Leben und Tod des Königs Johann | Page 2

William Shakespeare
und so scheid' im Frieden;
denn eh du berichtet haben kanst, daß ich kommen werde, soll
Frankreich den Donner meiner Canonen hören.** Hinweg dann; sey du
die Trompete unsers Zorns, und das plözliche Vorzeichen euers
Untergangs. Pembrok, sorget dafür, daß er mit einem anständigen
Geleit aus unserm Reich entlassen werde; lebe wohl, Chatilion.
{ed.-** Zu Anfang des dreizehnten Seculi nemlich.}
(Chatilion und Pembroke gehen ab.)
Elinor. Wie nun, mein Sohn? Sagt' ich nicht immer, diese ehrgeizige
Constantia werde nicht ruhen, bis sie Frankreich und alle Welt für die
Ansprüche ihres Sohns in Flammen gesezt habe? Allem diesem hätte
man zuvorkommen und in der Güte beylegen können, was nun der
blutige und gefahrvolle Kampf zweyer Königreiche entscheiden soll.
König Johann. Unser völliger Besiz, und unser Recht--
Elinor. Wenn unser Besiz nicht kräftiger ist als unser Recht, so muß es
uns beyden übel gehen; laßt euch mein Gewissen das ins Ohr sagen, da
es niemand hört als der Himmel, ihr und ich.
Essex. Gnädigster Herr, es ist hier eine Streitsache, die aus der Provinz
zu Eurer Majestät Entscheidung gebracht wird, die seltsamste, die ich
jemals gehört. Soll ich die Partheyen hereinführen?
König Johann. Laßt sie herein kommen--Unsre Abteyen und Prioreyen
sollen die Unkosten dieses Kriegs bezahlen--Wer seyd ihr?

Zweyte Scene. (Robert Faulconbridge und Philipp, sein Bruder, der
Bastard, treten auf.)
Philipp. Euer Majestät getreuer Unterthan, ein Edelmann in
Northamptonshire gebohren, und wie ich behaupte, der älteste Sohn
von Robert Faulconbridge, einem Kriegsmann, den die ehrenvolle
Hand des Königs Richard (Coeur-de-Lion) im Felde zum Ritter
geschlagen.
König Johann (zu Robert.) Wer bist du?
Robert. Der Sohn und Erbe von diesem nemlichen Faulconbridge.
König Johann. Ist dieser der Ältere, und du bist der Erbe? Ihr seyd also
nicht von einer Mutter, scheint es?
Philipp. Wir sind ganz gewiß von einer Mutter, mächtiger König, das
ist jedermann bekannt, und, wie ich glaube, auch von einem Vater;
doch wegen der Gewißheit dieses leztern Puncts muß ich Euer Majestät
an den Himmel und meine Mutter anweisen; denn davon bin ich nicht
gewisser als alle andre Menschen-Kinder.
Elinor. Hinweg mit dir, du ungesitteter Mensch! Schämst du dich nicht,
deiner Mutter Ehre durch diesen Zweifel zu verwunden?
Philipp. Auch thue ich es nicht, Gnädigste Frau; ich habe keine
Ursache dazu, das ist meines Bruders Sache, das geht mich nichts an;
wenn er so was beweisen kan, so bringt er mich wenigstens um schöne
fünfhundert Pfund des Jahrs; der Himmel schüze meiner Mutter Ehre
und mein Erbgut!
König Johann. Ein guter runder Geselle; aber warum macht er denn
einen Anspruch an dein Erbgut, wenn er der jüngere Bruder ist?
Philipp. Ich weiß nicht warum, ausser daß er gerne meine Güter hätte;
es ist wahr, er warf mir einmal vor, daß ich unehlich gezeugt sey, allein
das ist eine Sache, die ich lediglich meiner Mutter überlasse; ich kan
nicht wissen, ob ich ehlich oder unehlich gezeugt bin; aber das weiß ich,
daß ich eben so wohl gemacht bin als er. (Sanft mögen die Gebeine
ruhen, die diese Mühe für mich genommen haben!) Vergleichet unsre
Gesichter, gnädigster Herr, und thut den Ausspruch. Wenn der alte Sir
Robert uns beyde gemacht hat, und dieser Sohn ihm ähnlich sieht; o
alter Sir Robert, so dank ich dem Himmel auf meinen Knien, daß ich
dir nicht ähnlich sehe.
König Johann. Ha, was für einen Pikelhäring hat uns der Himmel hier
zugeschikt?

Elinor. Er hat einen Zug von (Coeur de Lion's) Gesicht, und einen
ähnlichen Ton der Stimme; findet ihr nicht einige Ähnlichkeiten mit
meinem Sohn, in der stämmichten Gestalt dieses jungen Menschen?
König Johann. Ich betrachte ihn schon lange deßwegen, und find' ihn
durchaus Richard;
(zu Robert.)
Nun, Geselle, sage dann, was bewegt dich einen Anspruch an deines
Bruders Güter zu machen?
Philipp. Weil er ein halbes Gesicht hat, wie mein Vater; um dieses
halben Gesichts willen möcht er gerne mein ganzes Erbgut haben; ein
groschenmäßiges Halb-Gesicht, fünfhundert Pfund des Jahrs!
Robert. Mein gnädigster Souverain, wie mein Vater noch lebte,
brauchte der König, euer Bruder, meinen Vater viel--
Philipp. Gut, Herr, das kan euch nichts von meinen Gütern geben; ihr
müßt sagen, wie er meine Mutter brauchte.
Robert. --und verschikte ihn einst in einer Gesandtschaft nach
Deutschland, wo er über wichtige Angelegenheiten der damaligen Zeit
mit dem Kayser Unterhandlung pflegen sollte; der König machte sich
indessen seine Abwesenheit zu Nuze, und hielt sich die ganze Zeit über
in meines Vaters Haus auf; wie er's da so weit gebracht, daß er--ich
schäme mich es zu sagen; allein Wahrheit ist Wahrheit; Kurz, es lagen
Meere und Länder zwischen meinem Vater und meiner Mutter, wie
dieser junge Herr hier gezeugt wurde; das hab' ich aus meines Vaters
eignem Munde. Auf seinem Todbette vermachte er seine Güter durch
ein Testament mir, und blieb bis in seinen Tod dabey, daß dieser,
meiner Mutter Sohn, nicht der seinige sey; und wenn er's auch
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