Immensee | Page 5

Theodor W. Storm
[Fu?note: Oder Rathauskeller. In fast jeder gro?en Stadt Deutschlands ist der Rathauskeller in ein Speise- und Bierhaus verwandelt worden.] am alten Eichentisch zusammensa?. Die Lampen an den W?nden waren angez��ndet, denn hier unten d?mmerte es schon; aber die G?ste waren sparsam versammelt, die Kellner lehnten m��?ig an den Mauerpfeilern.
In einem Winkel des Gew?lbes sa?en ein Geigenspieler und ein Zitherm?dchen mit feinen zigeunerhaften Z��gen; sie hatten ihre Instrumente auf dem Scho? liegen und schienen teilnahmslos vor sich hinzusehen.
Am Studententische knallte ein Champagnerpfropfen. ?Trinke, mein b?hmisch Liebchen!" rief ein junger Mann von junkerhaftem ?u?ern, indem er ein volles Glas zu dem M?dchen hin��berreichte.
?Ich mag nicht," sagte sie, ohne ihre Stellung zu ver?ndern.
?So singe!" rief der Junker und warf ihr eine Silberm��nze in den Scho?. Das M?dchen strich sich langsam mit den Fingern durch ihr schwarzes Haar, w?hrend der Geigenspieler ihr ins Ohr fl��sterte; aber sie warf den Kopf zur��ck und st��tzte das Kinn auf ihre Zither.
?F��r den spiel' ich nicht," sagte sie.
Reinhard sprang mit dem Glase in der Hand auf und stellte sich vor sie.
?Was willst du?" fragte sie trotzig.
?Deine Augen sehen."
?Was geh'n dich meine Augen an?"
Reinhard sah funkelnd auf sie nieder.
?Ich wei? wohl, sie sind falsch!"
Sie legte ihre Wange in die flache Hand und sah ihn lauernd an. Reinhard hob sein Glas an den Mund.
?Auf deine sch?nen s��ndhaften Augen!" sagte er und trank.
Sie lachte und warf den Kopf herum.
?Gib!" sagte sie, und indem sie ihre schwarzen Augen in die seinen heftete, trank sie langsam den Rest. Dann griff sie einen Dreiklang und sang mit tiefer leidenschaftlicher Stimme:
Heute, nur heute Bin ich so sch?n Morgen, ach morgen Mu? alles vergeh'n! Nur diese Stunde Bist du noch mein; Sterben, ach sterben Soll ich allein!
W?hrend der Geigenspieler in raschem Tempo das Nachspiel einsetzte, gesellte sich ein neuer Ank?mmling zu der Gruppe.
?Ich wollte dich abholen, Reinhard," sagte er. ?Du warst schon fort; aber das Christkind war bei dir eingekehrt."
?Das Christkind?" sagte Reinhard, ?das kommt nicht mehr zu mir."
?Ei was! Dein ganzes Zimmer roch nach Tannenbaum und braunen Kuchen."
Reinhard setzte das Glas aus seiner Hand und griff nach seiner M��tze.
?Was willst du?" fragte das M?dchen.
?Ich komme schon wieder."
Sie runzelte die Stirn. ?Bleib!" rief sie leise und sah ihn vertraulich an.
Reinhard z?gerte. ?Ich kann nicht," sagte er.
Sie stie? ihn lachend mit der Fu?spitze. ?Geh!" sagte sie, ?du taugst nichts; ihr taugt alle mit einander nichts." Und w?hrend sie sich abwandte, stieg Reinhard langsam die Kellertreppe hinauf.
Drau?en auf der Stra?e war es tiefe D?mmerung; er f��hlte die frische Winterluft an seiner hei?en Stirn. Hier und da fiel der helle Schein eines brennenden Tannenbaums aus den Fenstern, dann und wann h?rte man von drinnen das Ger?usch von kleinen Pfeifen und Blechtrompeten und dazwischen jubelnde Kinderstimmen.
Scharen von Bettelkindern gingen von Haus zu Haus oder stiegen auf die Treppengel?nder und suchten durch die Fenster einen Blick in die versagte Herrlichkeit zu gewinnen. Mitunter wurde auch eine T��r pl?tzlich aufgerissen, und scheltende Stimmen trieben einen ganzen Schwarm solcher kleinen G?ste aus dem hellen Hause auf die dunkle Gasse hinaus; anderswo wurde auf dem Hausflur ein altes Weihnachtslied gesungen; es waren klare M?dchenstimmen darunter.
Reinhard h?rte sie nicht, er ging rasch an allem vor��ber, aus einer Stra?e in die andere. Als er an seine Wohnung gekommen, war es fast v?llig dunkel geworden; er stolperte die Treppe hinauf und trat in seine Stube.
Ein s��?er Duft schlug ihm entgegen; das heimelte ihn an, das roch wie zu Haus der Mutter Weihnachtsstube. Mit zitternder Hand z��ndete er sein Licht an; da lag ein m?chtiges Paket auf dem Tisch, und als er es ?ffnete, fielen die wohlbekannten braunen Festkuchen heraus; auf einigen waren die Anfangsbuchstaben seines Namens in Zucker ausgestreut; das konnte niemand anders als Elisabeth getan haben.
Dann kam ein P?ckchen mit feiner gestickter W?sche zum Vorschein, T��cher und Manschetten, zuletzt Briefe von der Mutter und Elisabeth. Reinhard ?ffnete zuerst den letzteren; Elisabeth schrieb:
?Die sch?nen Zuckerbuchstaben k?nnen Dir wohl erz?hlen, wer bei den Kuchen mitgeholfen hat; dieselbe Person hat die Manschetten f��r Dich gestickt. Bei uns wird es nun am Weihnachtsabend sehr still werden; meine Mutter stellt immer schon um halb zehn ihr Spinnrad in die Ecke; es ist gar so einsam diesen Winter, wo Du nicht hier bist.
?Nun ist auch vorigen Sonntag der H?nfling gestorben, den Du mir geschenkt hattest; ich habe sehr geweint, aber ich hab' ihn doch immer gut gewartet.
?Der sang sonst immer nachmittags, wenn die Sonne auf sein Bauer schien; Du wei?t, die Mutter hing so oft ein Tuch ��ber, um ihn zu geschweigen, wenn er so recht aus Kr?ften sang.
?Da ist es nun noch stiller in der Kammer, nur da? Dein alter Freund Erich uns jetzt mitunter besucht. Du sagtest uns einmal, er s?he seinem braunen ��berrock ?hnlich. Daran mu? ich nun immer denken, wenn er zur T��r hereinkommt, und es ist gar zu komisch; sag es aber nicht zur Mutter, sie wird
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