Komik und Humor | Page 3

Theodor Lipps
der Bilder vor dem andern bevorzugt sein lassen, so fehlt endlich auch die M?glichkeit, dass das eine durch das andere auf l?ngere Zeit verdr?ngt werde. So bleibt nach Hecker nur ��brig, dass die Wahrnehmung zwischen beiden mit grosser Schnelligkeit hin- und herzittert; und dies Hin- und Herzittern, meint Hecker, sei der Glanz.
In gleicher Weise nun sollen auch ann?hernd gleich starke Gef��hle der Lust und Unlust, die gleichzeitig gegeben sind, nicht nebeneinander bestehen, noch zu einem mittleren Gef��hle verschmelzen k?nnen, sondern zu schnellem Wechsel gen?tigt sein. Und in diesem Wechsel soll das Gef��hl der Komik bestehen.
Scharfsinnig ausgedacht mag diese Theorie erscheinen. Schade nur, dass sie gar keinen Boden unter den F��ssen hat. Dem Physiologen Hecker erscheint die Analogie zwischen Gef��hl der Komik und Wahrnehmung des Glanzes als eine vollst?ndige. Ich sehe in Heckers Meinung nur ein Beispiel daf��r, wie leicht es demjenigen, der mit der Eigenart eines Gebietes wenig vertraut ist, begegnet, dass er Erscheinungen, die diesem Gebiete angeh?ren, mit Erscheinungen von v?llig heterogener Natur in Analogie setzt und aus dieser Analogie zu erkl?ren meint. Dass auch Heckers Erkl?rung des Glanzes keineswegs einwandfrei ist, soll dabei nicht besonders betont werden.
Thats?chlich ist freilich auch nach Heckers Darstellung die Analogie zwischen Glanz und Komik keine vollst?ndige. Der beschleunigte Wettstreit wird beim Gl?nze einfach daraus abgeleitet, dass die entgegengesetzten Qualit?ten sich die Wage halten, w?hrend beim Gef��hl der Komik das pl?tzliche Auftreten des Kontrastes als wesentlich erscheint.
Aber davon wollen wir absehen. Wichtiger ist, dass die Grundvoraussetzung der ganzen Theorie irrig ist. Das Gef��hl der Komik geh?rt der Linie zwischen reiner Lust und reiner Unlust an. Aber es erf��llt in seinen m?glichen Abstufungen die ganze Linie, so dass es stetig einerseits in reine Lust, andererseits in reine Unlust ��bergeht. Wenn jemand eine anerkannte Wahrheit in witziger Form ausspricht, so spielend und doch so unmittelbar einleuchtend, wie es der gute Witz zu thun pflegt; wenn durch einen solchen Witz niemand verletzt oder abgefertigt wird; dann ist das Gef��hl der Komik, das sich daran heftet, zwar durchaus eigenartig, hinsichtlich seines Verh?ltnisses zu Lust und Unlust aber mit den reinsten Lustgef��hlen, die uns beschieden sind, vergleichbar. Wenn andererseits ein Mann sich wie ein Kind betr?gt, jemand, der wichtige Verpflichtungen mit viel Selbstbewu?tsein ��bernommen hat, im letzten Momente sich feige zur��ckzieht, so kann ein Gef��hl der Komik entstehen, das von reiner Unlust sich beliebig wenig unterscheidet.
Auch hier darf freilich das Moment der Erheiterung nicht fehlen, wenn wir das Gebahren noch komisch oder "l?cherlich" nennen sollen. Aber eine bestimmte St?rke desselben ist dazu nicht erforderlich. Denken wir uns dies Moment schw?cher und schw?cher, so geht das L?cherliche nicht sprungweise, sondern allm?hlich in das Ver?chtliche oder Erb?rmliche ��ber.
Das Gleiche gilt von dem "Hohnlachen", mit dem der Verbrecher, der am Ende seiner nichtsw��rdigen Laufbahn angekommen ist und alle seine Pl?ne hat scheitern sehen, sich gegen sich selbst und seine Vergangenheit wendet. Auch hierin steckt noch jenes Moment der Erheiterung. Zun?chst aber spricht aus diesem verzweiflungsvollen Lachen eben das Gef��hl der Verzweiflung, also des h?chsten seelischen Schmerzes. Und dieser Schmerz kann sich steigern und die F?higkeit sich dar��ber zu erheben und der Sache eine heitere Seite abzugewinnen, sich mindern. So lange dies letztere Moment nicht v?llig verschwindet, ist der Verbrecher sich selbst l?cherlich, also Gegenstand einer, wenn auch noch so schmerzlichen Komik.
GEF��HL UND "GEF��HLSSWETTSTREIT".
Das Gef��hl der Komik, das steht uns fest, ist nicht durch ein bestimmtes quantitatives Verh?ltnis von Lust und Unlust gekennzeichnet. Dar��ber h?tte Hecker schon der einfache Sprachgebrauch belehren k?nnen, der ein Lachen bald als lustig, fr?hlich, herzlich, bald als ?rgerlich, schmerzlich, bitter bezeichnet.
Es k?nnen aber auch umgekehrt Lust und Unlust, die "aus einem Punkte erzeugt" sind, recht wohl sich ann?hernd die Wage halten, ohne dass doch, sei es das Gef��hl der Komik, sei es der Wettstreit entsteht, der nach Hecker die Komik machen soll.
Lust und Unlust sollen nicht nebeneinander bestehen und sich zu einem Gesamtgef��hl vereinigen k?nnen. Und warum nicht? Wegen der Analogie des Glanzes? Aber diese Analogie wird Lust und Unlust schwerlich verhindern, ihren eigenen Gesetzen zu gehorchen.
Sagen wir es kurz: Der ganze _Hecker_'sche Wettstreit der Gef��hle ist ein psychologisches Unding. Es giebt in uns gar keine "_Gef��hle_", die mit einander in Wettstreit geraten k?nnten, sondern von vornherein immer nur ein _Gef��hl_, genauer: eine so oder so beschaffene Weise, wie uns zu Mute ist, oder wie wir "_uns_" f��hlen. F��hlen heisst sich f��hlen. Alles Gef��hl ist Selbstgef��hl. Dies ist eben das Besondere des Gef��hls im Gegensatz zur Empfindung, die jederzeit Empfindung von Etwas, d. h. Empfindung eines von mir unterschiedenen Objektes ist. Ich f��hle mich lust- oder unlustgestimmt, ernst oder heiter, strebend oder widerstrebend.
So gewiss nun ich in meinem Selbstgef��hl mir nicht als eine Mehrheit erscheine, so gewiss giebt es f��r mich nicht in einem und demselben Momente nebeneinander mehrere Gef��hle. Dies hindert nicht, dass ich an dem Gef��hl oder Selbstgef��hl eines Momentes mehrere Seiten unterscheide, so etwa, wie
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