Kabale und Liebe | Page 5

Friedrich von Schiller
den du an diesen Kummer verlorst, war deinem Jüngling gestohlen.
Luise (fa?t seine Hand, indem sie den Kopf schüttelt). Du willst mich einschl?fern, Ferdinand--willst meine Augen von diesem Abgrund hinweglocken, in den ich ganz gewi? stürzen mu?. Ich seh' in die Zukunft--die Stimme des Ruhms--deine Entwürfe--dein Vater--mein Nichts. (Erschrickt und l??t pl?tzlich seine Hand fahren.) Ferdinand! Ein Dolch über dir und mir!--Man trennt uns!
Ferdinand. Trennt uns! (Er springt auf.) Woher bringst du diese Ahnung, Luise? Trennt uns?--Wer kann den Bund zweier Herzen l?sen, oder die T?ne eines Accords auseinander rei?en?--Ich bin ein Edelmann--La? doch sehen, ob mein Adelbrief ?lter ist, als der Ri? zum unendlichen Weltall? oder mein Wappen gültiger, als die Handschrift des Himmels in Luisens Augen: dieses Weib ist für diesen Mann?--Ich bin des Pr?sidenten Sohn. Eben darum. Wer, als die Liebe, kann mir die Flüche versü?en, die mir der Landeswucher meines Vaters vermachen wird?
Luise. O wie sehr fürcht' ich ihn--diesen Vater!
Ferdinand. Ich fürchte nichts--nichts--als die Grenzen deiner Liebe. La? auch Hindernisse wie Gebirge zwischen uns treten, ich will sie für Treppen nehmen und drüber hin in Luisens Arme fliegen. Die Stürme des widrigen Schicksals sollen meine Empfindung emporblasen, Gefahren werden meine Luise nur reizender machen.--Also nichts mehr von Furcht, meine Liebe. Ich selbst--ich will über dir wachen, wie der Zauberdrach über unterirdischem Golde--Mir vertraue dich! Du brauchst keinen Engel mehr--Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen--empfangen für dich jede Wunde--auffassen für dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude--dir ihn bringen in die Schale der Liebe. (Sie z?rtlich umfassend.) An diesem Arm soll meine Luise durchs Leben hüpfen; sch?ner, als er dich von sich lie?, soll der Himmel dich wieder haben und mit Verwunderung eingestehn, da? nur die Liebe die letzte Hand an die Seelen legte-Luise (drückt ihn von sich, in gro?er Bewegung). Nichts mehr! Ich bitte dich, schweig! --Wü?test du--La? mich--du wei?t nicht, da? deine Hoffnungen mein Herz wie Furien anfallen. (Will fort.)
Ferdinand (h?lt sie auf). Luise? Wie! Was! Welche Anwandlung?
Luise. Ich hatte diese Tr?ume vergessen und war glücklich--Jetzt! jetzt! von heut an--der Friede meines Lebens ist aus--Wilde Wünsche--ich wei? es--werden in meinem Busen rasen.--Geh--Gott vergebe dir's--Du hast den Feuerbrand in mein junges, friedsames Herz geworfen, und er wird nimmer, nimmer gel?scht werden. (Sie stürzt hinaus. Er folgt ihr sprachlos nach.)

Fünfte Scene.
Saal beim Pr?sidenten.
Der Pr?sident, ein Ordenskreuz um den Hals, einen Stern an der Seite, und Secret?r Wurm treten auf.
Pr?sident. Ein ernsthaftes Attachement! Mein Sohn?--Nein, Wurm, das macht Er mich nimmermehr glauben.
Wurm. Ihro Excellenz haben die Gnade, mir den Beweis zu befehlen.
Pr?sident. Da? er der Bürgercanaille den Hof macht--Flatterieen sagt--auch meinetwegen Empfindungen vorplaudert--das sind lauter Sachen, die ich m?glich finde--verzeihlich finde--aber--und noch gar die Tochter eines Musikus, sagt Er?
Wurm. Musikmeister Millers Tochter.
Pr?sident. Hübsch--Zwar das versteht sich.
Wurm (lebhaft). Das sch?nste Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel gesagt, neben den ersten Sch?nheiten des Hofes noch Figur machen würde.
Pr?sident (lacht). Er sagt mir, Wurm--Er habe ein Aug auf das Ding--das find' ich. Aber sieht Er, mein lieber Wurm--da? mein Sohn Gefühl für das Frauenzimmer hat, macht mir Hoffnung, da? ihn die Damen nicht hassen werden. Er kann bei Hof etwas durchsetzen. Das M?dchen ist sch?n, sagt Er; das gef?llt mir an meinem Sohn, da? er Geschmack hat. Spiegelt er der N?rrin solide Absichten vor? Noch besser--so seh' ich, da? er Witz genug hat, in seinen Beutel zu lügen. Er kann Pr?sident werden. Setzt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, da? er Glück hat.--Schlie?t sich die Farce mit einem gesunden Enkel--unvergleichlich! so trink' ich auf die guten Aspecten meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr und bezahle die Scortationsstrafe für seine Dirne.
Wurm. Alles, was ich wünsche, Ihr' Excellenz, ist, da? Sie nicht n?thig haben m?chten, diese Bouteille zu Ihrer Zerstreuung zu trinken.
Pr?sident (ernsthaft). Wurm, besinn' Er sich, da? ich, wenn ich einmal glaube, hartn?ckig glaube; rase, wenn ich zürne--Ich will einen Spa? daraus machen, da? Er mich aufhetzen wollte. Da? Er sich seinen Nebenbuhler gern vom Hals geschafft h?tte, glaub' ich Ihm herzlich gern. Da Er meinen Sohn bei dem M?dchen auszustechen Mühe haben m?chte, soll Ihm der Vater zur Fliegenklatsche dienen, das find' ich wieder begreiflich--und da? er einen so herrlichen Ansatz zum Schelmen hat, entzückt mich sogar--Nur, mein lieber Wurm, mu? Er mich nicht mit prellen wollen.--Nur, versteht Er mich, mu? Er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grunds?tze treiben.
Wurm. Ihro Excellenz verzeihen. Wenn auch wirklich--wie Sie argwohnen--die Eifersucht hier im Spiel sein sollte, so w?re sie es wenigstens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.
Pr?sident. Und ich d?chte, sie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verschl?gt es denn Ihm, ob Er die Karolin frisch aus der Münze oder vom Bankier bekommt. Tr?st' Er sich mit dem hiesigen Adel--wissentlich oder nicht--bei uns wird selten eine Mariage geschlossen, wo nicht wenigstens ein halb Dutzend der G?ste--oder der Aufw?rter--das Paradies des
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