehn Wochen vor der gesezmäßigen Zeit in die Welt:
Ich bitte also Euer Majestät mir zuzusprechen, was mein ist, meines
Vaters Güter, nach meines Vaters leztem Willen.
König Johann. Mein guter Kerl, euer Bruder ist in der Ehe gebohren;
euers Vaters Weib brachte ihn während ihrem Ehestand; wenn sie
untreu war, so ist es ihr Fehler, und ein Zufall dem alle Männer
ausgesezt sind, welche Weiber nehmen. Sag mir einmal, wie, wenn
mein Bruder, der deinem Vorgeben nach, die Mühe nahm diesen Sohn
zu zeugen, ihn deinem Vater als seinen Sohn abgefodert hätte? Hätte
nicht dein Vater ein Kalb, das ihm seine Kuh gebracht, gegen die
Ansprüche der ganzen Welt behaupten können? Wahrhaftig, guter

Freund, das hätt' er können; gesezt also auch, er wäre meines Bruders
Sohn, so hätte doch mein Bruder keinen Anspruch an ihn machen, noch
hätt' ihn euer Vater deßwegen, weil er nicht sein sey, verläugnen
können; aus allem diesem folgt also, daß meiner Mutter Sohn euers
Vaters Erben zeugte, und daß euers Vaters Erbe euers Vaters Güter
haben muß.
Robert. Soll denn meines Vaters lezter Wille keine Kraft haben, ein
Kind zu enterben, das nicht sein ist?
Philipp. Von keiner grössern Kraft mich zu enterben, Herr, als, denk
ich, sein Wille mich zu zeugen war.
Elinor. Was wolltest du lieber seyn, ein Faulconbridge, wie dieser hier,
um deine Güter zu haben; oder ein natürlicher Sohn von (Coeur de
Lion), ein Prinz vom Geblüte, und keine Güter dazu?
Philipp. Gnädigste Frau, und wenn mein Bruder meine Gestalt hätte,
und ich hätte die seinige, Sir Roberts seine, wie er; und wenn meine
Beine zwo solche Spindeln wären, meine Arme solch Aalhautiges Zeug,
und mein Gesicht so dünne, daß ich keine Rose* in mein Ohr steken
könnte, ohne daß die Leute sagten: Seht, da geht Drey-Viertels-
Pfennig--Und wenn gleich diese Gestalt Erbe von allen seinen Gütern
wäre, so will ich nimmer von diesem Plaz kommen, wenn ich sie nicht
von Fuß auf hingeben wollte, um dieses Gesicht zu haben; ich wollt'
um alles in der Welt nicht Sir Nobb seyn.
{ed.-* Um diese Anspielung zu verstehen muß man wissen, daß die
Königin Elisabeth unter allen Beherrschern von England die erste und
lezte war, die Drey-Halb-Pfenninge, und Drey-Viertels-Pfenninge
schlagen ließ, auf denen sich ihr Bildniß bald mit bald ohne die Rose,
befand. Theobald.}
Elinor. Du gefällst mir; willt du dein Erbtheil vergessen, ihm deine
Güter überlassen und mir folgen? Ich bin ein Soldat, und im Begriff
wider Frankreich Dienste zu thun.
Philipp. Bruder, nimm du meine Güter, und laß mir mein Gesicht, das
deinig' hat dir fünfhundert Pfund jährlich erworben; aber wenn du es
für fünf Pfenning verkauffen kanst, so glaube du habest wohl gelößt.
Gnädigste Frau, ich bin bereit, euch bis in den Tod zu folgen.
Elinor. Was das betrift, so will ich lieber daß ihr mir voran geht.
Philipp. In unsrer Provinz erfordert die Höflichkeit, daß man die
Vornehmern zuerst gehen lasse.

König Johann. Wie nennst du dich?
Philipp. Philipp, Gnädigster Souverain, so ward ich genennt; Philipp,
des guten alten Sir Roberts seiner Frauen ältester Sohn.
König Johann. Von nun trage den Namen von dem, dessen Gestalt du
trägst; knie nieder, Philipp, um grösser aufzustehen.
(Er schlägt ihn zum Ritter.)
Steh als Sir Richard Plantagenet auf.
Philipp. Bruder von mütterlicher Seite, gebt mir eure Hand; mein Vater
gab mir Ehre, der eure giebt euch Land. Nun, gesegnet sey die Stunde,
es mag Nacht oder Tag gewesen seyn, da ich gezeugt und Sir Robert
abwesend war.
Elinor. Der echte Geist der Plantagenet's. Ich bin deine Großmutter,
Richard, nenne mich so.
Philipp. Durch einen Zufall, Gnädigste Frau, nicht in der Ordnung;
doch was thut das? Ob man zum Fenster hinein kommt oder zur Thüre,
wenn man nur drinn ist; näher oder weiter vom Ziel, wohl getroffen ist
wohl geschossen, und ich bin ich, ich mag gezeugt seyn wie ich will.
König Johann. Geh, Faulconbridge, du hast nun was du wünschtest; ein
güterloser Ritter macht dich zu einem begüterten Junker. Kommt,
Madam; komm, Richard, wir müssen nach Frankreich eilen, nach
Frankreich, es ist höchste Zeit.
Philipp. Bruder, leb wohl; ich wünsche dir viel Glüks, denn du bist mit
Erlaubniß der Geseze auf die Welt gekommen.
(Alle gehen ab, bis auf Philipp.)

Dritte Scene.
Philipp. Meine Ehre steht nun auf einem bessern Fuß als zuvor, aber
mein Vermögen hat sich um manchen Fuß Landes verschlimmert. Sey
es dann; izt kan ich doch ein jedes Gretchen zu einer Lady
machen--"Guten Tag, Sir Richard"--Grossen Dank, Camerad--und
wenn er Görge heißt, kan ich ihn Peter nennen; denn neugebakner Adel
vergißt der Leute Nahmen; man würde zuviel vergeben, wenn man
noch auf solche Kleinigkeiten acht haben wollte, und solche Leute sind
nicht fein genug für eure Gesellschaft. Izt ist der gereißte Mann*
meiner Gnaden Tisch-Genosse, er und sein Zahnstocher; und wenn
mein
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