Im Schatten der Titanen | Page 5

Lily Braun
zu gef?hrden? ... Wie gef?hrlich, zwei Menschen zusammenzuspannen, von denen der eine nicht zu befehlen, der andere nicht zu gehorchen versteht."[8] Mag sein, da? diese freim��tige Kritik seiner Vorgesetzten, die eine Kritik seines Bruders in sich schlo?, diesem zu Ohren kam und, ihm selbst vielleicht unbewu?t, dazu beitrug, Jerome mit anderen Augen anzusehen. Die gro?en Tatmenschen haben mit den Monds��chtigen eins gemein: sie vertragen es auf ihrem gef?hrlichen Wege nicht, angerufen, gest?rt oder gar gewarnt zu werden.
Unter dem Admiral Villaret-Joyeuse hatte Jerome Gelegenheit, sich auf St. Domingo und Haiti im Kampfe gegen Toussaint Louverture auszuzeichnen. Das gelbe Fieber, das ihn mit ?u?erster Heftigkeit packte, trieb ihn auf kurze Zeit nach Frankreich zur��ck, von wo aus er dann im Jahre 1802 zur Vollendung seiner seem?nnischen Ausbildung nach den Antillen ging. In Martinique war sein ehemaliger Chef, Villaret-Joyeuse, Gouverneur, ein ehrgeiziger Schmeichler, der sich die Gunst des ersten Konsuls am sichersten durch die Gunst seines jungen Bruders zu gewinnen glaubte. Er ernannte Jerome, den Achtzehnj?hrigen, der kaum ein Jahr des Seedienstes hinter sich hatte, zum Kapit?n des "Epervier".[9] Als selbst?ndiger F��hrer des eigenen Schiffes sollte er nach Frankreich zur��ckfahren. Aber war es aus Leichtsinn, den brennender Ehrgeiz steigerte, aus Unverstand oder aus Irrtum? bei der Begegnung mit einem englischen Kriegsschiff n?tigte er es, die Segel aufzubrassen und Zweck und Ziel der Fahrt anzugeben, was einer Herausforderung fast gleichkam. Das Ungl��ck, das er dadurch heraufbeschwor, war um so gr??er, als es gerade nur eines Z��ndstoffs bedurfte, um die kriegerische Stimmung zwischen England und Frankreich zum Ausbruch kommen zu lassen.[10] Rasch genug sah er ein, was er getan hatte; er meldete dem Gouverneur von St. Pierre den Vorfall, als die Engl?nder bereits beschlossen hatten, ihm den Weg nach Frankreich abzuschneiden und den Bruder Napoleons als willkommene Geisel in Gefangenschaft zu nehmen. Jerome, der von diesem Plan Kenntnis erhielt, blieb, wenn er Frankreich vor schweren politischen Komplikationen, seinen Bruder vor den Folgen seiner eigenen Schuld bewahren wollte, nichts anderes ��brig, als auf neutralem Schiff unerkannt die heimischen Gestade wiederzugewinnen. Er w?hlte mit einem kleinen Gefolge Getreuer den Weg ��ber Amerika, wo er die Gelegenheit zur ��berfahrt am leichtesten zu finden hoffte. Seine Absicht, auch dort unerkannt zu bleiben, erf��llte sich nicht. Die Liebedienerei der franz?sischen Konsuln, die Sucht der Amerikaner, Europ?ern von Rang ihre Huldigungen zu erweisen -- vielleicht ein Zeichen, da? das Sklavenblut in den Adern vieler noch nicht fortgeschwemmt ist -- zerrissen sein Inkognito schon wenige Stunden nach seiner Ankunft. Wie ein Prinz von Gebl��t wurde der Bruder Bonapartes empfangen und umringt. In Washington und in Baltimore, wo er die ?u?ersten Anstrengungen machte, um seine R��ckkehr nach Frankreich zu beschleunigen, wurde er in einer Weise gefeiert, da? seine Anwesenheit den Engl?ndern nicht unbekannt bleiben konnte und sie ihre Vorsichtsma?regeln verdoppelten, um ihn nicht entkommen zu lassen. Es bedurfte jedoch einer gr??eren Macht als der Englands, um den jungen Brausekopf festzuhalten: der Augen Elisabeth Pattersons, die ihm liebegl��hend entgegenleuchteten, ihrer roten Lippen, die sich gl��ckverhei?end ihm darboten. Sie schlugen ihn in Banden, lie?en ihn Vergangenheit und Zukunft vergessen und der seligen Gegenwart junger Leidenschaft leben. Hat der eitle Vater des reizenden M?dchens ihn mit schlauer Absicht gefesselt? Hat sie selbst dem Bruder des gro?en Napoleon Schlingen der Koketterie gelegt? M��?ige Fragen! Ist's nicht genug der Erkl?rung, da? zwei junge sch?ne Menschen in Liebe zueinander entbrennen? Mit dem Feuer seiner 19 Jahre liebte Jerome, mit der Sicherheit des verw?hnten Lieblings der Seinen rechnete er auf deren Zustimmung zu seiner Ehe mit Elisabeth. Er hatte sich verrechnet. Wohl liebte Napoleon seine Br��der und Schwestern, und diesen, den j��ngsten, vor allen; aber in ihrer Mitte hatte nur ein Wille zu gelten: der seine; wohl wollte er sie gl��cklich sehen, aber nur das Gl��ck aus seinen H?nden galt ihm als solches. Die Nachricht, da? Jerome eigenm?chtig, ohne seine Zustimmung abzuwarten, die Ehe mit Mi? Patterson geschlossen habe, traf in dem Augenblick in Paris ein, als Frankreich dem ersten Konsul die kaiserliche W��rde verlieh und seine Br��der und Schwestern zu Prinzen und Prinzessinnen erhob. Sie war der bittere Tropfen in dem Kelch seines Ruhms, und da das franz?sische Gesetz die Rechtsg��ltigkeit der ohne Einwilligung der Eltern geschlossenen Ehe Minorenner nicht anerkannte und L?titia, die stolze Mutter eines Geschlechts von Herrschern, auf der Seite Napoleons stand, erkl?rte Napoleon die Ehe f��r null und nichtig und schlo? Jerome aus der kaiserlichen Familie aus. Jeromes Hoffnungen waren damit noch nicht zerst?rt; der hinrei?ende Liebreiz seines Weibes mu?te, so glaubte er, auch den eisernen Willen eines Napoleon brechen. Im M?rz 1805, anderthalb Jahre nach seiner Heirat, schiffte er sich mit ihr nach Portugal ein. Aber der Arm des Kaisers reichte bis Lissabon; franz?sische Agenten verweigerten der jungen Frau die Landung, nur Jerome erhielt die Erlaubnis, den Weg nach Italien einzuschlagen.
Wie anders fand er Europa, als da er es verlie?. Die drei Jahre seiner
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