Kritik des Herzens | Page 3

Wilhelm Busch
schaut,
ob auch die Rieke hier,
Und ob sie auch in Frieden ruht
Und daß ihr
ja nicht wer was thut,
Was sich nun einmal nicht gehört,
Was
gottlos und beneidenswerth.
Es wird mit Recht ein guter Braten
Gerechnet zu den guten Thaten;

Und daß man ihn gehörig mache,
Ist weibliche Charaktersache.
Ein
braves Mädchen braucht dazu
Mal erstens reine Seelenruh,
Daß bei
Verwendung der Gewürze
Sie sich nicht hastig überstürze.
Dann
zweitens braucht sie Sinnigkeit,
Ja, so zu sagen, Innigkeit,
Damit
sie alles appetitlich,
Bald so, bald so und recht gemüthlich

Begießen, drehn und wenden könne,
Daß an der Sache nichts
verbrenne.
In Summa braucht sie Herzensgüte,
Ein sanftes Sorgen
im Gemüthe,

Fast etwas Liebe insofern,
Für all die hübschen, edlen
Herrn,
Die diesen Braten essen sollen
Und immer gern was Gutes
wollen.
Ich weiß, daß hier ein Jeder spricht:
Ein böses Mädchen
kann es nicht.
Drum hab ich mir auch stets gedacht
Zuhaus und
anderwärts:
Wer einen guten Braten macht,
Hat auch ein gutes
Herz.
Ihr kennt ihn doch schon manches Jahr,
Wißt, was es für ein Vogel
war;
Wie er in allen Gartenräumen
Herumgeflattert auf den
Bäumen;
Wie er die hübschen rothen Beeren,
Die andern Leuten

zugehören,
Mit seinem Schnabel angepickt
Und sich ganz lasterhaft
erquickt.
Nun hat sich dieser böse Näscher,
Gardinenschleicher,
Mädchenhäscher,
Der manchen Biedermann gequält,
Am Ende
selber noch vermählt.
Nun legt er seine Stirn in Falten,
Fängt eine
Predigt an zu halten
Und möchte uns von Tugend schwatzen.
Ei, so
ein alter Schlingel! Kaum
Hat er 'nen eignen Kirschenbaum,
So
schimpft er auf die Spatzen.
Ferne Berge seh ich glühen!
Unruhvoller Wandersinn!
Morgen will
ich weiter ziehen,
Weiß der Teufel, wohin?
Ja ich will mich nur bereiten,
Will -- was hält mich nur zurück?

Nichts wie dumme Kleinigkeiten!
Zum Exempel, Dein Blick!
Es ging der fromme Herr Kaplan,
Nachdem er bereits viel Gutes
gethan,
In stiller Betrachtung der schönen Natur
Einst zur Erholung
durch die Flur.
Und als er kam an den Waldessaum,
Da rief der
Kuckuck lustig vom Baum:
Wünsch guten Abend, Herr Kollege!

Der Storch dagegen, nicht weit vom Wege,
Steigt in der Wiese auf
und ab
Und spricht verdrießlich: Plapperapapp!
Gäb's lauter Pfaffen
lobesam,
Ich wäre längst schon flügellahm!
Man sieht, daß selbst der frömmste Mann
Nicht allen Leuten gefallen
kann.
Ach, wie geht's dem heilgen Vater,
Groß und schwer sind seine
Lasten,
Drum, o Joseph, trag den Gulden
In Sanct Peter's
Sammelkasten!
So sprach im Seelentrauerton
Die Mutter zu dem frommen Sohn.

