Huttens Letzte Tage | Page 4

Conrad Ferdinand Meyer
fort?Das erste seinem Mund entfallne Wort!
Er kam. Ein H��tlein trug er, meiner Treu,?Mit Reiherfedern, funkelnagelneu!
Der Himmel macht' ein mi?vergn��gt Gesicht,?Sich selber fragend: Regn' ich oder nicht?
Jetzt klatschten Tropfen auf das Pflaster schwer,?Die junge Stirne legt' in Falten er
Und lugte sorgend zu den Wolken auf.?"Mein altes H��tlein!" rief er, "K?mmrer, lauf!"
Ich aber sprach zu mir: Das wird nicht gut!?Sein erster Ruf geht nach dem alten Hut.
XVI Das Kindlein in Mainz
O Mainz, du lust'ger Sitz, du traute Stadt,?Die Huttens Feder oft belobet hat!?Der Mainzer Albrecht war mir redlich hold?Und bot mir manchen Trunk in purem Gold.
Er lauschte meinen k��hnen Scherzen gern,?Ich nannt' ihn meinen Freund und meinen Herrn.
Ich spottete vor seinem Ohre dreist,?Er z��rnte nicht, er ist ein freier Geist;
Doch in der Stunde der Versuchung, ach,?Der Geist war willig und das Fleisch war schwach.
Ihm hielt ich Treue, bis er mich verstie?.?Wo lebt der Freund, den Hutten je verlie??
Die Kanzelei von Rom schrieb Brief um Brief,?Bis mich der Albrecht nicht mehr zu sich rief.
Ge?chtet wurde Luther und gebannt...?Ich lebte von der Faust und streift' im Land.
Ein treuer R��de, stahl ich wieder hin?Zum Mainzer mich und still umschlich ich ihn.
Ich blickt' ihm ins Gemach; er sa? beim Mahl,?Landfremden Pfaffen bot er den Pokal.
Gemunkel ging: mit Luther sei's vorbei,?Der eingetan und aufgehoben sei.
Die langen welschen Nasen nickten fein?Und freuten sich an ihren Schelmerein.
Er l?chelte! Mir gab es einen Stich--?Mein Edelfalke, Gott beh��te dich!
Ade, mein Albrecht, mein verlorner Hort!...?Ich schlich betr��bt mich in die Krone fort,
Wo einst bei Becherklang ich manche Nacht?Mit witzigen Gesellen durchgelacht.
Hier setzt' ich mich zu einem Kruge Bier,?Des Wirtes Kind gesellte sich zu mir.
Das M?gdlein, mein' ich, stand im vierten Jahr,?Ich fuhr ihm durch das blonde Ringelhaar:
Sag mir dein Nachtgebetlein, wie du's wei?t!?Das Kind hub an: "Gott Vater, Sohn und Geist,
Dein Name sei gelobt! H��t uns vor drei:?Vor Wassernot und Brand und Kriegsgeschrei!
Den Schiffern gnade Du in Nacht und Sturm!?Sei Bruder Martins Burg und fester Turm!
Umschleicht ihn mit dem Dolch ein M?rder wild,?So deck ihn, Herr, mit Deinem starken Schild!
Und leidet Dein Gerechter Hungersnot,?So schick ihm Du durch Deine Raben Brot!"
Wer lehrte dich, mein Kindlein, dies Gebet??--"Die Mutter hei?t mich's beten fr��h und sp?t."
Nun mein' ich aber, da? kein Leid geschieht?Dem Mann, f��r den in Mainz ein Kindlein kniet.
XVII Die Mainzerspie?e
Sie machten mir ein K?mmerlein bereit,?Doch mied der Schlaf mich drinnen lange Zeit.?Ich h?rte, wie das Pflaster dumpf erklang:?Die Mainzer Scharwach schritt mit schwerem Gang.
Mich heimelt's aus den alten Zeiten an,?Denn oft mit diesem Heer gedieh mir Span,
Wann n?chtlich ich, vom Humpen ��bermocht,?Mit ihnen auf der Gasse klirrend focht.
Versuchte M?nner sind's von Schluck und Hand,?Geworben rings in Hoch--und Niederland.
Ich lauscht' im Finstern heiter und mir schien:?Die Spie?e sangen etwas vor sich hin.
Ein alter Bierba? sang gem��tlich vor?Und zehen B?sse brummten nach im Chor:
"Das reine Wort sie sollen lassen stan?Und daf��r keinen Dank noch L?hnung han.
Gerichtet ist der F��rste dieser Welt,?Uns tut er nichts, wie saur er auch sich stellt--"
Ich, von den Mainzerspie?en auferbaut,?Sang mit in meiner dunkeln Kammer laut:
"Drum f��rchten wir uns wahrlich nicht zu sehr,?Denn unser Gott ist eine starke Wehr."
XVIII Die Geb?rde
's war in der Krone, da? mich einer fand,?Der mich in meinem ersten Flaum gekannt.?Der Ott von Gemmingen. Er dr��ckte sich?Durch das Gelag und r��ckte neben mich.
"He da!" Utz! Lieber Utz! Was ward aus dir??Bist du am Hof von Mainz ein gro?es Tier?
Bist Doctor juris utriusque du??Des Kaisers Schreiber oder Rat dazu?
Nein? Nun, was bist du denn? Des Hofgerichts?"?Ich aber sagte trocken: Ich bin nichts.
Jetzt mustert' er mein ausgedient Gewand,?Die hohlen Wangen auch, die magre Hand.
"Eins bist du: Siech! Das redet dein Gesicht!"?Ich glaubte mich geheilt und bin es nicht.
Da streckt' den Finger er und zog damit?Sich sauber um die Gurgel einen Schnitt.
Du r?tst...? Er nickte. Drob hab' ich gelacht.?Dann hab' ich der Geb?rde nachgedacht.
Unleidlich scheint dem frohen Kind der Welt?Dein Dasein, Hutten--drum verbrauch's als Held!
Wovor des k��hnsten Mannes Busen zagt,?Das sei von dir in freier Lust gewagt!
XIX Mi?verst?ndnis
Der Vater sprach zu mir mit leisem Hohn:?"Verstehst du's, bau mir eine Presse, Sohn!"?(Sie nennen Presse dort im Frankenland,?Was andern Ortes Kelter wird genannt.)
Sprach's und verritt. Ich ohne viel Geschrei?Berief die Meister schwarzer Kunst herbei.
Da ward gesetzt, gedruckt, gepre?t, gedreht,?Viel tausend Bl?tter flogen rings verweht.
Auf einem ward dem Cajetan gedroht:?"Schlagt, fromme Leute, den Legaten tot!"
Hier stand: "Und w��rd' ich dr��ber Lands verjagt,?Ich Hutten breche durch, ich hab's gewagt!"
Und dort: "Die harsche Luft der Freiheit weht,?Ich Hutten sporn' und stachle fr��h und sp?t."
Das war ein hei?er und ein zorn'ger Wein,?Den ich gepre?t am Steckelbergerrain.
XX Jacta est alea
Nachdem ich meinen gro?en Wurf getan,?Da hub der Vater mich zu schelten an:?"Du trittst mit Rom in Fehde? Bist du toll??Mich wundert's, Ulrich, wie das enden soll!
Poet war schlimm und klingt erb?rmlich schon,?Doch Ketzer ist noch weit ein schlimmrer Ton!
Erlebt' ich's nicht! Ein Sohn in Bann und Acht,?Der meinen grauen Haaren Schande macht!
So, Ulrich, mehrst du deines Stammes Glanz??Jetzt gehst du halb zerlumpt, bald bist du's
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