Der Joseph, nach empfangner Summe,
Eilt auch sogleich um's Eck
herumme,
Bis er das Thor des Hauses fand,
Wo eines Bockes
Bildniß stand,

Was man dahin gemalt mit Fleiß
Zum Zeichen, daß
hier Bockverschleiß.
Allhier in einen kühlen Hof
Setzt sich der

Joseph hin und sof;
Und aß dazu, je nach Bedarf,
Die gute Wurst,
den Radi scharf,
Bis er, was nicht gar lange währt,
Sanct Peters
Gulden aufgezehrt.
Nun wird's ihm trauriglich zu Sinn
Und stille
singt er vor sich hin:
Ach der Tugend schöne Werke,
Gerne möcht ich sie erwischen,

Doch ich merke, doch ich merke,
Immer kommt mir was dazwischen.
Es stand vor eines Hauses Thor
Ein Esel mit gespitztem Ohr,
Der
käute sich sein Bündel Heu
Gedankenvoll und still entzwei --
Nun
kommen da und bleiben stehn
Der naseweisen Buben zween,
Die
auch sogleich, indem sie lachen,
Verhaßte Redensarten machen,

Womit man denn bezwecken wollte,
Daß sich der Esel ärgern sollte.
--
Doch dieser hocherfahrne Greis
Beschrieb nur einen halben Kreis,

Verhielt sich stumm und zeigte itzt
Die Seite, wo der Wedel sitzt.
Wer möchte diesen Erdenball
Noch fernerhin betreten,
Wenn wir
Bewohner überall
Die Wahrheit sagen thäten.
Ihr hießet uns, wir hießen euch
Spitzbuben und Hallunken,
Wir
sagten uns fatales Zeug
Noch eh wir uns betrunken.
Und überall im weiten Land,
Als langbewährtes Mittel,
Entsproßte
aus der Menschenhand
Der treue Knotenknittel.
Da lob ich mir die Höflichkeit,
Das zierliche Betrügen.
Du weißt
Bescheid, ich weiß Bescheid;
Und Allen macht's Vergnügen.
Ich wußte, sie ist in der Küchen,
Ich bin ihr leise nachgeschlichen.

Ich wollt' ihr ew'ge Treue schwören
Und fragen, willst du mir
gehören.
Auf einmal aber stutzte ich.
Sie kramte zwischen dem
Gewürze;
Dann schnäutzte sie und putzte sich

Die Nase mit der
Schürze.
Die erste alte Tante sprach:
Wir müssen nun auch dran denken,


Was wir zu ihrem Namenstag
Dem guten Sophiechen schenken.
Drauf sprach die zweite Tante kühn:
Ich schlage vor, wir entscheiden

Uns für ein Kleid in Erbsengrün,
Das mag Sophiechen nicht leiden.
Der dritten Tante war das recht:
Ja, sprach sie, mit gelben Ranken!

Ich weiß, sie ärgert sich nicht schlecht
Und muß sich auch noch
bedanken.
Da kommt mir eben so ein Freund
Mit einem großen Zwicker.
Ei,
ruft er, Freundchen, wie mir scheint,
Sie werden immer dicker.
Ja ja, man weiß oft selbst nicht wie,
So kommt man in die Jahre;

Pardon, mein Schatz, hier haben Sie
Schon eins, zwei graue Haare! --
Hinaus, verdammter Kritikus,
Sonst schmeiß ich dich in Scherben.

Du Schlingel willst mir den Genuß
Der Gegenwart verderben!
Der alte Förster Püsterich
Der ging nach langer Pause
Mal wieder
auf den Schnepfenstrich
Und brachte auch eine nach Hause.
Als er sie nun gebraten hätt,
Da thät ihn was verdreußen;
Das
Thierlein roch wie sonst so nett,
Nur konnt er's nicht recht mehr
beißen.
Ach ja! so seufzt er wehgemuth
Und wischt sich ab die Thräne,
Die
Nase wär so weit noch gut,
Nur blos, es fehlen die Zähne.
Kinder, lasset uns besingen,
Aber ohne allen Neid,
Onkel Kaspers
rothe Nase,
Die uns schon so oft erfreut.
Einst ward sie als zarte Pflanze
Ihm von der Natur geschenkt;

Fleißig hat er sie begossen,
Sie mit Wein und Schnaps getränkt.
Bald bemerkte er mit Freuden,
Daß die
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